Geb. am: | 08. Jänner 1889 |
Fakultät: | Philosophische Fakultät |
Kategorie: | Doktorgradaberkennung |
Emilie (Emmy) WELLESZ (geb. STROSS), geb. am 8. Januar 1889 in Wien/Österreich-Ungarn, als Tochter von Kommerzialrat Ludwig Stross (1852–1913, Textilunternehmer) und Vilma Stross, geb. Propper (1861–?), wohnte ursprünglich in Wien 1, Ebendorferstraße 8, absolvierte ihre Schulzeit an der Schwarzwaldschule in Wien und legte die Reifeprüfung (Matura) im Oktober 1907 am Akademischen Gymnasium in Wien 1 ab. Anschließend begann sie im Wintersemester 1907/08 an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien Kunstgeschichte zu studieren u. a. bei Prof. Franz Wickhoff (1853-1909) und Prof. Max Dvořák (1874-1921). Sie heiratete aber am 23. August 1908 den frisch promovierten Musiker, Komponisten und Musikwissenschafter Dr. Egon Wellesz (1885–1974) und brach daraufhin ihre Studien vorerst ab. 1909 und 1912 kamen ihre Töchter Magda (1909–2006) und Elisabeth (1912–1995) zur Welt, sie zogen 1912 in ein neuerrichtetes Haus in Wien 19, Kaasgraben 36-38 ("Künstlerkolonie Kaasgraben", Architekt: Josef Hoffmann) und ihr Mann habilitierte sich 1913 an der Universität Wien für Musikgeschichte. Emmy und Egon Wellesz verband u. a. auch ein starkes Interesse an Byzantinistischer Kunst und Musik und beide entwickelten eine starke Expertise indiesem Bereich.
Emmy Wellesz setzte ab 1918 ihr Kunstgeschichtestudium wieder fort bei Prof. Max Dvořák (1874-1921) und Prof. Josef Strzygowski (1862–1941) und schloss es bis 1921 ab. Sie promovierte mit einer Dissertation: "Ghandara im Rahmen vergleichender Kunstforschung" am 9. Dezember 1921 an der Universität Wien und erwarb den Grad eines "Dr. phil." in Kunstgeschichte.
Ehemann Egon Wellesz erhielt 1929 als Privatdozent den Titel, aber nicht die Funktion, eines "außerordentlichen Professors" ("Pd. tit. ao. Prof."), erhielt aber 1938 eine Berufung an die Universität Oxford in England/Großbritannien und war noch vor dem "Anschluss" mit den Töchtern nach England übersiedelt, während Emmy Wellesz nun unter den Bedingungen nationalsozialistischer Verfolgung den Hausstand auflösen und das Haus verkaufen musste. Sie zog noch kurz in eine Wohnung in der Agnesgasse 45, bevor sie im Juli 1938 selbst zu ihrer Familie nach England emigrieren konnte.
Aufgrund der erfolgreichen Emigration wurden ihr und ihrer Familie die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt und am 22. Juli 1943 wurde ihr daraufhin – ebenso wie Egon Wellesz – der Doktorgrad aus rassistischen Gründen aberkannt, da sie im Nationalsozialismus "als Jüdin als eines akademischen Grades einer deutschen Hochschule unwürdig" galt.
Erst 12 Jahre nach der Aberkennung und lange nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde ihr der Doktorgrad am 15. Mai 1955 wieder zuerkannt, bzw. die Aberkennung für "von Anfang an nichtig" erklärt.
Nach dem Tod ihres Mannes kehrte kehrte Emmy Wellesz 1975 aus der Emigration wieder nach Österreich zurück und lebte und arbeitete wieder in Wien.
Zu ihren wichtigsten wissenschaftlichen Publikationen zählen u.a. "Die buddhistische Kunst von Gandhara" (1924), "Kunst des 12. Jahrhunderts" (1940), "Akbar’s religious Thought, reflected in Mogul painting" (1952), "Die Wiener Genesis" (1960) und "Egon Wellesz. Leben und Werk" (1981).
Emmy Wellesz, geb. Stross, starb am 13. Juni 1987 in Wien/Österreich und wurde bei ihrem 13 Jahre zuvor verstorbenen Ehemann in einem Ehrengrab am Zentralfriedhof bestattet.
An sie wird an der Universität Wien im "Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938" (2009) erinnert und auch auf dem "Denkmal für Ausgegrenzte, Emigrierte und Ermordete des Kunsthistorischen Instituts der Universität Wien" (2008) am Campus der Universität Wien (Hof 9).
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1907–1921; Rigorosenakt und -protokoll PHIL 5121, Promotionsprotokoll PHIL IV (1913–1921) Nr. 1331, Rektorat GZ 118 ex 1941/42 ONr. 33, GZ 561 ex 1944/45 ONr. 15; POSCH 2009, 293, 492; Denkmal/Ausstellung "Wiener Kunstgeschichte gesichtet" 2008; Dorothea DUDA, Obituary: Emmy Wellesz, in: Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes 79/1989, 339-342; Fotos auf www.egonwellesz.at; freundlicher Hinweis von Prof.in Dr.in Luise F. Pusch, Wien 08/2009; Biografisches Interview mit Emmy Wellesz 1977, Radiomittschnitt Ö1 vom 4. Jänner 1978 in der Österreichischen Mediathek (audio).
Herbert Posch