Geb. am: | 28. Juni 1900 |
Fakultät: | Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien |
Kategorie: | Vertriebene Studierende |
Regine KAPELLER-ADLER, geb. am 28. Juni 1900 in Stanislau, Galizien/Österreich-Ungarn [später: Stanisławów/Polen, heute: Iwano-Frankiwsk|Івано-Франківськ/Ukraine] (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Tochter von Moritz Kapeller (Privatbeamter der Canadian Pacific and Royal Mail Lines), wohnte in Wien 2., Heinestraße 34, war zuletzt im Sommersemester 1938 an der Medizinischen Fakultät im 8. Studiensemester inskribiert.
Sie hatte das Gymnasium in Brody, Lemberg und schließlich das Reformrealgymnasiums in Wien II. besucht, wo sie am 3. Juli 1918 auch maturierte und studierte anschließend von 1918 bis 1923 an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien Chemie und promovierte am 9. Juni 1923 zum "Dr.phil.".
Sie wurde 1924 Demonstratorin am Institut für medizinische Chemie der Universität Wien ab 1926 außerordentliche bzw. später ordentliche Assistentin bis 1934. Sie hatte 1928 Dr.med. Ernst Adler (1899–1970) geheiratet. Von einer geplanten Habilitation wurde ihr als Frau und Jüdin abgeraten vom Institutsleiter Prof. Otto Fürth, da dies trotz ausgezeichneter wissenschaftlicher Arbeit abgelehnt würde. Sie arbeitete nach Ablauf ihrer Stelle jedoch unbezahlt weiterhin wissenschaftlich. Aufsehenerregend, auch international, war 1933 ihre Entwicklung eines chemischen Harntests zum frühzeitigen Schwangerschaftsnachweis, basierend auf ihrer Entdeckung von Histidin-Ausscheidung in der frühen Schwangerschaft.
Ohne Anstellung aber mit reger medizinisch-analytischer Forschung begann sie nach der Geburt ihrer Tochter Liselotte 1934 ein Medizinstudium an der Universität Wien, wo sie das erste und zweite Rigorosum mit ausgezeichnetem Erfolg ablegte. Neben dem Studium war sie 1935–1936 am Biochemischen Labor der Krankenkasse halbtags angestellt und leitete ab 1936/37 das Laboratorium für klinische und medizinisch-chemische Diagnostik des Sanatoriums Hera in Wien.
Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich verloren Regine Kapeller-Adler 1938 wie auch ihr Mann Ernst Adler aus rassistischen Gründen ihre Arbeit und sie konnte auch ihr Medizinstudium nicht mehr beenden und musste die Universität Wien verlassen.
Durch ihre international bekannte Forschungstätigkeit – u.a. durch den Kapeller-Adler Schwangerschaftstest – wurde sie auf die Liste der "Society for the Protection of Science and Learning" (SPSL) gesetzt und konnte Österreich verlassen und mit ihrer Familie im Jänner 1939 nach Großbritannien emigrieren. Sie konnte bis 1940 am Institute of Animal Genetics der Edinburgh University, damals das einzige Pregnancy Diagnosis Laboratory in Großbritannien, arbeiten und auch ihr Mann Ernst konnte nach kurzer Internierung als "enemy alien" und Bestehen zahlreicher medizinischer Prüfungen und administrativer Schwierigkeiten ab 1942 in Großbritannien als Arzt arbeiten und eröffnete 1943 seine Praxis in Edinburgh.
Im Juli 1941 war Regine Kapeller-Adler für ihre Forschungsstudien die Auszeichnung "Doctor of Science" von der Universität Edinburgh verliehen worden und sie arbeitete 1940–1944 am Biochemical Laboratory der Royal Infirmary, Edinburgh und ab September 1944 am Dept. of Pharmacology der Universität Edinburgh. Sie erhielt zahlreiche "research grants" und "fellowships". 1951-1964 war sie "Lecturer" am Dept. of Clinical Chemistry der Edinburgh University und wechselte dann bis 1968 an das dortige Dept. of Obstetrics and Gynaecology. Von ihren zahlreichen Publikationen wurde besonders das 1970 erschienene "Amine Oxidases and Methods for their Study" als Standardwerk rezipiert.
Sie pflegte zahlreiche internationale Kontakte, u.a. auch mit früheren Fakultätsmitgliedern der Universitäten Wien und Graz, die ebenso wie sie nach 1938 emigrieren mussten wie Prof. Otto Loewi, Prof. Alfred Fröhlich, Prof. Ernst P. Pick und Doz. Richard Wagner.
Im Juni 1973 wurde ihr von der Universität Wien das Goldene Ehrendiplom verliehen. Die Laudation hielt Prof. Hans Tuppy.
Regina Kapeller-Adler starb am 31. Juli 1991 in Edinburgh, Schottland.
Lit.: POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 412; Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1937-1938; freundlicher Hinweis ihrer Tochter Liselotte Kastner, 2015, 2017; ADLER-KASTNER 1998; ADLER-KASTNER/STUPNICK 2016, 1563-1568.
Herbert Posch