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Emma Wilhelmine Margarete Milch - Bormann

Geb. am: 29. Juli 1887
Fakultät: Philosophische Fakultät
Kategorie: Vertriebene WissenschafterInnen

Emma Wilhelmine Margarete MILCH-BORMANN (geb. Bormann), geb. am 29. Juli 1887 in Döbling, Niederösterreich/Österreich-Ungarn [Wien/Österreich] (heimatzuständig: Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich) als Tochter von Althistoriker Prof. Dr. Eugen Ludwig Bormann (18421917, seit 1885 o.Prof. f. Alte Geschichte und Klassische Philologie an der Universität Wien) und Auguste Bormann, geb. Rohrdantz (1850–1938), und war 1938 Lektorin für Künstlerisches Zeichnen unter bes. Ber. der reproduktiven Verfahren an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien.

Sie wurde im Nationalsozialismus als Mitarbeiterin der Universität Wien verfolgt, da ihr Ehemann als Jude galt und wurde 1939 von der Universität Wien zwangsbeurlaubt.

Emma Bormann lebte bis 1900 in Wien 19, Döblinger Hauptstraße 15, danach in Klosterneuburg und besuchte 1901 die evangelischen Fortbildungsschule in Wien, 1902 das Gymnasium des Vereins für erweiterte Frauenbildung, erhielt 1904–1906 Privatunterricht durch Rudolf Egger und bestand 1905 die Aufnahmsprüfung für das Obergymnasium. 1906 nahm sie Schauspielunterricht in Wien, ging 1907 nach Pommern, legte aber schließlich 1911 als Externistin die Reifeprüfung (Matura) in Klagenfurt/Kärnten ab mit anschließender Studienreise nach Italien, Südtirol und München. Sie studierte 1912 bis 1917 an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien Archäologie, Urgeschichte und Germanistik, nahm 1913 an der 4. Wiener Universitätsreise nach Sizilien und Tunesien teil (ihre damaligen Radierungen liegen heute im Archiv der Universität Wien). 1913/14 Besuch des Turnlehrerinnenfortbildungskurses, den sie mit Auszeichnung abschloss. 1. August 1913 bis 1915 arbeitete sie an der Klinik Eiselsberg als Pflegerin. Schließlich promovierte sie am 15. Juni 1917 zur Dr. phil. in Urgeschichte bei Prof. Hoernes und Prof. Reisch mit einer Dissertation über "Zur Chronologie der jüngeren Steinzeit Niederösterreichs" und legte auch die Lehramtsprüfung aus Turnen erfolgreich ab. Parallel zum Studium hatte sie von 1912–1916 die Wiener Graphische Lehr- und Versuchsanstalt bei Ludwig Michalek absolviert und im Krahuletz-Museum in Eggenburg mitgearbeitet und unterrichtete 1917 an einem Wiener Mädchengymnasium. Nach ihrer Promotion in Wien ging sie nach München und inskribierte dort 1917/18 an der Kunstgewerbeschule München für ein Semester im Lehrgang für grafische Techniken.

1918 wurde sie in München Lehrerin für Radierung, Lithographie und Holzschnitt an den privaten Lehrwerkstätten für grafische Techniken Praetorius in München. 1920 kehrte sie nach Wien zurück und stellte im Künstlerhaus in Wien ihre Holzschnitte aus. 1920–1923 bildete sie sich erneut an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien bei Alfred Cossmann weiter.
Am 15. September 1924 heiratete sie in Klosterneuburg den Arzt Dr.med. Eugen Milch (1889–1958), den besten Freund ihres früh verstorbenen Bruders und ihr Studien- und Künstlerkollege, den sie bereits von der Universitätsreise 1913 kannte und der 1915 an der Universität Wien zum Dr. med promoviert hatte. Vor der Heirat am 16. September 1924 war er aus der israelitischen Kultusgemeinde ausgetreten – er wohnte damals in Wien 3., Blütengasse 7. 1925 und 1929 kamen ihre Töchter Uta Schreck (1925–2007) und Dr. Jorun Johns (geb. 1929) in Wien zur Welt.
Ab 1926 war Emma Milch-Bormann Lektorin für "Künstlerisches Zeichnen unter besonderer Berücksichitgung der reproduktiven Verfahren" an der Universität Wien.

