Geb. am: | 07. Februar 1903 |
Fakultät: | Philosophische Fakultät |
Kategorie: | Doktorgradaberkennung |
Georg (Jirka/Jiří) HITSCHMANN, geb. am 7. Februar 1903 in Nachod/Böhmen [Náchod/Tschechische Republik] (heimatberechtigt in Náchod, Staatsbürgerschaft 1938: tschechoslowakisch), war der Sohn von Leopold Hitschmann (1872-1931, Fabrikant in Náchod) und dessen Ehefrau Elsa geb. Klein (1883-1943, KZ Auschwitz). Er besuchte ab 1913 das böhmischen Realgymnasium (Jiráskovo gymnázium) in Náchod, wo er am 25. Juni 1921 auch die Reifeprüfung ("Matura") ablegte. Anschließend inskribierte er im Wintersemester 1921/22 an der Hochschule für Welthandel in Wien. Im darauffolgenden Sommersemester 1922 begann er aber ein Chemiestudium an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien. Hitschmann wohnte in Wien 9, Seegasse 4/8, war zuletzt im Sommersemester 1927 im 11. Studiensemester inskribiert und arbeitete an seiner Dissertation am chemisch-technologischen Laboratorium der Universität Wien unter Anregung und wissenschaftlicher Leitung von Prof. Jacques Pollak.
Er hatte sich am 2. Dezember 1927 zu den Abschlussprüfungen ("Rigorosen") in Chemie angemeldet und legte seine Dissertation: "Über Toluolsulfochloride" (Gutachter: Prof. Pollak, Prof. Wegscheider) vor, die am 3. Dezember 1927 approbiert worden war. Am 19. Dezember 1927 bestand er das zweistündige Rigorosum (Prüfer: Pollak, Wegscheider, Schweidler) knapp und rund ein halbes Jahr später absolvierte er auch das "einstündige Rigorosum" bzw. "Philosophicum" am 11. Juni 1928 (Prüfer: Prof. Schlick, Prof. Reininger) und konnte am 15. Juni 1928 zum "Dr. phil." in Chemie promovieren. Zwischen März und November 1928 wohnte er in Wien 9, Porzellangasse 43, und meldete sich anschließend wieder nach Nachod ab.
Er musste 1939 aus rassistischen Gründen vor den Nationalsozialisten aus der Tschechoslowakei flüchten und erst nach monatelangen Vorbereitungen gelang es ihm, eine Schiffspassage auf der SS Quanza zu erhalten, einem portugiesischen Passagierschiff, das über 300, meist jüdische Flüchtlinge von Lissabon/Portugal nach New York/USA und weiter nach Veracruz/Mexiko brachte. Bei der Ankunft in Veracruz wurde Georg Hitschmann anfangs die Einreise verweigert und erst mit Hilfe eines Anwalts konnte er von Bord gehen. Später teilte er sich in Mexico City eine Wohnung mit dem Kardiologen Dr. Josef Brumlik, einem tschechischen Freund, der mit dem selben Schiff emigriert war. Bei einer Reise nach New York City/USA Anfang 1941 traf Jirka Hitschmann Margarethe/Marguerite Stein wieder, eine in die USA emigrierte Wienerin die er bereits aus seiner Studienzeit kannte. Sie reisten gemeinsam nach Mexico City zurück wo sie am 17. Februar 1941 heirateten und auch bald eine Tochter, Lydia, bekamen.
Seiner Mutter Elsa (1883–1943) und seiner Schwester Mathilde Hitschmann (1909–1944) geölang die Flucht nicht mehr rehctzeitig, sie wurden in das deutsche Konzentrationslager Auschwitz [Oświęcim] nach Polen deportiert, wo die Mutter 1943 und die Schwester am 4. Oktober 1944 ermordet wurden. Nur sein Bruder Otto Hitschmann (1918–2001) überlebte.
Nachdem Georg Hitschmann am 24. Juli 1941 aus rassistischen Gründen der Verlust seiner Staatsangehörigkeit zum Protektorat Böhmen und Mähren vom Dritten Reich verlautbart und sein Vermögen zugunsten des Dritten Reiches eingezogen wurde, wurde ihm von der Universität Wien am 22. Juli 1943 auch sein Doktorgrad aus rassistischen Gründen aberkannt, da er im Nationalsozialismus "als Jude als eines akademischen Grades einer deutschen Hochschule unwürdig" galt. (Erst 12 Jahre nach der Aberkennung und lange nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde ihm der Doktorgrad am 15. Mai 1955 wieder zuerkannt, bzw. die Aberkennung für "von Anfang an nichtig" erklärt - allerdings ohne ihn davon zu verständigen).
Georg Hitschmann lebte und arbeitete mit seiner Familien bis ans Lebensende weiter in Mexiko.
Dr. Georg Hitschmann starb vermutlich am 18. Oktober 1991 in Mexiko Stadt.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1922–1927, Promotionsprotokoll PHIL 1922–1931 Nr. 1584, Rigorosenakt und -protokoll PHILNr. 9814, Rektorat GZ 118/84 ex 1941/42, GZ 561 ex 1944/45 ONr. 15; Wiener Stadt- und Landesarchiv/Historisches Meldearchiv; POSCH 2009, 426; Deutscher Reichsanzeiger Nr. 268 vom 15.11.1941; http://www.wikitree.com/wiki/Hitschmann-5; https://www.wikitree.com/wiki/Stein-1913; www.geni.com; www.ancestry.de; freundlicher Hinweis von Sasha Meyer, Niederlande, 2013.
Katharina Kniefacz und Herbert Posch