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Erika Rosen

Geb. am: 01. Juni 1898
Fakultät: Philosophische Fakultät
Kategorie: Vertriebene Studierende

Dr. med. Erika ROSEN, geb. am 1. Juni 1898 in Widdin [Vidin]/Bulgarien (heimatberechtigt in Sitzendorf/Niederösterreich, später: in Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Tochter von Mag.pharm. Philipp Rosen (1864-1938, Apotheker) und Laura Rosen, geb. Gelbert (-1920), wohnte in Wien 9, Schlickgasse 4/44, war zuletzt im Wintersemester 1937/38 an der Philosophischen Fakultät im 7. und letzten Studiensemester inskribiert und belegte Vorlesungen in Pharmazie und Chemie.

Sie wurde im Sommersemester 1938 im Rahmen des im Nationalsozialismus eingeführten 2%-Numerus clausus für jüdische Studierende noch zum Weiterstudium bis Semesterende zugelassen und konnte nach längerer Unsicherheit, doch noch am 31. Oktober 1938 ihr Studium abschließen, allerdings nur noch unter zahlreichen symbolischen Diskriminierungen im Rahmen einer "Nichtariersponsion", bei gleichzeitig ausgesprochenem Berufsverbot im gesamten Deutschen Reich.

Ihr Vater stammte aus dem galizischen Teil der österreich-ungarischen Monarchie (Ternopol/Galizien [Ternopil/Ukraine]) und zog mit seiner Familie über Widdin [Vidin]/Bulgarien, wo 1894 seine Tochter Wanda (1894-1942) und 1898 seine Tochter Erika (1898-1942) geboren wurden, über Berkovica [Berkow]/Bulgarien, wo 1901 seine Tochter Maria (1901-1997) geboren wurde, in die Hauptstadt nach Wien. Er war Apotheker und alle drei Töchter studierten an der Universität Wien Pharmazie.

Erika Rosen absolvierte ab 1904 Volksschule und Gymnasium und legte am 9. Juli 1917 die Reifeprüfung (Matura) in Wien ab. Anschließend begann sie ab 1918 an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien Medizin zu studieren, nachdem ihre ältere Schwester Wanda Rosen, bereits 1916 in Wien ihre pharmazeutische Aspirantenprüfung/Triozinium erfolgreich abgelegt hatte und am 23. Juli 1918 auch zur Magistra der Pharmazie ("Mr.pharm.") spondiert hatte. Erika absolvierte ihr Medizinstudium zügig und legte im Juli 1920 das I. Rigoroum ab, zwischen April und Juni 1923 die sechs Teilprüfungen des II. Rigorosums, zwischen Oktober und Dezember 1923 die sechs Teilprüfungen des III. Rigorosums und konnte am 21. Dezember 1923 zur "Dr.med." promovieren und machte die Ausbildung zur Kinderärztin.

Ihre ältere Schwester Wanda hatte bereits ab 1920 in der Apotheke in Wien 3, Löwengasse 35 gearbeitet. Ihr Vater hatte 1925 die Rosen-Apotheke in Floridsdorf, Wien 21., Brünnerstraße 37, gegründet und am 24. Juli 1925 spondierte die jüngste Schwester Maria Rosen ebenfalls zur "Mr. pharm." und legte ihre Aspirantenprüfung/Triozinium 1926 in Wien ab (sie studierte weiter und wurde am 8. Februar 1928 auch zur "Dr.chem." promoviert). Die älteste Schwester Wanda übernahm 1930 die Leitung der väterlichen Rosen-Apotheke und war seit 1933 auch Konzessionärin. In diesem Jahr nahm auch Dr.med. Erika Rosen an der Philosophischen Fakultät das Pharmaziestudium zügig auf, dessen Abschluss 1938 durch den "Anschluss" fast verhindert worden wäre, da sie als Kinderärztin und Jüdin in Wien keine Anstellnug finden konnte und um in der väterlicheen Apotheke mitarbeiten zu können.
Eine Bedingung, dass Erika Rosen als Jüdin im Dritten Reich noch zur Pharmazeutin spondieren durfte war, dass sie "freiwillig" auf die Berufsausübung verzichtete - sie erhielt mit der Sponsion im Oktober 1938 Berufsverbot. Zwischen Studienabschluss und "Nichtariersponsion" war im August 1938 ihr Vater Philipp Rosen verstorben und im Zuge der rasch voranschreitenden Enteignung ("Arisierung") aller Apotheken im Besitz oder unter Leitung von Jüdinnen/Juden war ihre Schwester Mr. Wanda Rosen im Oktober 1938 gezwungen, auf ihre Apothekenkonzession zu "verzichten" - die Rosen-Apotheke wurde "arisiert".

Erika Rosen und ihre Schwester Wanda mussten aus Wien flüchten, es gelang ihnen aber nicht mehr rechtzeitig auszuwandern.

Sie wurde am 14. September 1942 gemeinsam mit ihrer Schwester Mag. pharm. Wanda Rosen von Wien 9, Seegasse 7/16, nach Maly Trostinec bei Minsk/Weißrussland deportiert und starb dort am 18. September 1942.

Die Apotheke wurde 1960 an die einzige überlebenden Schwester, Mag.pharm. Dr.chem. Maria (Cyprienne Miroslawa) Rosen, gesch. Lebada (1901-1997), restituiert. Sie war von 1931 bis 1951 mit Mircea LEBADA verheiratet gewesen und überlebte in Bulgarien. Sie arbeitete 1947 bis 1960 als Chemikerin in Bukarest, kehrte 1960 nach Wien zurück und absolvierte zunächst eine einjährige "Praxis" neben dem einige Jahre zuvor für ihre Apotheke bestellten Konzessionär in der väterlichen Rosen-Apotheke Wien 21., Brünnerstraße 37, bis sie am 1. Februar 1962 selbst die Konzession der 1938 "arisierten" Rosen-Apotheke übernehmen konnte. Nach Zurücklegung der Konzession 1981 war sie dort wieder bis 1986 angestellt.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1918-1923, PHIL 1933-1938, Rigorosenprotokoll MED 5825, Promotionsprotokoll MED M33.12, Nr. 342, PHIL Sponsionsprotokoll Pharmazeuten M 34.4 II/470alt (Wanda Rosen), II/15neu (Miroslawa Rosen), M 34.5 III/235 (Erika Rosen); Österreichische Apotheker-Zeitung 51, 516 u. 574; LEIMKUGEL 1999, 223; DÖW 2001TEMPL 2001, 122; MEJSTRIK 2003, 267; FRITSCH 2007, 63; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 459; POSCH 2009, 368; Korotin 2016, Pharmazeutinnendatenbank Liesl FRITSCH; www.yadvashem.org [März 2006]; Gedenkbucheintrag wurde überarbeitet im Rahmen der Lehrveranstaltung "Methodenworkshop Biographische Methoden" im Sommersemester 2025.


Herbert Posch und Sophie Fabiankowitsch


Erika Rosen, Inskriptionsschein/Zulassungsschein ("Nationale") Philosophische Fakultät, Wintersemester 1937/38 (Vorderseite), Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Erika Rosen, Inskriptionsschein/Zulassungsschein ("Nationale") Philosophische Fakultät, Wintersemester 1937/38 (Rückseite), Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien
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