Aufgrund ihrer "jüdischen Mischehe" wurde sie 1939 an der Universität Wien zwangsbeurlaubt und nach einer Mitteilung, ihr Name stünde auf „schwarzen Listen der Nationalsozialisten“, folgte sie ihrem Mann nach China, der bereits 1937 für eine Stelle an einem Krankenhaus einer privaten Mission in Pakhoi nach China gereist war und damit der Verfolgung durch die Nationalsozialisten ab 1938 entkam. Emma Bormann-Milch kam mit den beiden Töchtern am 25. August 1939 in Hongkong an und blieb dort einige Zeit, bevor sie nach Pakhoi weiterreiste, wo die Familie dann bis zum Einmarsch der Japaner 1942 lebte. In einer abenteuerlichen Flucht gelangten sie dann über Kanton nach Shanghai. Während ihr Mann zu einer weiteren Stellung in einem Missionsspital weiterreiste - die Eheleute hatten nach 1944 nur mehr sporadischen Kontakt und Egon Milch starb am 20. März 1958 in Hongkong – blieb Emma Bormann mit den Töchtern in Shanghai. Sie reiste aber auch nach Suzhou und Peking. 1948/49 übersiedelte sie nach Hongkong. Später kehrte sie über Japan, Hawaii und die USA nach Europa zurück, das sie bis 1953 besuchte. Ab 1953 lebte Emma Bormann in Tokio, von wo aus sie Reisen innerhalb Japans und nach Asien unternahm. Ab 1957 lebte Emma Bormann abwechselnd bei ihren zwei Töchtern in Tokio und Riverside (Kalifornien, USA). 1973 besuchte sie zum letzten Mal Wien.

1968 erhielt sie das goldene Doktordiplom der Universität Wien vom österreichischen Botschafter in Japan überreicht.

Bormanns künstlerische Arbeiten bestehen aus Ölgemälden, Radierungen, Holz- und Linolschnitten, zeigen oft Stadtansichten von oben oder belebte Szenen in Theater-, Konzert- und Opernsäle. In den Stadtansichten und Landschaften aus Österreich, Deutschland, Frankreich, England, Schweden, der Tschechoslowakei, Italien, Türkei, China, Japan und den USA spiegeln sich ihre vielen Reisen wider, im Werk „Skizze für ein Wandgemälde“ auch wichtige historische Momente, in diesem Fall der Einzug Adolf Hitlers auf der Wiener Ringstraße am 15. März in Wien, vom Parlament aus gesehen, das bei seiner Präsentation in einer Klosterneuburger Ausstellung im Völkischen Beobachter sehr positiv besprochen wurde. Arbeiten von ihr finden sich heute in Kunstsammlungen wie der Albertina und dem Belvedere in Wien, im Metropolitan Museum of Art New York, in der Kongressbücherei in Washington, am Art Institute in Chicago, in der National Gallery of Victoria in Melbourne und im British Museum London.

Emma Bormann, verh. Milch, starb am 28. Dezember 1974 in Riverside, CA/USA und ist am Olivewood Cemetery in Riverside beigesetzt.


Lit.: Archiv der Universität Wien, Nationale 1912-1917, Rigorosenakt PH RA 4328, Personalstand der Universität Wien 1937/38, 90; Österreichisches Staatsarchiv OeStA/AdR/E-uReang/VVSt/VA 33153, OeStA/AdR/E-uReang/FLD 14850; Ursula MÜKSCH, Clementine Alberdingk und Emma Bormann, Freundinnen für ein Künstlerleben. Zwei Klosterneuburger Malerinnen und Grafikerinnen, Mitglieder im Verein heimischer Künstler Klosterneuburgs, ein kurzer Abriss der Geschichte des Vereins und ihre Biografien und Exlibris. in: Österreichisches Jahrbuch für Exlibris und Gebrauchsgrafik, 2011–2012, 60–92; Andrea JOHNS, The Art of Emma Bormann. Ariadne Press, Riverside 2016; Arpad WEIXELGÄRTNER, Graphische Arbeiten von Emma Bormann, in: Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst (Hg.), Die Graphischen Künste, Bd. 45, Nr. 2-3. Wien 1922; Erwin MEHL, Eugen Bormann. Erinnerungen an einen bedeutenden Erforscher des römischen Altertums, in: Römisches Österreich 7, 1979, 35–74; Otto H. URBAN, "Er war der Mann zwischen den Fronten". Oswald Menghin und das Urgeschichtliche Institut der Universität Wien während der Nazizeit, Archaeologia Austriaca 80, 1996 (1997) 1–24; Anneliese RIEGER, Emma Bormann-Milch, Malerin und Grafikerin, in: Biografia.at; Gerd KAMINSKI, Ein Name, der mit großen Schriftzeichen zu schreiben ist: Emma Bormann, in OAG-Notitzen 01/2009; Katharina REBAY-SALISBURY, Frauen in Österreichs Urgeschichtsforschung, ArchA 97/98, 2013/2014, 59–76; www.ancestry.de; www.genteam.at; freundlicher Hinweis von Dr.in Gudrun Wlach, Wien 12/2024.

Herbert Posch


Emma Milch-Bormann vor der Votivkirche in Wien, 1930er

Ankündigung des Kurses von Emma Milch-Bormann im Vorlesungsverzeichnis der Universität Wien für das Sommersemester 1938, S. 77

Keine Ankündigung mehr von Kursen von Emma Milch-Bormann im Vorlesungsverzeichnis der Universität Wien für das Wintersemester 1938/39, S. 55
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