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Horst Ehmsen

Geb. am: 19. Juni 1917
Fakultät: Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien
Kategorie: Vertriebene Studierende
Horst EHMSEN, geb. am 19. Juni 1917 in Wien (heimatberechtigt in Kiel/Deutsches Reich, Staatsbürgerschaft: Deutsches Reich), Sohn von Heinrich Ehmsen (Maler) und Hermine Ehmsen, geb. Schneid akadem. Malerin), wohnte bei seiner Mutter, bis 1931 in München, ab 1931 in Wien 9, Liechtensteinstraße 23/II/19. Er nahm nach der Matura am Elisabethgymnasium (Wien 5, Rainergasse) 1936 sein Medizin-Studium an der Universität Wien auf und war im Sommersemester 1938 an der Medizinischen Fakultät im 4. Studiensemester inskribiert. Er war nach seinem Vater evangelischer A.B. Religion, wurde im Nationalsozialismus aber aufgrund seiner Mutter als "Mischling 1. Grades" diskriminiert und konnte sein Studium - bei jederzeitigem Widerruf - nach dem "Anschluss" nur vorläufig noch bedingt fortsetzen. Sein in Kiel geborener Vater, der akademische Maler aus dem Umfeld des Blauen Reiter Heinrich Ehmsen (1886-1964), der in München und ab 1931 Berlin lebte und arbeitete (die Eltern waren geschieden) wurde trotz Verhaftung durch die Gestapo (1933) und Entfernung seiner Arbeiten aus mehreren Museen im Nationalsozialismus 1939 in die Reichskulturkammer aufgenommen und war 1940-1942 Mitglied der Propaganda-Staffel im besetzten Paris, danach wurde er an die Ostfront versetzt. Im September 1945 wurde er neben Carl Hofer stellvertretender Direktor der neugegründeten Hochschule für Bildende Künste in Berlin-Charlottenburg, Ende 1949 wurde er aus politischen Gründen entlassen, ging nach Ost-Berlin und war 1950 eines der Gründungsmitglieder der Ostdeutschen Kunstakademie und war bis zu seinem Tod 1964 Mitglied im Verband Bildender Künstler Deutschlands. Horst Ehmsens Mutter, die in Wien geborene Apothekerstocher Hermine Ehmsen, geb. Schneid (1881-1949), akadem. Landschaftsmalerin, Graphikerin, Illustratorin und Restauratorin, hatte 1915 in München Heinrich Ehmsen geheiratet, lebte ab 1930 getrennt und wurde 1935 geschieden, zog 1931 mit den beiden gemeinsamen Kindern von München wieder nach Wien und wurde im Nationalsozialismus als Jüdin verfolgt und musste aus Wien und Deutschland fliehen. Sie konnte nach Schweden emigrieren, wo sie 1949 in Göteborg starb. Horst Ehmsen konnte noch bis zum Sommersemester 1939 weiter studieren, wurde aber am 25. August 1939 in die Deutsche Wehrmacht zur Kriegsdienstleistung eingezogen und meldete sich freiwillig zur Westfront im Dezember 1939, wurde im März 1940 Gefreiter, im Juli 1940 Infanterieunteroffizier. Am 1. November 1940 wurde er als "Mischling 1. Grades" aus der Wehrmacht entlassen (sein 7. Studiensemester hatte er während seines Wehrdienstes abgelegt). Er suchte nach der Entlassung aus der Wehrmacht um Zulassung zum Weiterstudium an und argumentierte in seinem Antrag, dass er seit seinem 11. Lebensjahr in nationalen Bünden, z. B. Großdeutschem Jugendbund, Deutscher Freischar, in Wien Österreichischem Jungenkorps, Deutschem Pfadfinderbund, Verein Reichsdeutscher Studenten angehöre und ein überdurchschnittlicher Landhockeyspieler sei, weshalb er auch als "Mischling" weiter Mitglied des Nationalsozialistischen Reichsbundes für Leibesübungen sein konnte. Er konnte daraufhin seine letzten beiden regulären Studiensemester an der Universität Wien absolvieren (3. Trimester 1940 und Sommersemester 1941) und wurde auch zum 2. und 3. Rigorosum zugelassen. Beide absolvierte Horst Ehmsen 1941 erfolgreich (die Genehmigung dazu erteilte das Reichserziehungsministerium Berlin erst nachträglich 1942).
Eine Promotion und Bestallung - die staatlichen Berufszulassung als Arzt im Deutschen Reich - verweigerten aber sowohl das Berliner Reichserziehungsministerium wie auch das Reichsinnenministerium. Im Promotionsprotokoll der Medizinischen Fakultät der Universität Wien findet sich zwischen 1942 und 1955 kein Promotionseintrag zu Horst Ehmsen. Laut seiner Ärztekarteikarte wurde er aber am 28. September 1942 an der Universität Wien promoviert. Er war nach 1945 über mehr als fünf Jahrzehnte als Spieler, Funktionär, Präsident und Ehrenpräsident des Hockey Sportvereins SV Arminen in Wien, wo er weiter lebte und arbeitete, von 1960-1986 auch als niedergelassener Allgemeinmediziner mit eigener Praxis in Wien 2., Untere Augartenstraße 1‒3. Dr. Horst Ehmsen starb am 22. Oktober 2008 in Wien und ist bestattet am Friedhof Neustift.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1936-1941, Rektorat GZ 944 ex 1939/40/41, GZ 5201 ex 1940-1943; US 69 ex 1942-44, MED GZ 1115 ex 1939/40; Österreichisches Staatsarchiv OeStA/AdR/02-Unterricht/Kurator d. wiss. Hochsch. Wien (K. 13), OeStA/AdR/E-uReang/VVSt/VA 24224; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 377; Verstorbenensuche Friedhöfe Wien; freundlicher Hinweis von Dr.in Barbara Sauer, Wien, 04/2022.


Katharina Kniefacz u. Herbert Posch


Nationale von Horst Ehmsen, Sommersemester 1938 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Horst Ehmsen, Sommersemester 1938 (1. Formular Rückseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Horst Ehmsen, Wintersemester 1938/39 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Horst Ehmsen, Wintersemester 1938/39 (1. Formular Rückseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Horst Ehmsen, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Horst Ehmsen, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Rückseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Horst Ehmsen Zulassung zu den Rigorosen aber Verweigerung Arztzulassung, REM 5. November 1942 © Archiv der Universität Wien
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