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Franz Adolf Philipp

Geb. am: 29. März 1914
Fakultät: Philosophische Fakultät
Kategorie: Vertriebene Studierende

Franz Adolf PHILIPP, geb. am 29. März 1914 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Sohn von Edmund Philipp (1870–1936, Kaufmann, Textilhändler) und Karolina Philipp, geb. Selinko (1878–1941), wohnte in Wien 19, Peter-Jordan-Straße 64. Er hatte die Reifeprüfung (Matura) 1933 am Bundesgymnasium Wien Döbling abgelegt und begann im Wintersemester 1933/34 an der Universität Wien Kunstgeschichte zu studieren. Er war zuletzt im Sommersemester 1937 an der Philosophischen Fakultät im 8. und letzten Studiensemester inskribiert und befand sich im Dissertationsstadium seines Studiums.

Er hatte 1937 begonnen bei Privatdozent tit. ao. Prof. Ernst Diez (1878–1961) (beurlaubt) eine Dissertation zu "Das manieristische Porträt in Oberitalien" schreiben (betreut vermutlich von Prof. Julius Schlosser (1866–1938) bzw. Privatdozent tit. ao. Prof. Hans Tietze (1880–1954)) und war beim "Anschluss" nicht mehr inskribiert. Als er an der Universität Wien seine Dissertation nicht mehr fortsetzen konnte, inskribierte er ein Gartenbau-Studium an einer Landwirtschaftsschule, wo er aber ebenfalls bald darauf aus rassistischen Gründen gezwungen war, das Studium abzubrechen.
Sein jüngerer Bruder Ernst Rudolf Philipp (1916–1996) studierte ebenfalls an der Philosophischen Fakultät, allerdings Physik und konnte nach längerer Unsicherheit, doch noch sein Studium abschließen und am 31. Oktober 1938 unter zahlreichen symbolischen Diskriminierungen im Rahmen einer "Nichtarierpromotion" promovieren, bei gleichzeitig ausgesprochenem Berufsverbot im gesamten Deutschen Reich und konnte 1939 nach England/Großbritannien emigrieren.
Seine Schwester Helena (1901–1941) und seine Mutter Karolina konnten nicht mehr rechtzeitig emigrieren, und sie wurden beide von ihrer letzten Wohnung in Wien 1., Börsegasse 1/8 am 28. November 1941 nach Minsk [Мінск/Belarus] deportiert und dort ermordet.

Franz Philipp wurde im Zuge des Novemberpogroms von Wien mit seinem Bruder Ernst ins Konzentrationslager Dachau nach Bayern deportiert und dort am 15. November 1938 inhaftiert. Nach der Entlassung konnte Franz Philipp im Juni 1939 fliehen und nach England, Großbritannien, emigrieren. Dort konnte er vorerst sein Studium nicht fortsetzen, sondern arbeitete als Landarbeiter in Yorkshire. Er wurde am26. Juni 1940 schließlich wie die meisten deutschen und österreichischen Immigranten in London als "enemy alien" interniert und zwei Wochen später auf dem Schiff "HMT Dunera" nach Australien deportiert (wie u.a. auch die Medizinstudenten Julius Schwarcz/John Julian Sanders (1912–2008), Max Schwarz (1917–1943)Bernhard Cinader (1919–2001), Waldemar Eckfeld (1915–1959), Peter Tom Huppert (1914–1987), der Physikstudent Rudolf Landauer/Ralph Steven Landers (1918–1982) und 13 weitere vertriebene Wiener Studierende). Dort angekommen wurde er vom November 1940 bis Mai 1941 im Lager für feindliche Ausländer in Hay, NSW, und von May 1941 bis Jänner 1942 im Lager in Tatura, VIC, interniert. In Hay erteilte er Unterricht in Geschichte und Kunstgeschichte für seine Mithäftlinge – ebenso wie der Bauhauskünstler Ludwig Hirschfeld-Mack und der Byzantinist Ernest Kitzinger.

