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Rachel Piepes (recte Piepe)

Geb. am: 20. März 1909
Fakultät: Philosophische Fakultät
Kategorie: Vertriebene Studierende

Rachel PIEPES (recte PIEPE), geb. am 20. März 1909 in Ustrzyki dolne, Galizien/Österreich-Ungarn [Polen] (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Tochter von Josef Piepes (Kaufmann in Wien), wohnte in Wien 2., Novaragasse 40/30. Sie war das fünfte von sieben Kindern einer verarmten, aber sehr bildungsaffinen jüdischen Familie, die in Rachels frühen Kinderjahren aus Galizien auswandern musste und nach Wien kam, wo sie ihre Schulzeit absolvierte und nebenbei durch Heimarbeit zum Familieneinkommen beitragen musste. Sie bestand am 25. Juni 1928 die Reifeprüfung (Matura) am Chajesgymnasium des Vereins jüdisches Realgymnasium in Wien 2 und studierte ab Wintersemester 1929/30 an der Universität Wien Germanistik.

Sie war 1938 nicht mehr an der Philosophischen Fakultät inskribiert, sondern befand sich bereits länger im Endstadium der Abschlussprüfungen (Absolutorium ausgestellt am 9. Mai 1935). Ihre Dissertation "Die Berliner Bohème (18851895) in Roman und Drama" war am 10. März 1936 approbiert worden und sie meldete ich am selben Tag zu den Abschlussprüfungen ("Rigorosen") in Germanistik an. Am 1. Juli 1936 hatte sie das zweistündige Fach-Rigorosum bestanden und am 24. Oktober 1936 auch das einstündige Rigorosum ("Philosophicum"). Sie hatte damit alle Prüfungsanforderungen erfüllt – warum es im Austrofaschismus nicht mehr zum Abschluss des Promotionsverfahrens kam (letzter Schritt war die feierliche rituelle Verleihung und Übergabe des Doktordiploms, das damals noch konstituierender Bestandteil und rechtlicher Abschluss des Promotionsverfahrens war), ist vorerst nicht geklärt, hatte aber möglicherweise politische Hintergründe.
Ihre Schwester Ida Pipes, später verh. Margulies (1910–2003), die ihre Dissertation in Geschichte im selben Jahr vorlegte und nach deren Approbation auch beide Rigorosen 1936 erfolgreich ablegte, konnte aus politischen Gründen erst nach Ende des Nationalsozialismus 1946 promovieren.

Rachel Piepes konnte hingegen, nach längerer Unsicherheit, doch noch ihr Studium abschließen und am 21. Juli 1938 – wenngleich nur unter zahlreichen symbolischen Diskriminierungen im Rahmen einer "Nichtarierpromotion" – promovieren, bei gleichzeitig ausgesprochenem Berufsverbot im gesamten Deutschen Reich.


Lit: Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1929–1938, Rigorosenakt und -protokoll PHIL Nr. 12588, Promotionsprotokoll PHIL 1931-1941 Nr. 2849.


Herbert Posch


Rachel Piepes, Nationale Philosophische Fakultät, Sommersemester 1933, Vorderseite, Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Rachel Piepes, Nationale Philosophische Fakultät, Sommersemester 1933, Rückseite, Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Rachel Piepes (recte Piepe), Eintrag 2849 'Nichtarierpromotion' 21. Juli 1938, Promotionsprotokoll Philosophische Fakultät 1931-1941, Foto: Herbert Posch, © Archiv Universität Wien
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