Geb. am: | 30. November 1916 |
Fakultät: | Philosophische Fakultät |
Kategorie: | Vertriebene Studierende |
Erna MANDEL (verh. WODAK), geb. am 30. November 1916 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Tochter von Prof. Dr. Aaron Löb Mandel (1869-1929, Rabbiner der Synagoge am Humboldtplatz in Wien-Favoriten und Religionslehrer) und Anna Mandel, geb. Friedmann (1882-1957, Schriftstellerin, Malerin), wohnte in Wien 10, Gudrunstraße 142.
Sie absolvierte das Reform-Realgymnasium des Wiener Frauen-Erwerbsvereins in Wien 4 wo sie am 18. Juni 1934 auch erfolgreich die Reifeprüfung (Matura) ablegte und studierte anschließend ab Wintersemester 1934/35 Chemie an der Universität Wien, u.a. bei Hermann Mark am I. Chemischen Institut. Sie war zuletzt im Wintersemester 1937/38 an der Philosophischen Fakultät im 7. und vorletzten Studiensemester inskribiert, ihr Antrag auf Weiterstudium im Rahmen des Numerus clausus für jüdische Studierende im Sommersemester 1938 wurde im Mai abgelehnt (Abgangszeugnis ausgestellt am 14. Juni 1938). Ihre Aufzeichnungen für die Dissertation an der sie seit 1936/37 bei Otto Kratky arbeitete, musste sie im Chemischen Laboratorium zurücklassen
Sie konnte im Juli 1938 nach England emigrieren. In Großbritannien arbeitete Erna Mandel zunächst als Hausmädchen und konnte dann aber ab 1939 ihr Chemiestudium an der University of Liverpool fortsetzen und mit einer Diplomarbeit und der Graduierung zum Master of Science MSc. abschließen. Aufgrund der Beziehung zu ihrem späteren Ehemann Walter Wodak, den sie 1939 kennengelernt hatte, wies sie das Angebot einer wissenschaftlichen Position in Chicago, USA, zurück. Sie verfasste eine Dissertation an der University of Manchester, graduierte 1944 zum PhD und wirkte anschließend in London am Grosvenor Laboratory von Chaim Weizmann, Präsident der Zionistischen Weltorganisation und später erster israelischer Staatspräsident, in der kriegswichtigen Ersatzstoffforschung.
Im Juli 1944 heiratete Erna Mandel in Oxford Walter Wodak, der 1946 in den diplomatischen Dienst der Republik Österreich in London eintrat. Als Diplomatengattin übernahm Erna Wodak in der Österreichischen Gesandtschaft repräsentative Aufgaben. Ihre eigene, wissenschaftliche Karriere - sie war als "senior research chemist" in den Cavendish Laboratories in London beschäftigt - musste sie 1947 zugunsten der Tätigkeit für die Österreichische Gesandtschaft aufgeben. 1950 zog das Ehepaar nach Wien, 1951 wurde Walter Wodak an die österreichische Gesandtschaft in Paris bestellt. Nachdem er 1953 Gesandter und ein Jahr später Botschafter in Belgrad/Jugoslawien wurde, kehrte er 1959 als politischer Direktor des Außenministeriums mit seiner Familie nach Wien zurück. Er wirkte ab 1964 als Botschafter in der Sowjetunion und wurde 1970 unter Bundeskanzler Bruno Kreisky Generalsekretär des Bundesministeriums für Auswärtige Angelegenheiten. Unter seiner Beteiligung erfolgte die Gründung des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg, in dessen Frauenkomitee Erna Wodak aktiv mitwirkte.
Nach dem Tod Walter Wodaks im Februar 1974 nahm Erna Wodak ihre wissenschaftliche Tätigkeit wieder auf und übernahm in dem Chemiekonzern Jungbunzlauer qualifizierte Forschungs- und Entwicklungsaufgaben wie Patentprüfung, Produktdokumentation und Recherche von Fachliteratur. Sie leistete Pionierarbeit für die österreichisch-israelische Wissenschaftskooperation, indem sie vor allem für die Österreichische Gesellschaft der Freunde des Weizmann Institute of Science in Rehovot zahlreiche Forschungsprojekte initiierte. 1998 wurde sie zur 1. Vizepräsidentin der IIASA Gesellschaft gewählt.
Sie starb am 15. April 2003 in Wien
Lit.: Archiv der Universität Wien, Nationale PHIL 1934-1938; Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung VGA Nachlass Erna und Walter Wodak, KUSCHEY 2008; freundliche Hinweise von Heimo Gruber, Ruth Wodak und John Wodak; IIASA; KNIEFACZ/POSCH 2017b; KNIEFACZ/POSCH 2017c.
Herbert Posch