Geb. am: | 07. Dezember 1909 |
Fakultät: | Katholisch-Theologische Fakultät |
Kategorie: | Vertriebene Studierende |
Josef (Fra. Otto) PINZENÖHLER, geb. am 8. Dezember 1909 in Wien/Österreich (heimatberechtigt in Kettlasbrunn/NÖ, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Sohn von Franz Pinzenöhler (Werkmeister der Firma Sirius in Wien 15., Plunkergasse 23/II/12), wohnte in Wien 8, Alser Straße 17, und wechselte im Sommersemester 1938 von der Kath.-Theol. Hochschule Zagreb an die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Wien wo er als ausserordentlicher Hörer im 7. Studiensemester aufgrund der in Jugoslawien geltenden Mittelschulstudien aufgenommen wurde.
Er wurde im Nationalsozialismus aus politischen Gründen verhaftet und war gezwungen, das Studium abzubrechen und die Universität Wien zu verlassen.
Er schloss sich der monarchistischen Widerstandsgruppe um Wilhelm von Hebra (1884-1944) an, der auch die Kleriker Peter August Blandenier (1905-1941), Frater Beda Land und Frater Franz Hierzer (1897-1945) angehörten. Eingeführt wurden sie von dem Medizinstudenten Karl Alfons Portele (1912-1993). Gemeinsam plante man am Wiener Minoriten-Konvent an der Alser Straße Flugblatt-Aktionen. Der gelernter Buchdrucker Pinzenöhler wirkte sowohl bei der Produktion als auch der Verbreitung mit.
In einem von Hebra im November 1938 verfassten und mit "Östfrei" (Österreich frei) unterzeichneten Flugblattentwurf hieß es:
"Österreich ist nicht ein Teil des Deutschen Reichs, sondern ein durch Lüge und Gewalt erobertes, durch Tyrannei festgehaltenes, jedes Rechts beraubtes, gequältes und gepeinigtes Land. Wir Österreicher sind durch Geschichte und Kultur, in Geist und Gesinnung, in Charakter und Lebensform von den anderen Deutschen unterschieden, den Preußen gegensätzlich. Wir sind eine eigene Nation: die österreichische Nation."
Die Widerstandsgruppe wurde von einem eingeschleusten Polizeispitzel, Franz Paiha, an die Gestapo verraten. Ende März 1939 wurden rund 20 Mitglieder der Widerstandsgruppe verhaftete u.a. von Hebra und Blandenier. Josef Pinzenöhler wurde bald darauf am 18. April 1939 festgenommen und im Polizeigefangenenhaus Wien und dann im Untersuchungsgefängnis beim Landgericht Wien eingesperrt. Die Anklageschrift vor dem Volksgerichtshof lautete auf "Vorbereitung zum Hochverrat" und er wurde am 14. November 1943 vom "Volksgerichtshof" Berlin deswegen zu 4 Jahren und 6 Monaten Zuchthaus und Ehrverlust verurteilt. Er war bis 16. Dezember 1943 in Haft, zuletzt in Regensburg. An der Universität Wien war bereits am 26. Juli 1939 eine Disziüplinaruntersuchung gegen ihn eingeleitet worden, die aber bis zur Urteilsverkündung zurückgestellt wurde, gleichwohl wurde dem Inhaftierten das Betreten der Universität untersagt und er wurde am 17. Dezember 1941 amtlich aus der Liste der Studierenden gestrichen, wovon auch das Reichserziehungsministerium Berlin informiert wurde.
Er wurde 1944 zum Priester ordiniert und konnte später seine Studien fortsetzen, promovierte aber nicht mehr an der Universität Wien. Er wirkte dann als Lehrer, wurde Oberstudienrat und war Mitglied der ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten und Vizepräsident des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes. Als Domvikar von St. Stephan wirkte Monsignore Josef Pinzenöhler bis zuletzt am Wiener Stephansdom.
OStR Msgr. Josef Pinzenöhler starb am 7. April 1991 in Wien und ist am Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.
Lit: Archiv der Universität Wien, Nationale KATH 1938–1939, RA GZ 1210 ex 1938/39 (=S 185.1169), US 245 ONr. 5; Luigi CIVARDI, Das Handbuch der Katholischen Aktion, Innsbruck/Wien 1938, 213; Franz DANIMANN, Patriotischer "Hochverräter", in: Die Furche Nr. 33 vom 15. August 1991, 10; Die Furche Nr. 16 vom 18. April 1991.
Herbert Posch