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Julius Freier (Fryer)

Geb. am: 29. Jänner 1899
Fakultät: Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien
Kategorie: Doktorgradaberkennung
Julius (W.) FREIER (später: FRYER), geb. am 29. Januar 1899 in Kolomea, Galizien/Österreich-Ungarn [später: Polen, heute: Kolomyja|Коломия/Ukraine] (heimatzuständig nach Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), hatte am 7. Dezember 1928 als Jehuda Freier an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien den Grad eines Dr. med. erworben. Er war im März 1933 aus der Israelitischen Kultusgemeinde ausgetreten (lebte damals in Wien 10., Gudrunstraße 160) und heiratete am 21. Mai 1935 in Wien-Fünfhaus Dora Weitzner aus Bolechow (Scheidung am 28. Juni/2. Juli 1937) und nach dem "Anschluss" in 2. Ehe am 15. Juli 1938 in Wien-Josefstadt die Wienerin und Pharmakognostin Dr.phil Mag.pharm. Erika Therese Angela Sommer (1909-1987) und lebte in Wien 8., Schlösslgasse 13/13. Er wurde von der Gestapo am 23. September 1939 in Wien verhaftet und anschließend in das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar/Deutschland deportiert, wo er vom 28. Dezember 1938 bis 30. Jänner 1939 inhaftiert war (Häftlingsnummer 1347), als Haftgründe wurden angeführt "Jude, Pole, Politisch (bis 1926 SPÖ, 1935-1938 Vaterländische Front), Abtreibung". Unter der Auflage, das Land umgehend zu verlassen, wurde er Ende Jänner 1939 freigelassen und konnte mit seiner Frau noch rechtzeitig nach London, England/Großbritannien ausreisen und dort sein Visum für die USA abwarten, dass er aber erst am 1. Mai 1940 erhielt (er und seine Frau wurden von der sonst üblichen Internierung als enemy aliens am 26. Oktober 1939 ausgenommen). Seine Schwester Dr. Ljuba Wellich, geb. Freier, die ebenfalls emigrierte blieb in England, sein Bruder Fred Freier (Fryer) emigrierte in die USA und lebte später in Patterson, NJ. Julius Freier und seiner Frau wurde aufgrund der erzwungenen Emigration am 27. Februar 1940 vom Deutschen Reich die Staatsbürgerschaft aberkannt und ihr Vermögen eingezogen. Nunmehr staatenlos, reisten sie am 18. Juni 1940 von Liverpool/England mit der SS Newfoundland in die USA und kamen am 2. Juli 1940 in Boston, MA/USA an. Bei der Einreise gab er als Beruf noch "Arzt" an, bei seinem Einbürgerungsantrag ein Monat später nur noch "medical student", da er vorerst noch nicht in den USA praktizieren durfte. Infolge der Ausbürgerung wurde Julius Freier am 20. Juni (8. Juli) 1940 von der Universität Wien auch der akademische Grad aus rassistischen Gründen aberkannt, da er im Nationalsozialismus "als eines akademischen Grades einer deutschen Hochschule unwürdig" galt. Da bei seiner Frau Erika ihre beiden akademischen Grade bei der Ausbürgerung nicht angeführt worden waren, wurden ihr diese - versehentlich - nicht aberkannt. Er lebte mit seiner Frau Erika anfangs in West Medford, Middlesex, MA, später 1942 in Cambridge, MA (er arbeitete damals am Lakeville State Sanatorium und wurde für die U.S Army gemustert, aber nicht eingezogen), wo auch ihr Sohn George Ernest (1942-2000) geboren wurde. Danach lebten und arbeiteten sie in Middleboro, MA, wo 1943 auch ihre Tochter Elizabeth Susan Meade, née Fryer (1943-202?) geboren wurde.
Ab 1945 arbeitete Julius Freier als Arzt im Danvers State Hospital in Hathorne bei Boston, MA. Bei ihrer Einbürgerung am 19. November 1945 anglisierten beide ihre Namen in Ellen Angela und Julius William Fryer.
1950 wurde Julius W. Fryer clinical director des Danvers State Hospital in Hathorne, MA, was er bis zu seinem frühen Tod blieb.
Er war Mitglied der Massachusetts Medical Association, des American Board of Psychiatry and Neurology und ein Fellow der American Psychiatric Association und hat eine Reihe Artikel im Bereich Psychiatrie publiziert. Erst 15 Jahre nach der Aberkennung und lange nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde ihm der Doktorgrad am 15. Mai 1955 wieder zuerkannt, bzw. die Aberkennung für "von Anfang an nichtig" erklärt, er selbst davon aber nicht verständigt. Seine Frau war, trotz zweier akademischer Abschlüsse, in den USA lange Jahre primär Hausfrau, doch später wurde sie associate professor of German am Newton College of the Sacred Heart in Newton, MA (sie hatte in zweiter Ehe den 1959 verwitweten Bostoner Stahlwarenhändler John W. Taxer (1899-1965) geheiratet). Julius William Fryer, geb. Julius Freier, starb erst 58jährig am 13. Februar 1957 in Danvers, MA/USA und ist begraben am Sharon Memorial Park in Sharon, MA/USA.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED, Promotionsprotokoll MED XII (1923-1929) Nr. 2525, Rektorat GZ 1003 ex 1939/40, GZ 1018 ex 1939/40/41, GZ 561 ex 1944/45; Archiv der IKG Wien/Heiratsmatriken, Austritte; Arolsen Archives/Registrierungen/Nachkriegsauswertungen/Amt für Erfassung der Kriegsopfer/2.3.1.20001; POSCH 2009, 412; Deutscher Reichsanzeiger Nr. 52 vom 1. März 1940; The Boston Globe vom 14. Februar 1957, 31; www.genteam.at; www.ancestry.de.


Herbert Posch


Julius Freier (Fryer) (1899-1957), Doktorgradaberkennung 1940, © Archiv der Universität Wien

Julius Freier (Fryer) (1899-1957), Doktorgradaberkennung 1940, © Archiv der Universität Wien

Julius Freier (Fryer) (1899-1957), Doktorgradaberkennung 1940, © Archiv der Universität Wien

Julius Freier (Fryer) (1899-1957), Doktorgradaberkennung 1940, © Archiv der Universität Wien
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