Geb. am: | 14. März 1918 |
Fakultät: | Juridische Fakultät |
Kategorie: | Vertriebene Studierende |
Herbert FISCHER, geb. am 14. März 1918 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Sohn von Oberlandesgerichtsrat Dr. Otto Fischer (Jurist), wohnte in Wien 19, Billrothstraße 6a. Er hat 1936 am Bundesgymnasium Döbling die Reifeprüfung (Matura) abgelegt und im Wintersemester 1936/37 begonnen, an der Universität Wien Rechtswissenschaften zu studieren und war zuletzt im Sommersemester 1938 an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät im 4. Studiensemester inskribiert.
Er war altkatholisch, galt nach dem "Anschluss" 1938 aus rassistischen Gründen aber als "Mischling 1. Grades" und konnte sein Studium - bei jederzeitigem Widerruf - nur vorläufig fortsetzen. Er konnte die erste Staatsprüfung 1938 noch mit Auszeichnung ablegen und wurde dann in die Deutsche Wehrmacht zum Wehrdienst eingezogen, war in Böhmen/Mähren eingerückt, kämpfte im Polenfeldzug, in Belgien und in Frankreich und wurde am 22. Mai 1940 bei Lacan verwundet und am 20. Dezember 1940 aus dem Wehrdienst entlassen, da "Mischlinge 1. Grades nicht mehr in der Wehrmacht zugelassen waren .
Er versuchte daraufhin sein 1938 unterbrochenes Studium wieder aufzunehmen und musste - wie alle "Mischlinge" ab 1940 - ein persönliches Ansuchen an das Reichserziehungsministerium Berlin einreichen, um zum Studium weiter zugelassen zu werden. Ab dem 3. Trimester 1940 war er wieder inskribiert. Ein Ansuchen vom 16. Jänner 1941 für das folgende Semester wurde vom Dekanat und der Studentenführung befürwortet. Ein studentischer Personalakt aus 1941 enthält einen weiteren Antrag an das Rektorat der Universität Wien vom 15. Februar 1941, ob er in der Zeit bis zur Entscheidung aus Berlin nicht bedingt inskribieren könnte, der auch umgehend genehmigt wurde - das beigelegt Foto zeigt ihn in Wehrmachtsuniform. Und er kann im ersten Trimester 1941 inskribieren - wobei auf allen Unterlagen vermerkt wird: "MI" und "bedingt bis Entscheidung REM" - und kann auch im Sommersemester 1941 und im Wintersemester 1941/42 nochmals inskribieren. In seinem Personalakt verweist ein beiliegender Abschnitt der Quästur mit der Bestätigung für bezahlten Gebühren vom 1. Mai 1942 bereits auf die ebenfalls genehmigte Promotion, die am 29. September 1942 im Rahmen einer Einzelpromotion erfolgte (ohne der sonst üblichen Anmerkung "Mischling 1. Grades" im Promotionsprotokoll). Der Titel seiner Dissertation lautete: "Der Diebstahl in den Volksrechten".
Er wurde später ein bedeutender Jurist, Universitätsprofessor in Graz, Rechtshistoriker und Rechtsarchäologe. Zu seinen Publikationen gehören u.a. Die Siedlungsverlegung im Zeitalter der Stadtbildung unter besonderer Berücksichtigung des österreichischen Raumes (=Wiener rechtsgeschichtliche Arbeiten 1 (1952). Er war im Jänner an der Gründung des österreichischen Akademischen Wehrkorps in Graz beteiligt und kaufte 1966 gemeinsam mit seiner Frau Helga das verwahrloste Schloß Freiberg bei Graz um dort ein Kultur- und Forschungszentrum samt Museum einzurichten und begann mit der umfassenden Renovierung. Der plötzliche Tod des Ehepaares am 19. Dezember 1971 überantwortete Freiberg erneut einem ungewissen Schicksal.das später nach seinem Tod von seinem Sohn wieder verkauft wurde.
Univ.-Prof. Dr. Herbert Fischer und seine Frau Helga starben unerwartet am 19. Dezember 1971 in Graz, Steiermark. Aus seinem Nachlass auf seinem Schloß Freiberg, übernahm 1973 das Steiermärkische Landesarchiv 36 Faszikel und 94 Mappen Archivalien.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale IUR 1937-1938, studentischer Personalakt S 186. 851 Herbert Fischer, Promotionsprotokoll IUR (1939-1959), Nr. 580, J Cur 262, J Cur 204/1 (GZ 1449 ex 1951); POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 303; https://fedora.phaidra.univie.ac.at/fedora/get/o:144480/bdef:Content/get; Tätigkeitsbericht des Steiermärkischen Landesarchives 1973;
Herbert Posch