Friedrich Rihl (Riehl)
Geb. am: |
19. Dezember 1878 |
Fakultät: |
Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien |
Kategorie: |
Doktorgradaberkennung |
Friedrich RIHL (RIEHL), geb. am 19. Dezember 1878 in Villach, Kärnten, gest. am 25. November 1943 in Zuchthaus Schwäbisch-Hall/Deutschland, hatte am 23. März 1904 an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien den Grad eines Dr. med. erworben.
Er wurde anschließend ab 1909 praktischer Arzt in St. Gilgen/Salzburg und ab 1920 Sprengelarzt. Er war verheiratet mit Erna Gruber (geb. Lutz) und gehörte der Großdeutschen Partei an, wechselte 1934 in die austrofaschistische Heimwehr, wo er auch als Truppenarzt fungierte, war Mitglied der Vaterländischen Front und der Austrofaschistischen Frontmiliz, wo er hohe Führungsfunktionen innehatte.
Seine ehemalige Haushälterin und Lebensgefährtin zeigte ihn 1943, ein Jahr nach der Beendigung von Dienstverhältnis und Beziehung, an, dass er von September 1939 bis Juni 1943 in St. Gilgen Nachrichten ausländischer "Feind-Sender" (Sender Beromünster, Straßburg und London) gehört habe, wofür er am 20. August 1943 vom Landgericht Salzburg als Sondergericht nach §§ 1, 2 der "
Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen" vom 1. September 1939 zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Für den Vollzug der Strafe wurde er in das Zuchthaus von Schwäbisch Hall, Baden-Württemberg/Deutsches Reich eingeliefert, wo er bald darauf am 25. November 1943 im Alter von 65 Jahren an den Haftbedingungen verstarb.
Aufgrund der Verurteilung wurde an der Universität Wien die Aberkennung des Doktorgrades eingeleitet und am 23. November 1943 der Feststellungsbeschluss gefasst, bzw. ihm am 29. November 1943 der akademische Grad von der Universität Wien aberkannt - in Unkenntnis seines Todes vier Tage zuvor.
Kurz nach Kriegsende schrieb Edeltraud Riehl (geb. Krainer, geb. 1916), die Witwe seines Sohnes Dr.med. Heinrich Rihl (1911-1945), am 5. November 1945 an das Rektorat der Universität Wien, dass ihr Schwiegervater Friedrich Rihl (1878-1943) am 25. November 1943 nach nur sechs Wochen Haft im Zuchthaus Schwäbisch-Hall verstorben sei, und sein Sohn Heinz, ihr Mann, am 11. Mai 1945, wenige Tage nach seiner Rückkehr aus vierjährigem Kriegsdienst, bei der Rückübernahme der Sprengelarztstelle und Ordination des Vaters von der Lebensgefährtin jenes SS-Arztes (Dr. Beer) ermordet worden sei, der die Ordination bis dahin geführt hatte. Deshalb ersuchte sie als Rechtsnachfolgerin ihres Mannes gemäß der Verordnung um rückwirkende Wiederverleihung des akademischen Grades ihres Schwiegervaters.
Am 9. November 1945 teilt ihr Rektor der Universität Wien, Verfassungsjurist Prof. Ludwig Adamovich sen., mit, dass aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen eine posthume Wiederverleihung an Verstorbene leider nicht möglich sei: "
würde [er] noch leben, so würde ihm ohne weiteres ... der Doktorgrad wieder verliehen werden, da ja die Voraussetzungen dazu gegeben sind." Er weist sie aber nicht darauf hin, dass bereits der Aberkennungsbescheid - wenn auch in Unkenntnis - posthum erlassen wurde, also eigentlich nicht mehr Rechtskraft erlangen hätte dürfen, da auch in der NS-Zeit akademische Grad nur Lebenden aberkannt werden konnten und galt, dass ein Bescheid zur Erlangung der Rechtskraft dem Betreffenden ordnungsgemäß zugestellt werden musste, was im Todesfall nicht möglich ist.
12 Jahre nach der Aberkennung und lange nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde ihm der Doktorgrad - posthum und ohne jemanden davon zu informieren - am 4. Juli 1955 dann formal doch wieder zuerkannt, bzw. die Aberkennung für 'von Anfang an nichtig' erklärt, gemeinsam mit einem Großteil der übrigen rassistisch und/oder politisch motivierten Doktorgrad-Aberkennungen aus der Zeit des Nationalsozialismus.
In der Gemeinde St. Gilgen wurde in ehrender Erinnerung der Dr.-Fritz-Rihl-Weg nach ihm benannt.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Promotionsprotokoll MED 1898-1904 Nr. 1456, Rektorat GZ 289 ex 1943/44, GZ 561/19 ex 1944/45; POSCH 2009, 465; Salzburg-Wiki; Stolpersteine Salzburg; freundlicher Hinweis von Dr.in Barbara Sauer, Wien 08/2020 und von Augustin Kloiber, Archiv für Ortsgeschichte, St. Gilgen, 10/2002.
Herbert Posch