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Artur Lourié

Geb. am: 22. April 1904
Fakultät: Philosophische Fakultät
Kategorie: Vertriebene Studierende

Artur (Arthur) LOURIÉ, geb. am 22. April 1904 in Pinsk/Polen [Weißrussland] (heimatberechtigt in Pinsk/Polen, Staatsbürgerschaft 1938: Polen), Sohn von Dr. Alexander Lourié (1861 Pinsk–1924 Berlin, Fabrikant) und Natalie Lourié, geb. Wahl aus Königsberg [Kaliningrad]. Er wohnte mit seiner Familie in Wien 19., Nedergasse 21, später in Wien 19, Vegagasse 21. Artur Lourié studierte ab 1924/25 mit Unterbrechnnugen bis Wintersemester 1927/28 und war nach einer längeren Studienunterbrechung zwischen 1928 und 1935 seit Wintersemester 1935/36 wieder durchgehend an der Univerität Wien inskribiert. Er war zuletzt im Sommersemester 1938 an der Philosophischen Fakultät im 11. Studiensemester inskribiert, und belegte schwerpunktmäßig Vorlesungen in Botanik bei Fritz Knoll und in Urgeschichte bei Oswald Menghin.
Er gab als Muttersprache deutsch und als Volkszugehörigkeit anfangs polnisch, später deutsch an. Die Familie Lourié zog wahrscheinlich noch in seiner frühesten Kindheit nach Wien.

Er wurde im Nationalsozialismus nach dem "Anschluss" aus rassistischen Gründen gezwungen, das Studium abzubrechen und die Universität Wien zu verlassen.

Artur Lourié hatte in der Synagoge in Wien Währing 1932 die aus Budapest/Ungarn stammende spätere Juristin Marianne Rosa Weiß (1911–1960), Tochter eines bekannten Baumeisters und Zivilingenieurs, geheiratet. Am 11. März 1933 wurde ihre Tochter Suzanna Elisabeth (Ezzy, gesch. Jetter, 1933-2008) und am 30. Juni 1936 Tochter Brigitta Dorothea (verh. Fisher) in Wien geboren.

Artur Lourié war als Industrieller im Familienunternehmen Lourié & Co tätig, das von seinem Vater Alexander und dessen Bruder Leopold Lourié (1859 Pinsk–1938 London) 1899 in Wien gegründet worden war, die erste maschinelle Sperrholzverarbeitungsfabrik in Österreich. Das Unternehmen mit der Fabrik in Wien 10., Bernhardstalgasse 36 (err. 1910 von Arch. Ludwig Schwanberg und Wilhelm Klingenberg jr.) wurde 1938 durch SS-Oberstandartenführer Eduard Pötzl enteignet ("arisiert") und als "Pölzl u. Weigensamer Holzwerke" weitergeführt. Die beiden hatten eine Kunstsammlung, für die sie aber keine Ausfuhrgenehmigung erhielten und die ebenfalls enteignet ("sichergestellt") und von der Zentralstelle für Denkmalschutz übernommen wurde.

Die Familie Lourié musste aus Wien flüchten und es gelang ihnen noch rechtzeitig im Juli 1938, nach London zu emigrieren. Neben Arthur und Marianne Lourie waren das seine Mutter Nathalie Lourie, seine Schwiegereltern, sein Bruder Martin sowie seine Schwester Paula Strauß, geb. Lourié mit ihrem Mann Jules Straus. Ein Großteil der Familie emigrierte schon bald darauf weiter nach Kanada, wo man hoffte, wieder im Holzgeschäft Fuß fassen zu können. Arthur Lourié blieb vorerst noch in Großbritannien, um sich vor Ort in London noch um die Abwicklung des Internationalen Verkaufsbüro des enteigneten Familienunternehmens zu kümmern. Er wollte Anfang September 1939 nach Kanada nachkommen und legte an Bord der SS Athenia am 3. September 1939 von Liverpool in Richtung Montreal ab, dem letzten Passagierschiff, dass Europa nach Beginn des Zweiten Weltkriegs noch verließ. Am selben Tag hatte Großbritannien aufgrund des deutschen Überfalls auf Polen Deutschland den Krieg erklärt. Das Schiff wurde aber in der Nacht vom 3. auf den 4. September 1939 rund 250 Seemeilen vor der Nordwestküste von Irland vom deutschen U-Boot U-30 torpediert und versenkt. Von den etwa 1.100 Menschen an Bord verstarben 118, viele von ihnen waren Zivilisten.

Artur Lourié starb am 4. September 1939 im Alter von 35 Jahren im Atlantik.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1937–1938; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 432; Österreichisches Staatsarchiv OeStA/AdR/EuRang /VVSt/VA 2986 (Leopold Lourié), 28502 (Leopold Lourié), 9508 (Anton Lourié); Anton LOURIÈ, Die Familie Lourié (Luria), Wien 1923; Sophie LILLIE, Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens, Wien 2003.706-711; https://www.proveana.de/de/person/lourie-arthur; Industrie-Compass Österreich 1925/26, S. 1249; Familienfilm 1929 (Onkel Leopold, Fabrik, Geburtstagsfeier) im USHMM; .


Herbert Posch & Isabella Schneider


Arthur Lourié (1904-1939)

Nationale von Artur Lourié, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Vorderseite), Foto: Herbert Posch © Archiv der Universität Wien

Nationale von Artur Lourié, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Rückseite), Foto: Herbert Posch © Archiv der Universität Wien

Nationale von Artur Lourié, Sommersemester 1938 (Vorderseite), Foto: Herbert Posch © Archiv der Universität Wien

Nationale von Artur Lourié, Sommersemester 1938 Foto: Herbert Posch © Archiv der Universität Wien
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