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Hermann Franz (Herman Francis) Mark

Geb. am: 03. Mai 1895
Fakultät: Philosophische Fakultät
Kategorie: Vertriebene WissenschafterInnen
Hermann Franz (später Herman Francis) MARK, geb. am 3. Mai 1895 in Wien, gest. am 6. April 1992 in Austin, Texas/USA, war der Sohn von Hermann Karl Mark (Arzt) und dessen Frau Lili geb. Müller. Nach der Reifeprüfung am Gymnasium in Wien 13, begann er 1914 ein Studium der Chemie und Physik an der Universität Wien, das durch vierjährigen Kriegsdienst (1914-1918) unterbrochen wurde. Am 17. Juni 1921 erwarb er an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien den Grad eines Dr. phil. in Chemie (Dissertation: 'Das Pentaphenyläthyl und über eine neue Darstellungsmethode von katalytisch wirksamem Nickel').
Am 19. August 1922 heiratete er Maria Schramek, ihre gemeinsamen Söhne Hans Michael und Peter Herman wurden 1929 und 1931 geboren. Nach seiner Promotion begann Hermann Mark 1922 am Kaiser Wilhelm-Institut für Faserstoffchemie in Berlin-Dahlem zu forschen, wo er die molekulare Struktur verschiedener Faserstoffe mit Hilfe von Röntgenstrahlen untersuchte. Nach zwei Jahren wurde er Abteilungsvorstand am Kaiser Wilhelm-Institut für Faserstoffchemie. 1925/26 wurde er an der Universität Berlin habilitiert und wechselte 1927 als Privatdozent an die Technische Hochschule Karlsruhe, wo er wenig später zum ao. Professor ernannt wurde.
1927 begann er als Leiter einer Abteilung für Polymerchemie im Zentrallabor der Firma I.G. Farben in Ludwigshafen zu arbeiten und publizierte gemeinsam mit seinem Vorgesetzten Kurt H. Meyer einige gemeinsame Schriften über die Struktur von Cellulose (Makromoleküle). Mark gründete dort eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe und untersuchte mit seinem Team Struktur und Synthese von Polymeren und anderen chemischen Substanzen, v.a. mit physikalischen Methoden, die er auch weiterentwickelte. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt lag auf dem Gebiet der Cellulosestruktur. Dabei waren für ihn besonders die technisch nutzbaren Eigenschaften der Polymere von Interesse, doch betrieb er auch Grundlagenforschung, die nicht direkt auf industrielle Anwendung ausgerichtet war. 1929 übernahm Mark dort er die Stelle eines Prokuristen. 1932 verließen sowohl Meyer als auch Mark die I.G. Farben. Aus politischen Gründen kehrte Hermann Mark im Herbst 1932 nach Wien zurück, wo er o. Professor für Chemie und Physikalische Chemie an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien und später auch Vorstand des 1. Chemischen Instituts wurde. Mit finanzieller Unterstützung durch Sponsoren aus der Industrie, die ihm auch viele Studenten schickten, konnte er an der Universität Wien ein großes Institut für interdisziplinäre Forschung und Lehre der Polymerchemie inklusive Lehr- und Ausbildungsprogramm etablieren. Hier arbeitete mit Wissenschaftern zahlreicher Fachgebiete zusammen, u.a. mit Philip Groß und Hans Thirring. Hermann Mark wurde nach dem "Anschluss" wegen seiner Freundschaft zu dem früheren Bundeskanzler Engelbert Dollfuss kurzzeitig inhaftiert, im Nationalsozialismus aus rassistischen Gründen verfolgt und am 22. April 1938 seines Amtes enthoben und von der Universität Wien vertrieben. Viele seiner Mitarbeiter wurden ebenfalls entlassen. Er emigrierte 1938 gemeinsam mit seiner Familie über die Schweiz und Großbritannien zunächst nach Kanada, wo er noch im selben Jahr Forschungsleiter der Canadian International Paper Corporation (CIPCO) in Hawkesbury, Ontario. 1940 emigrierte er weiter in die USA.
Vom Deutschen Reich wurde seine Ausbürgerung im Reichsanzeiger Nr. 221 am 3. Oktober 1944 verlautbart und am 7. November 1944 wurde ihm von der Universität Wien das Doktorat aberkannt - die allerletzte Aberkennung eines akademischen Grades aus rassistischen Gründen an der Universität Wien.
