Geb. am: | 27. März 1917 |
Fakultät: | Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien |
Kategorie: | Vertriebene Studierende |
Herbert Otto BANDLER, geb. am 27. März 1917 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Sohn von Carl Bandler (Kaufmann, Privater), wohnte in Wien 2, Kleine Stadtgutgasse 6-8/10. Nach der Reifeprüfung (Matura) an der Bundesrealschule in Wien 2 begann er im Wintersemester 1935/36 sein Studium an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien.
Er galt im Nationalsozialismus als "Mischling 1. Grades" und konnte sein Studium nach dem "Anschluss" - bei jederzeitigem Widerruf - vorläufig noch fortsetzen und war im Sommersemester 1938 an der Medizinischen Fakultät im 6. Studiensemester inskribiert. Anfang 1940 musste Bandler zum Dienst in der Deutschen Wehrmacht einrücken und wurde als Sanitätsgefreiter einer mobilen Sanitätskompanie unter Oberstabsarzt Dr. Hofmiller zugeteilt.
Als "Mischlinge" ab dem 1. Trimester 1940 ein Gesuch an das Reichserziehungsministerium Berlin um Studienzulassung stellen mussten, reichte Herbert Otto Bandler ein Ansuchen zur Fortsetzung seines Studiums ein. Gemäß Vorschrift legte der Dekan der zuständigen Medizinischen Fakultät, Eduard Pernkopf, dem Antrag ein mit September 1940 datiertes Gutachten, das "insbesondere auf den persönlichen Eindruck über die Persönlichkeit und das Aussehen des Gesuchstellers einzugehen [hatte]. Dabei ist zu erwähnen, ob und inwieweit Merkmale der jüdischen Rasse beim Gesuchsteller äußerlich erkennbar sind." [Erlass des Reicherziehungsministeriums, 5. Jänner 1940]. Er stellte fest: "Herbert Otto Bandler ist Mischling I. Grades. Dem Aeusseren ist wenig Jüdisches zu entnehmen. Ansonsten macht er einen guten Eindruck."
Nachdem das Gesuch mehrere Monate unentschieden geblieben war, urgierte das Dekanat der Medizinischen Fakultät im März 1941 beim Ministerium, "da der Gesuchsteller wöchentlich einmal im Dekanat erscheint, um nach dem Bescheid nachzufragen". Dennoch teilte das Reicherziehungsministerium erst am 30. Juni 1941 die Entscheidung mit. Das Reichserziehungsministerium entschied nach Absprache mit dem Reichsinnenministerium, Bandler "ausnahmsweise" noch zur ärztlichen Prüfung nach alter österreichischer Studienordnung zuzulassen , da er die Vorprüfung (1. Rigorosum) bereits im April 1939 bestanden hatte. Dabei war er jedoch ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass er als "Mischlinge 1. Grades" keine Chance hatte, die Bestallung (Berufszulassung) als Arzt im Deutschen Reich zu erhalten.
Nach bestandenem 2. und 3. Rigorosum wäre Herbert Otto Bandler am 2. Dezember 1941 nach alter Studienordnung berechtigt gewesen zu promovieren. Noch im Dezember 1941 übermittelte die Universität Wien sein Ansuchen um Zulassung zur Promotion zum Dr. der gesamten Heilkunde. Auf Vorschlag des Dekans der medizinischen Fakultät entschied der Rektor der Universität Wien, Bandler "bedingt" zur Promotion zuzulassen (ohne Ausfolgung des Doktordiploms), bis sein Antrag an das REM entschieden sei. Als "Frontkämpfer" habe er eine "günstige Erledigung" zu erwarten.
Das REM fällte erst am 19. September 1942 eine grundsätzliche Entscheidung: Ohne Nachweis der Bestallung als Arzt (die "Mischlingen 1. Grades" aus rassistischen Gründen grundsätzlich nicht erteilt wurde) durfte das Doktordiplom nicht ausgehändigt werden.
"Um den Genannten jedoch die Erlangung einer geeigneten Anstellung in der Industrie zu erleichtern, ermächtige ich die Fakultät, eine Bescheinigung des Inhalts auszustellen, daß sie, abgesehen von dem Nachweis der deutschblütigen Abstammung, alle Voraussetzungen für die Verleihung des Doktorgrades erfüllt haben. Auf der Bescheinigung ist ausdrücklich zu vermerken, daß sie nicht als Doktordiplom gilt."
Erst nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde er in der ersten Nachkriegspromotion am 8. Juni 1945 - rückwirkend per 2. Dezember 1941 - nach der alten und nun wieder eingeführten österreichischen Studienordnung zum Dr.med. univ." der Universität Wien promoviert.
Er lebte und arbeitete als wissenschaftlicher Industrie-Mitarbeiter (nicht als Arzt) in Wien und starb am 16. März 1977 in Wien. Er ist am Zentralfriedhof in Wien bestattet.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1935-1940, MED Promotionsprotokoll M 33.14 (1942-1949), Nr. 1220; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 357; Verstorbenensuche Friedhöfe Wien; freundlicher Hinweis Dr.in Barbara Sauer, Wien 04/2024.
Katharina Kniefacz