Universität Wien - Startseite

Wilhelm Eisenkolb

Geb. am: 01. Mai 1916
Fakultät: Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien
Kategorie: Vertriebene Studierende

Willy (Wilhelm Viktor Ludwig) EISENKOLB, geb. am 1. Mai 1916 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Sohn von Med.R. Dr. Victor Eisenkolb (1873-1946, Amtsarzt der Gemeinde Wien) und Therese Eisenkolb, geb. Seidl (1893-?). Er wohnte erst in Wien 3, Gärtnergasse 4, dann in Wien 21 [heute: Wien 22], Konstanziagasse 51. Er hatte bis 1932 das Bundesgymnasium Wien 1., Stubenbastei besucht und war dann an das deutsche Internat und Mittelschule nach Laa a.d. Thaya, Niederösterreich gewechselt, wo er 1935 auch die Reifeprüfung (Matura) ablegte. Anschließend begann er an der Universität Wien Medizin zu studieren und war zuletzt im Sommersemester 1938 an der Medizinischen Fakultät im 5. Studiensemester inskribiert, nachdem er im Wintersemester 1937/38 das erste Rigorosum abgelegt hatte.

Er war röm.-kathol., wurde aber nach dem "Anschluss" 1938 aus rassistischen Gründen wegen seiner 1903 verstorbenen „jüdischen Großmutter“) als sogenannter "Mischling 2. Grades" verfolgt, konnte aber vorläufig – bei jederzeitigem Widerruf – sein Studium noch fortsetzen.
Seine ältere Schwester Maria Viktoria Eisenkolb (geb. 1912), die ebenfalls Medizin studiert hatte, konnte noch am 20. Dezember 1938 ohne Einschränkungen regulär zur "Dr. med." promovieren, da zu diesem Zeitpunkt noch keine NS-Regelungen für den Umgang mit "Mischlingen" erlassen waren.

Wily Eisenkolb meldete sich vielmehr am 1. Dezember 1938 zum aktiven Dienst in der Deutschen Wehrmacht, absolvierte die Grundausbildung und war im März 1939 am Einmarsch in der Tschechoslowakei im Verband der II. Panzerdivision in Brünn dabei, war ab Juli 1939 in Navistova an der polnisch/slowakischen Grenze stationiert und am 1. September beim Überfall auf Polen in Jablonka. Im Oktober 1939 wurde er als Medizinstudent von der Panzerdivision in San.Ers,Abt. 17 Wien versetzt, absolvierte dort die Sanitätsausbildung und ließ sich dann in eine Sanitätskompanie „ins Feld“ versetzen, zum Gefreiten und zu Feldwebel befördert. Mit 1. Dezember wurde er zur Fortsetzung des Studiums an die San.Ers.Abt. 17 Wien abkommandiert, wo er Studienurlaub zur Inskription und Absolvierung des I. Trimesters an der Universität Wien erhielt. Anschließend legte der in der Wehrmacht die Sanitätsprüfung ab. Anfang April 1940 wurde er aus der Wehrmacht entlassen, gemäß eines Befehls, das alle Medizinstudenten, die bereits das erste Rigorosum abgelegt hatten, nach Absolvierung eines Jahres Wehrmacht zum Studienabschluss entlassen und "u.k." gestellt werden, was für ihn zutraf.

Kurz darauf wäre er, wie alle "Mischlinge", unehrenhaft aus der Wehrmacht entlassen worden. Jedenfalls galt für ihn trotz seiner beteuerten "deutschen Gesinnung" und Militärverdienste, dass er als "Mischling" erst dann weiterstudieren und allenfall abschließen konnte, nachdem er ein entsprechendes Gesuch unter Vorlage zahlreicher Nachweise an das Reichserziehungsministerium Berlin um Studienzulassung stellen hatte, das er am 17. April 1940 einreichte. 