"Im 20. Jahrhundert stellen Ernst David Bergmann, Fritz Haber und Herman Mark Beispiele für jüdische deutsche oder österreichische Chemiker dar, die anwendungsorientierte Wissenschaft zu ihrem Schwerpunkt machten und darüber hinaus aktive Organisatoren der Wissenschaft waren. Im Hinblick auf die Auswirkungen der erzwungenen Emigration in den 1930er Jahren kann angenommen werden, daß Wissenschaftler wie Haber, Mark und E. D. Bergmann das Niveau angewandter chemischer Forschung in Deutschland und Österreich unter einem anderen Regime erheblich angehoben hätten, auch im Falle eines Krieges, wären sie nicht vertrieben worden." (DEICHMANN 2001, 201f) Er war in der Emigration in den USA sehr erfolgreich undgilt mit der Polymerisation die Grundlage der Plastik- und Kunstfasererzeugung, als Pionier der Kunststofftechnologie.
1940 zog Mark nach Brooklyn, wo er Berater der Firma du Pont wurde, verbunden mit einer Stelle als Adjunct Professor am Brooklyn Polytechnic Institute. Als Forschungsleiter des Schellack-Büros hatte er die Aufgabe synthetische Ersatzstoffe für Schellack zu finden.
Am Brooklyn Polytechnic Institute in New York begründete ein Lehrprogramm für Polymerchemie, das bereits im September 1940 begann. Die Forschungen Hermann Marks und seiner Mitarbeiter, die von Industrie und Militär großzügig unterstützt wurden, waren auf kriegswichtige Projekte fokussiert. 1944 wurde er Professor of organic chemistry am Brooklyn Polytechnic Institute, gründete 1946 das 'Journal of Polymer Science' und 1947 das Institute of Polymer Research, das erste graduate program in der Polymerforschung mit multidisziplinärer Ausrichtung, dessen Direktor er auch wurde. "Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß Herman Marks Erfolg bei der Gründung der Polymerchemie als multidisziplinäres akademisches Fach in den USA im Hinblick auf den Einfluß, den ein einziger deutscher oder österreichischer Emigrant ausübte, einzigartig ist, […] Mehrere Faktoren trugen dazu bei. Erstens waren es Marks Erfahrungen in grundlegender und angewandter Polymerwissenschaft, die er aus Deutschland und Österreich mitbrachte, und die in der Chemie generell noch nicht sehr verbreitet waren. Zweitens sorgte ein weitsichtiger Mann, der Dekan Raymond Kirk, dafür, daß Mark die nötige akademische Unterstützung am Brooklyn Polytechnic Institute erhielt. Drittens war Marks Lehrprogramm für die Industrie von großem Interesse, außerdem schuf der Krieg einen Bedarf genau für die Art von Forschung, die Mark betreiben wollte. Daher wurden seine Arbeiten großzügig unterstützt, als er 1940 in die USA kam. Viertens trug Marks Persönlichkeit in entscheidendem Maße zu seinem Einfluß bei." (DEICHMANN 2001, 185) Er stand mit der Universität Wien nach dem Krieg weiter in Kontakt, war etwa im Sommersemester 1955 Gastprofessor für 'Physikalische Chemie der Hochpolymere' und wurde am 20. Juni 1955 im Rahmen einer akademischen Feier im Sitzungssaal des Akademischen Senates zum Ehrenmitglied der Wiener Universität ernannt und mit der Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens der Universität ausgezeichnet. Keine vier Wochen zuvor hatte man ihm am 15. Mai 1955 stillschweigend und kumulativ - mit rund 180 anderen Personen - den Doktorgrad wiederverliehen, ohne ihn davon zu verständigen. 1980 erhielt er auch noch das Ehrendoktorat der Philosophischen Fakultät. Hermann Mark starb 1992 in Austin, Texas/USA. 


Lit.: DEICHMANN 2001, 149f., 181-187, 201f., 253-255, 404-410, 503-510; Biographical Encyclopedia of the World, 3 Bde., New York 1940-1946; CZEIKE Bd. 4 1995; DEGENER 1935; EMÖDI/TEICHL 1937; Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Österreichischen Akademie der WissenschaftenKILLY Bd. 6 1997; RÖDER Bd. 2 1983; TEICHL 1951.


Katharina Kniefacz

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