Geb. am: | 07. Mai 1915 |
Fakultät: | Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien |
Kategorie: | Vertriebene Studierende |
Genia STEINSCHNEIDER (verh. Jenny ZUNDEL), geb. am 7. Mai 1915 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Pflege- (1917) bzw. Adoptiv- (ab 1922) Tochter von Julius Steinschneider (Kaufmann, verstorben 1931) und dessen Frau Elsa geb. Schack (geb. 20. August 1879 in Wien) (leibliche Eltern: Etie Horoschowska und Benzion Weber mussten nach Kriegsausbruch 1914 aus Drohobych, Galizien/Österreich-Ungarn [Drohobytsch | Дрогобич/Ukraine] fliehen und wurden auf der Flucht getrennt), wohnte in Wien 20, Wallensteinstraße 17/9.
Nach der Reifeprüfung nahm Genia Steinschneider 1933 ein Studium der Medizin an der Universität Wien auf. Während ihres Studiums lernte sie 1936 ihren späteren Ehemann Walter Zundel kennen, der ebenfalls Medizin studierte. Sie war zuletzt im Sommersemester 1938 an der Medizinischen Fakultät im 10. Studiensemester inskribiert.
Nach dem "Anschluss" im März 1938 war sie aus rassistischen Gründen gezwungen ihr Studium abzubrechen, es gelang ihr aber vorerst noch, im Sommersemester 1938 im Rahmen des 2%-numerus clausus für jüdische Studierende weiterzustudieren - die Genehmigung erfolgte am 3. Juni, der Vorlesungsbetrieb endete am 30. Juni 1938. Mit Ende des Sommersemesters musste sie im Herbst 1938 ihr Studium endgültig abbrechen (Absolutorium ausgestellt am 23. Dezember 1938) und musste die Universität Wien verlassen.
Genia Steinschneider konnte im März 1939 Wien verlassen und emigrierte mit einem "domestic permit" nach London/Großbritannien. Sie arbeitete zunächst als "domestic" in Manchester, kehrte jedoch bald wieder nach London zurück. Wenig später gelang es ihr, für ihren Verlobten Walter Zundel eine Einladung zu bekommen, sodass er im Juli 1939 ebenfalls nach London emigrieren konnte. Im Oktober 1939 heiratete das Paar und lebte zunächst in London. Als Walter Zundel Ende 1940 schwer an Tuberkulose erkrankte, verließen sie London. Er musste für mehrere Monate im Ware Sanatorium bleiben, währenddessen arbeitete Jenny Zundel in Welwyn Garden City als Kindermädchen, später auch kurzzeitig als Bibliothekarin und Mitarbeiterin in einem medizinischen Labor (Allen and Hanbury's Pharmaceuticals). Als ihr Mann das Krankenhaus verlassen konnte, fand sie eine Wohnung und einen Job bei einer Bank in Hertford, wo sie fünf Jahre lebten. Da kriegsbedingt großer Ärztebedarf bestand, erhielt Walter Zundel die Gelegenheit, sein Studium abschließen und als Arzt in England zu arbeiten. Jenny Zundel konnte ihr 1938 kurz vor dem Abschluss erzungenermaßen abgebrochenes Medizinstudium nie mehr abschließen.
1943 erfuhr Jenny Zundel, dass ihre Adoptivmutter Elsa Steinschneider, deren Schwester/Schwager Olga und Karl Singer am 23. Oktober 1941 nach Litzmannstadt [Lodz/Polen] deportiert wurden, am 5 April 1942 weiter in das Konzentrationslager Kulmhof [Chełmno/Polen] deportiert und dort ermordet wurden.
Nach Kriegsende zog das Ehepaar zunächst nach Grimsby um, später nach Ilkley wo ihr Sohn Stephen (1947-1975) geboren wurde, später nach Coventry, wo 1953 ihre Tochter Veronica zur Welt kam.
Jenny Zundel, geb. Steinschneider, starb am 5. Apr 2012 in London/Großbritannien..
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1937-1938, Rektorat GZ 722/I ex 1937/38; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 483; Interview mit Jenny Zundel, London, 14.05.1997, USC Shoah Foundation Institute for Visual History and Education, University of Southern California, Interview 31516; freundlicher Hinweis ihrer Tochter Veronica Zundel, London 03/2019, 09/2020, 11/2022.
Katharina Kniefacz (Überarbeitung: Herbert Posch, 2020, 2022)