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Josef (Joseph F.) Meisels

Geb. am: 01. August 1911
Fakultät: Philosophische Fakultät
Kategorie: Vertriebene Studierende

Josef MEISELS, geb. am 1. August 1911 in Tarnopol, Galizien/Österreich-Ungarn [später Polen, heute: Tarnopil|Тернопіль/Ukraine] (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Sohn von Etka Meisels (Altersrentnerin), wohnte in Wien 2, Schiffamtsgasse 6, war zuletzt im Wintersemester 1937/38 an der Philosophischen Fakultät im 6. Studiensemester inskribiert und belegte Vorlesungen in Geschichte, Germanistik und Anglistik.

Nach dem "Anschluss" im März 1938 versuchte er im Sommersemester 1938 vorerst zumindest noch zwei Monate im Rahmen des 2%-numerus clausus für jüdische Studierende weiterstudieren, wurde aber abgelehnt und wurde aus rassistischen Gründen gezwungen, das Studium abzubrechen und die Universität Wien zu verlassen.

Er musste aus Wien fliehen, heiratete aber noch vor der Ausreise am 22. November 1938 am Standesamt Wien-Leopoldstadt Dr. Magdalena Weingeist (1914–1985), die am 31. Oktober 1938 an der Universität Wien ihr Germanistikstudium im Rahmen einer entwürdigenden "Nichtarierpromotion" immerhin noch abschließen hatte können. Sie floh nach der Heirat zu Verwandten nach Stockholm/Schweden, während Josef Meisels noch rechtzeitig in die USA emigrieren konnte. Er kam mit über Rotterdam/Niederlande mit der SS Volendam am 22. Februar 1940 in New York City, NY, an und suchte am 14. Mai 1940 um die U.S.-Staatsbürgerschaft an, die er fünf Jahre später auch erhielt – als Beruf gab er 1940 an "none (teacher)". Später kam auch seine Frau aus Stockholm zu ihm in die USA nach Lincoln, Nebraska; sie bekamen zwei Töchter – Linda Brion-Meisels (1945) und Ellen Meisels (1948).

Joseph F. Meisels konnte in den USA wieder studieren und verlegte dafür seinen Studienschwerpunkt auf Sozialarbeit. Er studierte in Nebraska, Pittsburgh und Minnesota, promovierte zum "Ph.D." in Social Work. Er lebte mit seiner Familie lange Zeit in Kansas City, MO/USA, wo seine Frau als Lehrerin und Bibliothekarin (reference librarian) und er als Sozialarbeiter und Administrator in der Jewish Federation arbeitete. Gemeinsam engagierten sie sich auch intensiv in den Bereichen Soziale Gerechtigkeit und Civil Rights sowie in der Kunstszene von Kansas City.

1968 zog die Familie nach Boston, MA/USA, wo seine Frau Magdalena an der Boston University Germanistik lehrte und er Sozialarbeit. 1969 wurde er Dekan an der Boston University School of Social Work, was er bis zu seiner Pensionierung 1976 blieb.

Er war Vorstandsmitglied des Board of directors of Boston Children's Services und der National Association of Social Workers und nach ihm wurde der Dean Joseph F. Meisels Prize an der Boston University School of Social Work benannt.

Joseph F. Meisels starb am 1. Mai 2001 in Newton MA/USA und ist am Sharon Memorial Park, Sharon, MA/USA beigesetzt.

An ihn wird an der Universität Wien im "Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938" (2009) erinnert und auch auf dem "Denkmal für die im Nationalsozialismus vertriebenen Geschichte-Studierenden und -Lehrenden der Universität Wien | Wenn Namen leuchten" (2022).


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1937–1938; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 437; POSCH/FUCHS 2022, 127–128; Nachruf im Boston Globe vom 5. Mai 2001; www.ancestry.de.


Herbert Posch


Nationale von Josef Meisels, Wintersemester 1937/38 (Vorderseite), Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Nationale von Josef Meisels, Wintersemester 1937/38 (Rückseite), Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Denkmal für die im Nationalsozialismus vertriebenen Geschichte-Studierenden und -Lehrenden der Universität Wien ("Wenn Namen leuchten", Iris Andraschek, 2022), Foto: Markus Korenjak, © Universität Wien
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