Gemäß Vorschrift legte der Dekan der zuständigen Medizinischen Fakultät, Prof. Eduard Pernkopf, dem Antrag ein entsprechendes Gutachten bei, das auftragsgemäß "Insbesondere auf den persönlichen Eindruck über die Persönlichkeit und das Aussehen des Gesuchstellers einzugehen [hatte]. Dabei ist zu erwähnen, ob und inwieweit Merkmale der jüdischen Rasse beim Gesuchsteller äußerlich erkennbar sind." [Erlass des Reicherziehungsministeriums, 5. Jänner 1940]. Er stellte fest: "Eisenkolb Wilhelm ist Mischling zweiten Grades, Während der Illegalen Zeit war er beim Deutschen Turnerbund; er hat sich freiwillig zum Wehrdienst gemeldet, und war bei der Übernahme des Protektorates Böhmen und Mähren [sic!]; desweiteren hat er den Polenfeldzug mitgemacht. An seinem Aussehen bemerkt man nichts Jüdisches."

Das Gesuch wurde umgehend über das Medizinische Dekanat und das Rektorat, jeweils befürwortend, an das Reichserziehungsministerium Berlin weitergeleitet, am 19. Juni 1940 mitteilte (WF 2541), dass er zur Studienfortsetzung und zu den ärztlichen Prüfungen zugelassen wird, "unter dem Vorbehalt, daß sie hierdurch einen Anspruch auf die Erteilung der Bestallung als Arzt NICHT erwerben. Sie erhalten die Bestallung als Arzt, sofern die späteren kurz vor der Entscheidung über die Bestallung vorzunehmenden Feststellungen ergeben, daß gegen die politische und sittliche Zuverlässigkeit der Kandidaten und ihrer Familie keine Einwendungen zu erheben sind.

Doch soweit dürfte es nicht mehr gekommen sein, denn es findet sich kein Hinweis auf eine Promotion mehr an der Universität Wien.

Über den weiteren Lebensverlauf ist wenig bekannt, er dürfte aber als Soldat bei Stalingrad gefangengenommen worden, und in einem nahen Kriegsgefangenenlager 1943 gestorben sein.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde er vom Wiener Landesgericht am 27. Jänner 1956 amtlich für tot erklärt mit dem Todesdatum 4. April 1943 und dem Todesort "Kriegsgefangenenlager Frolowo".


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1937-1941, MED GZ 1115 ex 1939/40, RA GZ 944 ex 1939/40/41, MED S 51.1 ONr. 17 und MED S 51.2 ONr. 14; Promotionsprotokoll MED 1929-1941, Nr. 4279; REITER-ZATLOUKAL/SAUER 2025; www.ancestry.de.


Herbert Posch


Wilhelm Eisenkolb, Inskriptionsschein/Zulassungsschein ("Nationale") Medizinische Fakultät, Wintersemester 1937/38, Vorderseite, Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Wilhelm Eisenkolb, Inskriptionsschein/Zulassungsschein ("Nationale") Medizinische Fakultät, Wintersemester 1937/38, Rückseite, Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Wilhelm Eisenkolb, Inskriptionsschein/Zulassungsschein ("Nationale") Medizinische Fakultät, Sommersemester 1938, Vorderseite, Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Wilhelm Eisenkolb, Inskriptionsschein/Zulassungsschein ("Nationale") Medizinische Fakultät, Sommersemester 1938, Vorderseite, Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Wilhelm Eisenkolb, Inskriptionsschein/Zulassungsschein ("Nationale") Medizinische Fakultät, 1. Trimester 1940, Vorderseite, Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Wilhelm Eisenkolb, Inskriptionsschein/Zulassungsschein ("Nationale") Medizinische Fakultät, 1. Trimester 1940, Vorderseite, Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Wilhelm Eisenkolb, Antrag auf Zulassung zur Forsetzung zum Studium 1940, © Archiv der Universität Wien

Wilhelm Eisenkolb, Dekans-Gutachten 1940, © Archiv der Universität Wien
Für Fragen oder Kommentare zu dieser Person benützen Sie bitte unser: » Feedback-Formular.