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Heinrich Messinger

Geb. am: 02. August 1915
Fakultät: Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien
Kategorie: Vertriebene Studierende
Heinrich MESSINGER, geb. am 2. August 1915 in Wilkischen/Tschechoslowakei [Vlkyš, Czech/Czech Republic] (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Sohn von Leopold Messinger (Beamter, verstorben), wohnte in Wien 7, Neustiftgasse 93/39, war zuletzt im Sommersemester 1938 an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien im 9. Studiensemester inskribiert (Abgangszeugnis vom 31. Mai 1938). Sein älterer Bruder Paul Messinger, der auch an der Medizinischen Fakultät studierte, wurde ebenfalls von der Universität Wien vertrieben. Heinrich Messinger konnte im August 1938 mit Hilfe der Gildemeester-Organisation nach Portugal emigrieren; verbrachte vier Monate in Lissabon, bis er mit Hilfe der HICEM-Joint eine Schiffskarte nach Montevideo/Uruguay erhielt, wo er am 29. Dezember 1938 ankam.
Seine Mutter Jetty Vermes geb. Huss (geb. am 30. August 1884), sowie ihre Tochter Elisabeth aus 2. Ehe (geb. am 24. Mai 1929) wurden am 2. November 1941 von der Wohnung der Familie in Wien 7, Neustiftgasse 93, in das Ghetto Litzmannstadt [Lodz/Polen] deportiert und wurden Opfer der Shoah. Sein Bruder Paul Messinger überlebte die Inhaftierung in mehreren Konzentrationslagern. Über sein Leben in Uruguay schrieb Heinrich Messinger 1995 in einem Brief an das Leo Baeck Institut in New York/USA:
"In Uruguay erhielt ich mich zunächst mittels Auswertung der Kenntnis der Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch) verbunden mit Kenntnissen im Felde der Medizin. Ich war wissenschaftlicher Sekretär bei einem bedeutenden Arzt, gab Unterricht in Deutsch für Ärzte und machte Übersetzungen aus medizinischen Literatur für Ärzte verschiedener Spezialitäten. Hiermit erwarb ich die finanzielle Grundlage um wieder zu studieren. Aber angesichts der bedrohlichen militärischen Entwicklung und des Umstandes, dass das uruguayische Doktorat in Medizin bei einer neuerlichen Weiterwanderung kaum nützlich sein würde, entschloss ich mich ab 1941 auf das Studium der pharmazeutischen Chemie umzusetzen.
Die Umstände brachten mich aber schließlich auf das Feld der Kunststoffe und der Kunstharze wo ich mittels der finanziellen Unterstützung von Investoren kleine Unterrahmungen gründete und in verschiedenen Zweigen Pionier war. Meine Firma war die erste in der Verarbeitung von Acrylkunststoffplatten und die erste im Spritzgussverfahren. Nachher war eine andere Unternehmung von mir die erste in Uruguay in der Anwenung der Kunstharze in Anstrichen, Klebstoffen, Dichtmassen, usw.
" (Brief von Heinrich Messinger, 7. Juni 1995, im LBI New York (AR 10137))
Messinger lebte bis zu seinem Tod in Uruguay, wurde Mitglied der jüdischen Gemeinde Montevideo und fungierte bis ins hohe Alter als Direktor für Internationale Beziehungen im Rotary Club Carrasco von Montevideo.
Heinrich Messinger starb am 30. September 2013 im 98. Lebensjahr in Montevideo/Uruguay. Er hinterließ keine Kinder.


Lit.: POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 438; anonymer Hinweis, 2014; Brief von Heinrich Messinger, 7. Juni 1995, im Austrian Heritage Collection am Leo Baeck Institute New York (AR 10137); Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW): Datenbank Shoah-Opfer [Jetty und Elisabeth Vermes].


Katharina Kniefacz, Herbert Posch


Nationale von Heinrich Messinger, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Heinrich Messinger, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Rückseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Heinrich Messinger, Wintersemester 1937/38 (2. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Heinrich Messinger, Wintersemester 1937/38 (2. Formular Rückseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Heinrich Messinger, Sommersemester 1938 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Heinrich Messinger, Sommersemester 1938 (1. Formular Rückseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien
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