Nach der Freilassung im Februar 1942 kehrte er nicht nach England zurück, sondern blieb in Australien, trat als Soldat in die Australian Military Forces ein und war in Melbourne stationiert. Parallel dazu inskribierte Philipp 1943 an University of Melbourne und studierte bei Professor Max Crawford italienische Renaissance, war Klassenbester und wurde mit dem „Dwight prize“ ausgezeichnet. 1946 konnte er endlich einen akademischen Abschluss (B.A. Hons.) erwerben und wurde anschließend senior tutor bei Max Crawford nachdem er im Februar 1946 auch aus der Armee entlassen worden war und kurz darauf die britische Staatsbürgerschaft erhalten hatte.

1948 heiratete er seine Studienkollegin, die Lehrerin June Margaret Rowley (1926–?), und sie hatten zwei Kinder - Caroline (1951) und Helen (1958). Im selben Jahr publizierte er ein Loblied auf die Wiener Schule der Kunstgeschichte, deren geisteswissenschaftliche Methode über die Historizität eines Jakob Burkhardt und den Formalismus eines Heinrich Wölfflin hinausgegangen sei. Das ihm damals von der Universität Wien angebotene Doktorat lehnte er jedoch ab.
1949 wurde er assistant-lecturer in history and fine arts am Department for Fine Arts, das erst 1948 als erstes selbständiges Institut für Kunstgeschichte in Australien gegründet worden war, 1954 senior lecturer und 1964 reader.
Dazwischen war er 1955/56 senior research fellow am Warburg Institute in London, wo später sein älterer Wiener Studienkollege Ernst Gombrich 1959 Direktor wurde.

Neben seinen Hauptarbeiten zur Kunst der Renaissance beschäftigte sich Philipp jedoch ab 1947 auch zwei Jahrzehnte lang mit Arthur Boyd, den er für den wichtigsten zeitgenössischen Maler Australiens hielt. Er veröffentlichte in den Zeitschriften Meanjin, Australian Historical Studies und im von der deutschen Emigrantin Ursula Hoff redigierten Art Bulletin der National Gallery of Victoria.

1963 wurde er mit dem Carnegie Corporation travelling fellowship für die USA ausgezeichnet und 1969 wurde er zum Mitglied der Australian Academy of the Humanities ernannt.

Während eines Sabbaticals, das er sowohl in Wien als auch in Großbritannien verbrechte, verstarb Dr. Karl Philipp am 30. Mai 1970 in Hampstead, London, England 56jährig an einem Herzinfarkt und ist am Friedhof in Carlton North, Melbourne City, VIC/Australien bestattet.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1933–1937; Australian Dictionary of Biography; Ursula HOFF, In memory of Franz Adolf Philipp, in: Art Bulletin of Victoria, 12, 1970/71, 30; Ulrike WENDLAND, Franz Philipp, in: Biographisches Handbuch deutschsprachiger Kunsthistoriker im Exil. Leben und Werk der unter dem Nationalsozialismus verfolgten und vertriebenen Wissenschaftler, München 1999, 518f.; Sheridan PALMER, Centre of the Periphery: three European art historians in Melbourne, Melbourne 2008; Jaynie ANDERSON, Art history's history in Melbourne: Franz Philipp in correspondence with Arthur Boyd, in: Australian and New Zealand Journal of Art, 1:2, 2000, 111-129, doi: 10.1080/14434318.2000.11432672; Jaynie ANDERSON, Franz Adolf Philipp, in: ADB, vol.15 (Melbourne 2000), 601-602, Monica LAUSCH,·Franz Philipp and the Vienna School of Art History in Australia, in: Melbourne Art Journal, 8, 2005,117; Fritz POLLEROß, Die "Wiener Schule der Kunstgeschichte" auch in Australien: Zum 100. Geburtstag von Franz Philipp (2014); Franz Philipp, in: Ken INGLIS, Bill GAMMAGE, Seumas SPARK, Jay WINTER &  Carol BUNYAN (Hg.), Dunera Lives, vol 2: Profiles, Monash University Publishing 2020, 327–346; freundlicher Hinweis Dr.in Elisabeth Lebensaft, Wien 08/2023.


Herbert Posch


Franz Philipp, 1946, © Visual Cultures Ressource Centre, University of Melbourne
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