Gotthold Hatschek
Geb. am: |
25. August 1914 |
Fakultät: |
Juridische Fakultät |
Kategorie: |
Vertriebene Studierende |
Gotthold HATSCHEK, geb. am 25. August 1914 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Sohn von Dr. Otto Hatschek (1880-1942, Jurist, Ministerialrat im Handelsministerium) und Ludowika, geb. Chodrower (1886-1942), wohnte in Wien 19., Hofzeile 29. Er hatte 1933 am Bundesgymnasium Wien XIX (Gymnasiumstraße 83) maturiert und war vom Wintersemester 1933/34 bis zum Sommersemester 1937 an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät über 8 Studiensemester inskribiert und befand sich 1938 bereits im Stadium der Abschlussprüfungen.
Nach dem "Anschluss" im März 1938 war er aus rassistischen Gründen gezwungen - obwohl "evangelisch A.B." wurde er im Nationalsozialismus als "jüdisch" verfolgt - sein fertiges Studium abzubrechen und die Universität Wien zu verlassen, konnte aber nach längerer Unsicherheit, doch noch am 21. Juli 1938 unter zahlreichen symbolischen Diskriminierungen im Rahmen einer "Nichtarierpromotion" promovieren, bei gleichzeitig ausgesprochenem Berufsverbot im gesamten Deutschen Reich. Seine Promotion erfolgte - vermutlich irrtümlich - unter dem Vornamen "Gottfried" nicht "Gotthold".
Gottholds Vater, der Jurist Ministerialrat Dr. Otto Hatschek, wurde als Jude aus dem Staatsdienst entlassen, musste 1940 in eine „Judenwohnung“ nach Wien 2., Krafftgasse 6/11 umziehen von wo er am 6. Mai 1942 nach Maly Trostinec (Nähe Minsk) deportiert und dort gleich nach der Ankunft am 11. Mai 1942 ermordet wurde. Gottholds Mutter Ludowika Hatschek, geb. Chodrower, aus Czernowitz konnte zwar nach Frankreich flüchten, wurde aber in Marseille verhaftet, ins Lager Lager Drancy (nahe Paris) eingewiesen und von dort am 9. September 1942 nach Auschwitz deportiert, wo sie am 14. September 1942 starb. Gotthold selbst und seinen beidne Gewschistern gelang individuell aus Wien zu flüchten. Sein Bruder gisbert (1910.1999), Elektroningenieur, flüchtete 1939 nach England wo er bis zu seinem Tod lebte und arbeitete; seine Schwester Stefanie („Anni“) Hatschek, später Khani (Chana) Liberman (1924-1996) war mit ihrer Mutter über Italien nach Frankreich geflohen, überlebte und konnte 1946 mit ihrem Freund Jehuda/Juda („Hardy“) Lieberman nach Israel emigrieren.
Gotthold Hatschek selbst konnte mit seinem Doktordiplom, das sich als relativ wertlos erweisen sollte, noch im Oktober 1938 nach Jugoslawien fliehen, wo er bis Juli 1939 blie, ein Visum nach Frankreich kaufen konnte und dann versuchte, über Mailand nach Frankreich zu gelangen, und trotz grober Probleme (Diebstahl von Reisepass, Geld und Fahrkarte) gelangte er nach Paris wurde dort aber in einem Stadion interniert und dann von Oktober 1939 bis Mai 1940 in einem anderen nahen Lager. Sein Versuch, seine Familie zu finden, die er im deutsch besetzten Gurs vermutete, scheiterten, stattdessen Verhaftung und drei Wochen Internierung in der Festung St. Nicola (nahe Marseiles), er bringt sich als Gärtner, NBauer, Bauarbeiter surch, verkauft schließlich seine letzten Besitztümer (eine Schreibmaschine und einen Ring) und pachtet ein Grundstück um Lebensmittel anzubauen und lernte sich mit büchern im Selbststudium Englisch und Spanisch. Seine Schwester Annie besorgt in Grenoble für ihn falsche Papiere (George Auriy, Algerier, Friseur) und er kann sich mit Landarbeit und Hotelarbeit bis zur Befreiung durchbringen und arbeitet dann als Zivilangestellter bei den Amerikanern in Marseilles (auf Basis des Selbststudiums in Englisch). Später übersiedlt er nach Paris, wo er als Sekretär und in einem Kleidergeschäft arbeitet und seine spätere Frau Erika (Norwegerin) kennenlernt, mit der er 1951 nach Norwegen übersiedelt und wo sie in Oslo Arbeit und Wohnung finden und 1952 bei den Olympischen Winterspielen in Oslo als Übersetzer und Dolmetscher des Organisationskomitees, für Englisch, Französisch, Deutsch und Norwegisch arbeiten. Danach übersiedeln sie in die USA, wo sie 25 Jahre leben - er arbeitet als Sachbearbeiter bei einer Versicherungsgesellschaft, als Versicherungsvertreter und als Lehrer an der Abendschule und am Augsburg-College (der Evangelisch-Lutherischen Kirche) in Minneapolis arbeitet zuletzt auch an einer Universität im Staat Indiana bis sie 1977 nach Norwegen zurückkehren.
Zuletzt lebte er in einem Altenheim in Oslo, Norwegen, wo er nach 2001 gestorben sein dürfte.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale JUR 1933-1938, Promotionsprotokoll JUR X (1924-1939), Nr. 6516; POSCH 2009, 373; freundlicher Hinweis von Heribert und Gabriele Ohlig, Giessen 03/2020; DÖW-Opferdatenbank.
Herbert Posch