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Gertrude Kocourek (verh. Hof)

Geb. am: 07. Oktober 1919
Fakultät: Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien
Kategorie: Vertriebene Studierende
Gertrude KOCOUREK (verh. HOF), geb. am 7. Oktober 1919 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Tochter von Franz Kocourek (Privatbeamter), wohnte in Wien 3, Kleistgasse 28/43 und hatte im Sommer 1937 am Realgymnasium in Wien 3 maturiert und anschließend begonnen an der Universität Wien Medizin zu studieren. Sie war im Sommersemester 1938 an der Medizinischen Fakultät im 2. Studiensemester inskribiert. Sie galt als "Mischling 2. Grades" und konnte ihr Studium – bei jederzeitigem Widerruf – vorläufig fortsetzen. "Mischlinge" mussten zur weiteren Zulassung zum Studium ab dem 1. Trimester 1940 ein entsprechendes Gesuch an das Reichserziehungsministerium Berlin stellen. Dazu mußte der zuständige Dekan auch ein Gutachten über die Persönlichkeit und das Aussehen der Studentin zu erstellen hatte mit speziellen hinweisen "inwieweit Merkmale der jüdischen Rasse beim Gesuchsteller äußerlich erkennbar sind." (Erlass des Reicherziehungsministeriums, 5. Jänner 1940). Dekan Prof. Eduard Pernkopf stellte in diesem Gutachten vom 26. Oktober 1940 zu Gertrude Kocourek lapidar fest: „Mischling 2. Grades, ist am Dekanate erschienen. Sie macht einen guten Eindruck und ihrem Aeusseren ist nichts Jüdisches zu entnehmen". Sie wurde daraufhin vom Reichserziehungsministerium Berlin am 27. November 1940 zur weiteren Inskription zugelassen (WF 5034/40). Sie wurde auch noch zum 2. und zum dritten Rigorosum zugelassen (nach der alten österreichischen Rigorosen-Studienordnung mit 3 Rigorosen, ohne schriftliche Dissertation).
Am 16. September 1942 stellte sie das Ansuchen um Zulassung zur Promotion und Zulassung zum Arztberuf ("Bestallung"). Ein Monat später entschied das Reichserziehungsministerium am 16. Oktober 1942 (WF 2963) der Zulassung zur Promotion prinzipiell zuzustimmen, ihr aber kein Doktordiplom auszuhändigen, sondern "erst, wenn sie die Bestallung als Arzt für das Gebiet des Deutschen Reiches erhalten hat. Bis dahin ermächtige ich die Fakultät, der Antragstellerin auf Wunsch eine Bescheinigung des Inhalts auszustellen, dass sie, abgesehen von dem Nachweis der deutschblütigen Abstammung, alle Voraussetzungen für die Verleihung des Doktorgrades erfüllt hat. Dabei ist zum Ausdruck zu bringen, dass diese Bescheinigung nicht als Doktordiplom gilt."
Sie konnte ihr Studium dann am 16. Juni 1943 doch noch während des Nationalsozialismus abschließen und im Promotionsprotokoll wurde keine Einschränkung vermerkt - ob sie allerdings auch die Berufsberechtigung erhielt lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Sie konnte nach dem Ende des Nationalsozialismus ihre Krankenhausausbildung in Mödling absolvieren und auch ihre internistische Fachausbildung 1949 als Fachärztin für Interne Medizin abschließen. Später heiratete sie und nahm den Ehenamen "Hof" an und arbeitete als Internist in Mödling in eigener Praxis. Dr. Gertrude Hof, geb. Kocourek, starb am 19. November 1977 bei einem Flugzeugabsturz in Madeira.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1937-1939; MED Promotionsprotokoll M 33.14, 604, MED GZ 1115 ex 1939/40, MED GZ 10 ex 1941, Rektorat GZ 944 ex 1939/40/41, Rektorat GZ 97/I ex 1942/43; ÖStA/AdR/02-Unterricht/Kurator d. wiss. Hochsch. Wien (K. 13)/GZ 5201 ex 1940-1943; Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA)/Ärztekammer Wien, K2/1 - Kartei: Ärztinnen und Ärzte; freundlicher Hinweis von Dr.in Barbara Sauer, Wien 07/2019; NÖ Ärztechronik 1990, 473; NÖN 2017; REITER-ZATLOUKAL/SAUER 2022.


Herbert Posch


Gertrude Kocourek, MED Promotionsprotokoll 1943, Nr. 604 © Archiv der Universität Wien M 33.14

Kocourek Gertrude, Nationale Medizinische Fakultät, Wintersemester 1937/38, 1. Formular, Vorderseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Kocourek Gertrude, Nationale Medizinische Fakultät, Wintersemester 1937/38, 1. Formular, Rückseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Kocourek Gertrude, Nationale Medizinische Fakultät, Sommersemester 1938, 1. Formular, Vorderseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Kocourek Gertrude, Nationale Medizinische Fakultät, Sommersemester 1938, 1. Formular, Rückseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Kocourek Gertrude, Nationale Medizinische Fakultät, Wintersemester 1938/39, 1. Formular, Vorderseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Kocourek Gertrude, Nationale Medizinische Fakultät, Wintersemester 1938/39, 1. Formular, Rückseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Gertrude Kocourek, bedingte Zulassung zur Promotion ohne Berufsberechtigung, 1942, © Archiv der Universität Wien
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