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Hilda Braun (Fleischner, Slaughter)

Geb. am: 05. April 1915
Fakultät: Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien
Kategorie: Vertriebene Studierende

Hilda BRAUN (gesch. FLEISCHNER, verh. SLAUGHTER), geb. am 5. April 1915 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Tochter von Hugo Braun (1883-1944, Beamter, Berndorf II, Hauptstraße 50) und Ida Braun, geb. Czuczka (1893-1944), wohnte in Wien 9, Glasergasse 3, war zuletzt im Sommersemester 1938 an der Medizinischen Fakultät im 10. Studiensemester inskribiert.

Sie hatte am 14.12.1937 ihren Studienkollegen Otto Fleischner (Fleming) (1914-2007) im Wiener Stadttempel geheiratet. Sie war zur Zeit des "Anschlusses" kurz davor, sich zu den Abschlußrüfungen ("Rigorosen") anzumelden, und schaffte es als eine von wenigen, im Rahmen des 2% numerus clausus für jüdische Studierende am 30. Mai 1938 noch für das verbleibende Sommersemester zugelassen zu werden. Ihrem Mann, im selben Stadium seines Studiums, gelang dies nicht (sie konnte ihren Vater ins Treffen führen, der im Ersten Weltkrieg an der Front gekämpft hatte). Rund drei Wochen später stellte sie aber den Antrag, von ihrer Zulassung zurückzutreten und diese auf ihren Mann zu übertragen, was Dekan Pernkopf nach Rücksprache mit der NS-Studentenführung am 26. Juni 1938 genehmigte. Ihr Mann konnte somit noch weiter studieren und sie erhielt eine Woche später am 9. Juli 1938 ihr Abgangszeugnis und musste die Universität ohne Studienabschluss verlassen. Aber auch ihrem Mann gelang es nicht mehr, sein Studium in den wenigen so gewonnen Wochen noch abzuschließen.

Hilda Fleischner und ihre Familie mussten aus Wien fliehen und es gelang ihr, mit ihrem Mann noch rechtzeitig das Land zu verlassen und mit einem Visum für Shanghai in das Britische Mandatsgebiet Palästina [Israel] zu emigrieren wo sie beide am 8. Juli 1938 in Haifa ankamen und die nächsten drei Jahre zwar nicht als Mediziner*innen aber als Masseur*innen arbeiten konnten.
Ihre Eltern konnten nicht mehr rechtzeitig Österreich verlassen, wurden noch im September 1938 von Berndorf nach Wien zwangsumgesiedelt, Versuche, 1939 noch nach Shanghai zu entkommen, scheiterten, am 1. Oktober 1942 wurden sie von Wien nach Theresienstadt [Terezín/Tschechien] deportiert, am 28. Oktober 1944 weiter in das Konzentrationslager Auschwitz [Oswiecim/Polen] und dort ermordet, ebenso wie ihre Schwiegereltern.

Otto und Hilda Fleischner lebten und arbeiteten in Tel Aviv und wurden im Mai 1941 Staatsbürger von Palästina Ihr Mann Otto war 1942-46 im Medical Corps der Britischen Armee in Palästina, die letzten beiden Jahre auf einem Lazarettschiff. Sie verliebte sich in einen Offizier der Royal British Army und ließ sich im Herbst 1945 von ihrem ersten Mann scheiden und heiratete @ Slaughter und entgegen erster Pläne, in Palästina zu bleiben, folgte sie ihrem zweiten Mann und reist als Soldatenehefrau ("R.A.F Family") mit dem Schiff M.V. Carnarvon Castle alleine von Port Said/Ägypten über Malta nach Southampton/England, wo sie am 24. Mai 1946 ankam, als Palästinensische Staatsbürgerin mit dem Ziel, sich permanent in England niederzulassen. Als Beruf gab sie weder Mediziner, noch Masseurin an sonder: Houswife.

Über ihr weiteres Leben ist bislang wenig bekannt.

Hilda Slaughter, geb. Braun, gesch. Fleischner, starb im Mai 1984 in Brentwood, Essex, England, United Kingdom.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1933-1938, GZ MED 1250 ex 1937/38, Rektorat GZ 722/II ex 1937/38;  POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 384;  www.geni.com; www.ancestry.de; www.myheritage.at.


Herbert Posch


Hilda Braun, verh. Fleischner um 1941

Nationale von Hilda Braun (verh. Fleischner), Wintersemester 1937/38 (Vorderseite), Foto: H. Posch © Archiv der Universität Wien

Nationale von Hilda Braun (verh. Fleischner), Wintersemester 1937/38 (Rückseite), Foto: H. Posch © Archiv der Universität Wien

Nationale von Hilda Braun (verh. Fleischner), Sommersemester 1938 (Vorderseite), Foto: H. Posch © Archiv der Universität Wien

Nationale von Hilda Braun (verh. Fleischner), Sommersemester 1938 (Vorderseite), Foto: H. Posch © Archiv der Universität Wien

Antrag von Hilde Fleischner (Braun) im Rahmen des 2% numerus clausus für jüdische Studierende zugelassen, 6. Mai 1938, © Archiv der Universität Wien

Dekan Pernkopf informiert Hilda Fleischner (Braun) über die Zulassung im Rahmen des 2%-numerus clausus für jüdische Studierende, 4. Juni 1938, spätere handschriftliche Anmerkung ihres Verzichts zugunsten ihres Ehemannes, © Archiv der Universität Wien

Dekan Pernkopf ersucht NS-Studentenführung um Zustimmung zum Verzicht von Hilda Fleischner auf ihre Studienzulassung im Rahmen des numerus clausus zugunsten ihres Mannes Otto Fleischner, der abgelehnt worden war, 24. Juni 1938, © Archiv der Universität Wien

Dekan Pernkopf informiert Rektorat über Zustimmung zum Verzicht von Hilda Fleischner auf ihre Studienzulassung im Rahmen des numerus clausus zugunsten ihres Mannes Otto Fleischner, 24. Juni 1938, © Archiv der Universität Wien

Liste der im Rahmen des 2% numerus clausus zugelassenen jüdischen Studierenden, Juni 1938, © Archiv der Universität Wien
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