Erwin Deutsch (Deutsch-Kempny)
Geb. am: |
12. April 1917 |
Fakultät: |
Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien |
Kategorie: |
Vertriebene Studierende |
Erwin DEUTSCH (DEUTSCH-KEMPNY), geb. am 12. April 1917 in Klagenfurt/Kärnten (heimatberechtigt in Klagenfurt/Kärnten, Staatsbürgerschaft: Österreich), Sohn von Ing. Julius Deutsch (ÖBB Zentralinspektor, verstorben) und Maria Deutsch (beide Klagenfurt), maturierte 1935 ("Reifeprüfung") in Klagenfurt und nahm im Wintersemester 1935/36 sein Medizinstudium an der Universität Wien auf. Er wohnte anfangs im Studentenheim in Wien 8., Pfeilgasse 4, später in Wien 7, Siebensterngasse 2/I/15. Er war im Sommersemester 1938 an der Medizinischen Fakultät im 6. Studiensemester inskribiert.
Er galt nach der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus ("Anschluss") im März 1938 als "Mischling 1. Grades" und konnte sein Studium nur eingeschränkt und bei jederzeitigem Widerruf vorläufig fortsetzen.
Im Unterscheid zu vielen anderen, gelang es ihm bis zum 1. Trimester 1940 weiter zu studieren. Er konnte am 1. März 1940 auch noch das Studium abschließen und wurde zum "Dr. med. univ." promoviert, wobei er gleichzeitig Berufsverbot erhielt und sein Doktordiplom mit einer "Sperrklausel" versehen wurde, dass er "
zur Ausübung der ärztlichen Praxis im Deutschen Reich nicht berechtigt" war.
Er konnte trotzdem an verschiedenen Spitälern in Deutschland tätig sein und kehrte nach dem Ende des Nationalsozialismus 1946 als Röntgenfacharzt und Internist an die Wiener I. Medizinische Univ.-Klinik zurück und übernahm vorübergehend auch deren Röntgenstation. Es folgten einige Forschungsaufenthalte in den USA und 1952 konnte er sich mit Forschungen zur Erkennung der Hemmkörperhämophilie an der Universität Wien habilitieren und richtete am Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH) ein Hämophiliezentrum ein.
Er war verheiratet mit Alma Deutsch (1922-1989)
Dr. Erwin Deutsch wurde besonders bekannt durch seine Arbeiten über die Blutgerinnung, insbesondere durch die Forschungen zur Erkennung der Hemmkörperhämophilie und er war auch Mitbegründer der Internistischen Intensivmedizin in Österreich.
Am 16. Juni 1964 wurde zum ordentlichen Professor für Interne Medizin berufen, war von 1964 bis 1987 Vorstand der 1. Medizinischen Universitätsklinik in Wien, war in den höchsten medizinischen Fachgremien von Österreich vertreten und organisierte viele Kongresse, u.a. 1973 als Präsident den einzigen Kongress der International Society of Thrombosis and Haemostasis (ISTH)
1966 gründete er die Österreichische Hämophilie Gesellschaft (ÖHG) und war Mitglied zahlreicher wissenschaftlichen Vereinigungen wie der New York Academy of Science, des American College of Physicians, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (1973 w.M.), der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle/Saale (o.M.) und der deutschen Gesellschaft für Intensivmedizin.
Erwin Deutsch erhielt viele hohe Auszeichnungen (u.a. Preis der Stadt Wien für Naturwissenschaften (1968), Goldene Medaille der Stadt Klagenfurt (1974), Ehrendoktor der Justus Liebig Universität in Gießen (1977), Großes Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (1981), Benennung der "Prof. Deutsch Gasse" in Klagenfurt (1995)), verfasste über 400 wissenschaftliche Fachbeiträge und gab zahlreiche Bücher heraus, u.a. Die Hemmkörperhaemophilie (1948), Blutgerinnungsfaktoren (1955), Blutgerinnung und Operation (1973), Laboratoriumsdiagnostik (1990).
Die
Österreichische Gesellschaft für Internistische und Allgemeine Intensivmedizin stiftete einen nach Erwin Deutsch benannten Förderungspreis der jedes Jahr zur Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses auf dem Gebiet der internistischen Intensivmedizin vergebenen wird.
An der
Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien wird seine umfangreiche
Sammlung von etwa 20.000 Separatadrucken verwahrt zu den thematischen Schwerpunkten Hämatologie, Innere Medizin, Niere, Thrombose aus den 1950er bis 1990er Jahren.
Prof. Dr. Dr. h.c. Erwin Deutsch-Kempny starb am 15. Juli 1992 in Wien und ist am Wiener Zentralfriedhof bestattet.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1937-1940; Promotionsprotokoll MED 1929-41 Nr. 5090, MED GZ 1115 ex 1939/40; TRAGL 2007; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 373; REITER-ZATLOUKAL/SAUER 2022; Verstorbenensuche Friedhöfe Wien; austria-forum.org; wien-wiki; Bedeutdende Persönlichkeiten Klagenfurts.
Herbert Posch