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Jehosua (Josua / Yehoshua) Blau

Geb. am: 22. September 1919
Fakultät: Philosophische Fakultät
Kategorie: Vertriebene Studierende
Jehosua BLAU [Josua / Yehoshua / יהושע בלאו], geb. am 22. September 1919 in Klausenburg/Ungarn [Cluj-Napoca/Rumänien] (heimatberechtigt in Cluj/Rumänien, Staatsbürgerschaft: Rumänien), Sohn von Dr.rer.pol. Pinchas Paul Blau (geb. 1889, Großkaufmann, später Redakteur). Die Familie war 1931 aus Siebenbürgen nach Wien bzw. Baden gezogen, wo sich der Vater, bisher Großkaufmann, als Hobby-Reporter betätigte. Jehosua Blau war 4 Jahre in Rumänien und 2 Jahre in Budapest und von 1931-1937 in Baden in die Schule gegangen. Die Matura bestand er mit Auszeichnung. Nach seinem Schulabschluß zog die ganze Familie nach Wien und wohnte in Wien 3, Obere Weißgerberstraße 8 und Jehosua Blau begann im Herbst 1937 an der Universität Arabisch zu studieren und besuchte parallel dazu das Rabbinerseminar, nachdem er zuvor privaten Talmudunterricht erhalten hatte. Er war zuletzt im Sommersemester 1938 an der Philosophischen Fakultät im 2. Studiensemester inskribiert und belegte Vorlesungen in Geschichte, Psychologie und Orientalistik. Er wurde im Nationalsozialismus nach dem "Anschluss" aus rassistischen Gründen gezwungen, das Studium abzubrechen und die Universität Wien zu verlassen. Jehosua Blau konnte mit seiner Familie im Juni 1938 über Triest legal nach Palästina [Israel] emigrieren, da sie alle rumänische Pässe besaßen und der Vater es geschafft hatte, von den Briten ein Visum bekommen hatte - die Eltern mit einem Kapitalistenzertifikat, Jehosua mit einem Studentenzertifikat. In Tel Aviv gab er 40 Wochenstunden Talmudunterricht, in der Nacht studierte er Arabisch, Hebräisch und Biblische Studien und schloss im Frühjahr 1941 mit dem Master ab und arbeitete von 1942 bis 1955 als Mittelschullehrer in Jerusalem. Nach Jerusalem kam er 1947 bereits mit eigener Familie - er hatte 1945 die Lehrerin Shulamit Haviv geheiratet, mit der er zwei Kinder hatte. In Jerusalem begann er seine akademische Laufbahn im Spezialgebiet Geschichte der jüdisch-arabischen Epoche. Nach Unterbrechung durch den Israelischen Unabhängigkeitskrieg 1948, promovierte er 1950 an der Hebräischen Universität Jerusalem (Dissertation:"The Grammar of Judeo-Arabic"), war 1956/57 Dozent an der Universität Tel Aviv und später wieder an der Hebräischen Universität Jerusalem, wo er 1966 Professor für Arabistik wurde (Emeritierung 1987). In seinen Forschungen betonte er die Wichtigkeit der jüdisch-arabischen Doppelkultur und bei der Erforschung des von Jüdinnen und Juden im islamischen Herrschaftsbereich im Mittelalter verwendeten Arabisch, eine Sonderform des Mittelarabischen, zählte Blau zu den internationalen Experten. Gastprofessuren führten ihn an die Bar-Ilan-Universität in Ramat Gan, die Yeshiva University in New York City, die University of California, Berkeley, die Lorand-Eötvös-Universität in Budapest, nach Harvard und an das Institut für Jüdisch-Christliche Forschung der Universität Luzern. Er verfasste zahlreiche Artikel und Bücher – die Festschrift zu seinem 70. Geburtstag listete 1989 insgesamt 349 Einträge, eine seiner letzten Publikationen erschien 2010. Er war (Ehren-)Mitglied einer Reihe nationaler und internationaler akademischer Vereinigungen, u.a. Mitglied der Israel Academy of Sciences and Humanities (1968) und Corresponding Fellow of the British Academy (1983), Mitglied (1981–1993 Präsident) der Akademie für die hebräische Sprache; Gründungspräsident der Gesellschaft zur Erforschung des Judäo-Arabischen im Mittelalter, Ehrenmitglied der Royal Asiatic Society. Er wurde vielfach geehrt und ausgezeichnet, u.a. mit dem Israel-Preis (1985), mit dem Ehrendoktorat des Institut national des langues et civilisations orientales in Paris (2001), der Ehrenbürgerschaft der Stadt Jerusalem (2002) und dem Franz-Rosenthal-Preis der American Oriental Society. Er starb am 20. Oktober 2020 im Alter von 101 Jahren in Jerusalem, Israel.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1937-1938; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 364; WEINZIERL/KULKA 1992, 81f.; Utz MAASS, Verfolgung und Auswanderung deutschsprachiger Sprachforscher 1933-1945.


Herbert Posch


Nationale von Jehosua Blau, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Jehosua Blau, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Rückseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Jehosua Blau, Sommersemester 1938 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Archiv der Universität Wien

Nationale von Jehosua Blau, Sommersemester 1938 (1. Formular Rückseite), Foto: H. Posch (c) Archiv der Universität Wien

Nationale von Jehosua Blau, Sommersemester 1938 (2. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Archiv der Universität Wien

Nationale von Jehosua Blau, Sommersemester 1938 (2. Formular Rückseite), Foto: H. Posch (c) Archiv der Universität Wien

Joshua Blau
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