Geb. am: | 13. November 1898 |
Fakultät: | Philosophische Fakultät |
Kategorie: | Doktorgradaberkennung |
Viktor Hans (von) BOSCHAN, geb. am 13. November 1898 in Wien als Sohn von Hofrat Arthur Heinrich Ritter von Boschan (1859-1920, Oberingenieur der Kaiser Ferdinand Nordbahn) und Marie Agnes von Boschan, geb. Aschrott (1870-1926), besuchte das Schottengymnasium in Wien 1 und legte dort im Mai 1916 die Reifeprüfung (Matura) ab. 1916 bis 1918 kämpfte er als Soldat der k.u.k. Armee im Ersten Weltkrieg. Im November 1918 rüstete er als Leutnant ab und begann sofort an der Universität Wien Chemie mit Nebenfach Physik zu studieren und erwarb am 25. Juli 1921 an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien den Grad eines Dr. phil. in Chemie (Dissertation: "Zur Kenntnis der Quecksilber-Dialkyle und Diaryle").
Er und seine Eltern waren im März 1905 aus der israelitischen Kultusgemeinde ausgetreten und zum evangel. A B Bekenntnis konvertiert und er heiratete am 8. September 1922 in Bad Vöslau/NÖ Elisabeth Adele von Pentig-Franz (1903-1940) mit der er eine Tochter hatte, Vera Marie Elisabeth von Boschan, verh. von Zimmermann (1931-1979). Sie lebten in Wien 3., Jacquingasse 6, später in Wien 3., Vordere Zollamtsstraße 11 und er war Manager der Schweizer Firma Transalpina Industrie- und Handelsgesellschaft.
Er wurde im Nationalsozialismus als Jude verfolgt und musste aus Österreich fliehen und konnte am 20. Mai 1938 noch rechtzeitig mit seiner Frau und seiner Tochter in die Schweiz ausreisen, wo sie in Chateau des Renens sur Roche bei Lausanne lebten, bis sie im April 1939 nach British Columbia/Kanada emigrieren konnten. Zuvor ist es ihnen gelungen, im September 1938 die Staatsbürgerschaft der Dominikanischen Republik anzunehmen - dadurch wurde es für das Deutsche Reich schwierig, das nicht unbeträchtliche Vermögen zu beschlagnahmen, denn ausländisches Eigentum konnte nicht so einfach enteignet werden.
Im März 1941 wurde allen dreien daraufhin die Deutsche Staatszugehörigkeit aberkannt, das gesamte inländische Vermögen beschlagmanhmt und als Rechtsfolge wurde auch die Universität Wien aufgefordert, ihm den Doktorgrad zu entziehen.
Am 28. Februar 1942 wurde ihm der akademische Grad von der Universität Wien aus rassistischen Gründen aberkannt, da er im Nationalsozialismus "als Jude als eines akademischen Grades einer deutschen Hochschule unwürdig" galt.
Auch seinem Schwager, Richter Dr.iur. Egon Gallia (Ehemann seiner Schwester Annemarie), der ebenfalls an der Universität Wien promoviert hatte, wurde nach seiner Emigration nach England der Doktorgrad aberkannt.
Erst 13 Jahre nach der Aberkennung und lange nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde ihm der Doktorgrad am 15. Mai 1955 wieder zuerkannt, bzw. die Aberkennung für "von Anfang an nichtig" erklärt.
Hans (Jean, John) Boschans erste Frau Elisabeth war bereits 1940 in Vancouver gestorben und er heiratete im April 1943 Mildred Dietrich (Scheidung Ende 1944). 1944 erhielten John Boschan und Tochter Vera die britische Staatsbürgerschaft. 1955 ging er in Cloverdale, Vancouver eine dritte Ehe mit der in Hilversum/Niederlande geborenen Hester Hejibroeck (Heybrock) (1912-1997) ein.
Dr. John (Hans Viktor) de Boschan starb am 15. Mai 1983 in White Rock, British Columbia/Kanada.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Rigorosenakt und -protokoll PHIL RA 5085, Promotionsprotokoll PHIL 1913–1922 Nr. 1227, Rektorat GZ 1635 ex 1939/40/41, GZ 1695 ex 1939/40/41, GZ 561 ex 1944/45 ONr. 15; Österreichisches Staatsarchiv OeStA/AdR/ E-uReang/ FLD 15059, OeStA/AdR/E-uReang/VVSt/VA 66249, OeStA/AdR/E-uReang/Hilfsfonds/Abgeltungsfonds 5991; Deutscher Reichsanzeiger Nr. 50 vom 28. Februar 1941; POSCH 2009, 396; POSCH/STADLER 2005; GAUGUSCH 2011, 289; Marie-Theres ARNBOM, Die Villen von Pötzleinsdorf: Wenn Häuser Geschichten erzählen, Wien 2020, 211-215; matricula.eu: Trauungsbuch Pfarre Bad Vöslau 1911-1925, fol. 226.
Herbert Posch