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Helmuth Jörg

Geb. am: 23. November 1913
Fakultät: Philosophische Fakultät
Kategorie: Vertriebene Studierende

Helmuth JÖRG, geb. am 23. November 1913 in Wien/Österreich-Ungarn (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Sohn eines Tierarztes, wohnte in Klosterneuburg bei Wien, Kachingerstraße 28, studierte Geschichte und Romanistik an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien.

Während seines Studiums wurde Jörg Bundesführer des Katholisch-Deutschen-Studentenbundes (KDSB). In dieser Funktion begann er im Frühsommer 1936 gemeinsam mit Leopold Guggenberger und Otto Molden mit den Vorbereitungen zur Gründung des Jugendbundes Graues Freikorps, dessen Bundesführung Helmuth Jörg übernahm. Dieses war ideologisch in der bündischen Jugendbewegung verankert und stark antinationalsozialistisch sowie antikommunistisch ausgerichtet. Jörg, Guggenberger und Molden bauten das Freikorps zunächst in Wien und dann als gesamtösterreichische Organisation auf, meldeten es als Verein an und warben rasch neue Mitglieder v.a. Studierende (u.a. seinen Studienkollegen Klemens Klemperer-Klemenau) und Gymnasiasten. Das wachsende Freikorps war Teil des Österreichischen Jungvolks, der Jugendorganisation der austrofaschistischen Vaterländischen Front, und setzte sich aktiv gegen den Nationalsozialismus und deren Jugendorganisation, die rasch wachsende illegale HJ/Hitler Jugend ein.

Helmuth Jörg war zuletzt im Wintersemester 1937/38 an der Philosophischen Fakultät im 13. Studiensemester inskribiert und belegte Vorlesungen in Geschichte (Absolutorium ausgestellt am 3. März 1938).

Einige Wochen vor dem "Anschluss" 1938 beschlossen Helmuth Jörg und Otto Molden für den Fall eines deutschen Einmarsches, dass die Führer des Freikorps eine Widerstandsgruppe bilden sollten, unter 16-jährige Freikorps-Mitglieder dieser aber nicht angehören sollten. Anfang März 1938 beteiligte sich das Freikorps an zahlreichen Aufmärschen, Flugzettelaktionen u.a. Veranstaltungen für ein austrofaschistisches Österreich und gegen einen "Anschluss" an das nationalsozialistische Deutschland.

Helmuth Jörg konnte sein Studium nicht mehr abschließen. Als Bundesführer des Freikorps wurde er am 23. April 1938 von der Gestapo verhaftet, am 17. Juni 1938 von Wien in das Konzentrationslager Dachau deportiert, und im September 1939 in das KZ Flossenbürg.

Einige Wochen nach seinem Rücktransport in das KZ Dachau wurde er am 22. April 1940, nach zweijähriger Haft entlassen,  musste zur "Frontbewährung" zur Deutschen Wehrmacht einrücken und fiel am 22. Juli 1943 bei Orel [Orjol/Орёл] in Russland.

An ihn wird an der Universität Wien im "Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938" erinnert und auch auf dem "Denkmal für die im Nationalsozialismus vertriebenen Geschichte-Studierenden und -Lehrenden der Universität Wien | Wenn Namen leuchten" (2022).


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1937–1938; austria-forum; Otto MOLDEN, Der andere Zauberberg. Das Phänomen Alpbach. Persönlichkeiten und Probleme Europas im Spiegelbild geistiger Auseinandersetzung, Wien/München/Zürich/New York 1981, 52; DÖW Bd. 2 1992, 54–56, 108f, 418; Otto MOLDEN, Odyssee meines Lebens und die Gründung Europas in Alpbach, Wien/München 2001, 56–64; Klemens von KLEMPERER, Voyage Through the Twentieth Century. A historian's recollections and reflections, New York/Oxford 2009; POSCH/FUCHS 2022, 112–113; Nachloss Otto Molden in der Wienbibliothek im Rathaus; freundlicher Hinweis von Dr.in Maria Wirth, Wien, 2014.


Katharina Kniefacz und Herbert Posch


Nationale von Helmuth Jörg, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Vorderseite), Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Nationale von Helmuth Jörg, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Rückseite), Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Nationale von Helmuth Jörg, Wintersemester 1937/38 (2. Formular Vorderseite), Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Nationale von Helmuth Jörg, Wintersemester 1937/38 (2. Formular Rückseite), Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Soldatengrab von Helmuth Jörg in Russland, 1943 (c) Klemens von KLEMPERER, Voyage Through the Twentieth Century. A historian's recollections and reflections, New York/Oxford 2009.

Denkmal für die im Nationalsozialismus vertriebenen Geschichte-Studierenden und -Lehrenden der Universität Wien ("Wenn Namen leuchten", Iris Andraschek, 2022), Foto: Markus Korenjak, © Universität Wien
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