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Klemens Klemperer-Klemenau

Geb. am: 02. November 1916
Fakultät: Juridische Fakultät
Kategorie: Vertriebene Studierende
Klemens KLEMPERER-KLEMENAU, geb. am 2. November 1916 in Berlin/Deutsches Reich (heimatberechtigt in Kasten/Niederösterreich, Staatsbürgerschaft: Österreich), war der Sohn von Dr. Ing. Herbert Klemperer-Klemenau (Fabriksdirektor) und dessen Frau Frieda geb. Kuffner.
Nach dem Abitur am Französischen Gymnasium in Berlin 1934 ging er an das Balliol College in Oxford/Großbritannien, und wechselte aber bereits 1935 an die Universität Wien, wo er Rechtsgeschichte bei Heinrich Mitteis studierte. Seit seinen Studienjahren in Wien war er eng mit den Brüdern Otto und Fritz Molden sowie mit dem Studienkollegen Helmuth Jörg befreundet, mit denen er sich gemeinsam auch politisch engagierte. Er wohnte in Wien 19, Vegagasse 1, war zuletzt im Sommersemester 1938 an der Juridischen Fakultät im 8. Studiensemester inskribiert (im Sommersemester 1938 im Rahmen des Numerus clausus für jüdische Studierende noch zum Weiterstudium bis zum Semesterende zugelassen).

Nach dem "Anschluss" im März 1938 engagierte sich Klemens Klemperer im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Auf Betreiben des Vaters emigrierte er im November 1938 nach New York/USA, wo ihn seine bereits zuvor geflüchteten Brüder Franz und Fred empfingen. Er fand eine erste Anstellung im Job in Rare Book Department der Columbia University Library, im King’s College, arbeitete im Sommer 1939 als Tutor und konnte anschließend im Rahmen eines Programms der Roosevelt-Regierung für exilierte Wissenschaftler aus Europa an der Harvard University Geschichte studieren: "Having been so generously received by Harvard on my arrival in America had freed me from the turbulent ideological struggle that had swept us students along in Germany and Austria. Ideologies tend to engulf one and are accordingly very tempting. In a world of so much incongruity and fragmentation, the grand and cohesive scheme proposed by an ideology such as National Socialism offered great attractions. Although it was not hard for me and my friends to expose it in all its deceptiveness and iniquity, the very effort of battling it was absorbing and channeled much of our energies into politics. Student life at the University of Vienna had less to do with a quest for knowledge and understanding than with declaring one's political loyalities and affiliations. In America, I could leave that climate safely behind me." [KLEMPERER 2009, 67] Von 1942 bis 1946 diente er im Nachrichtendienst der US Army.
1949 promovierte er mit dem akademischen Titel eines Ph.D. in Harvard und wurde im gleichen Jahr Dozent für Geschichte am Smith College in Northampton, Mass., USA, wo er 37 Jahre lang lehrte und auch seine spätere Frau Elizabeth geb. Gallaher kennenlernte (später Professorin für Literatur am Smith College): "In Northampton I came to appreciate fully the merits of the American liberal arts college system. The University of Vienna, where I started my advanced studies before emigrating to the United Stated, was a huge impersonal factory of learning. At Harvard, the large size of the university was more or less mitigated by the residential houses that had been created in the 1930s at the initiative of President Lowell. At Smith, the college was the whole institution, not one of several faculties. Its excellent faculty was a stimulating group, eager to exchange ideas and indifferent to academic rank. It included a number of European scholars, among them several refugees from Nazi Germany. These gave the college a distinctly cosmopolitan tone. What was not European, however, was the faculty's easy accessibility to students." [KLEMPERER 2009, 80f.]

Er publizierte zu vielen Bereichen der Geschichte des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus, so über Adam von Trott zu Solz, über christliche Vorstellungen im Widerstand und über den Hitler-Attentäter Georg Elser, aber auch über die Biografie von Ignaz Seipel (1972 in englischer, 1973 in deutscher Sprache). Besondere Aufmerksamkeit fand in Deutschland seine Monografie: Die verlassenen Verschwörer. Der deutsche Widerstand auf der Suche nach Verbündeten 1938-1945, Berlin 1994. Klemperer hatte war als Gastwissenschafter in Oxford, am Wissenschaftskolleg zu Berlin u.a. tätig.
1997 verlieh ihm die Republik Österreich das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse. 1998 hielt Klemperer in der Westminster Abbey die Gedenkansprache für den Theologen Dietrich Bonhoeffer anlässlich der Enthüllung der Statuen von zehn Märtyrern des 20. Jahrhunderts.
Von 2000 bis 2005 gehörte er dem Vorstand der Volkswagenstiftung und von 2000 bis zu seinem Tod dem Beirat der "Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944" an.
2009 veröffentlichte er 93-jährig seine Memoiren unter dem Titel "Voyage Through the 20th Century".

Klemens Klemperer-Klemenau starb am 23. Dezember 2012 in Easthampton, Massachusetts/USA. Er hinterließ seine Witwe Elizabeth Klemperer, seinen Sohn James Klemperer, seine Tochter, Catharine, verh. Utzschneider, und vier Enkelkinder. 
Lit.: freundlicher Hinweis von Anthony Swing, Großbritannien, 2009; Dennis HEVESI, Klemens von Klemperer Dies at 96; Wrote of Nazi Era, in: The New York Times, 7. Jänner 2013; Klemens von KLEMPERER, Voyage Through the Twentieth Century. A historian's recollections and reflections, New York/Oxford 2009; Klemens von KLEMPERER, Deutscher Widerstand gegen Hitler - Gedanken eines Historikers und Zeitzeugen, Vortrag 2001 (pdf); KNIEFACZ/POSCH 2017a; Gerald STOURZH, Klemens von Klemperer: Er war der Jugendfreund von Fepolinski und Waschlapski, in: Die Presse, 25. Jänner 2013; Nachruf der Forschungsgemeinschaft 20. Juli; Nachruf von Ekkehard KLAUSA 2013 (pdf)
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Katharina Kniefacz


Nationale von Klemens Klemperer - Klemenau, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Klemens Klemperer - Klemenau, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Rückseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Klemens Klemperer - Klemenau, Sommersemester 1938 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Klemens Klemperer - Klemenau, Sommersemester 1938 (1. Formular Rückseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Klemens von Klemperer als Offizier der US-Army, 1940er Jahre (c) The New York Times

Klemens von Klemperer, 2012 (c) Elizabeth Leigh
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