Geb. am: | 12. April 1916 |
Fakultät: | Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien |
Kategorie: | Vertriebene Studierende |
Hans Erich LINDNER, geb. am 12. April 1916 in Debreczen, Ungarn/Österreich-Ungarn [Ungarn|Magyarország] (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Sohn von Dr.med. Karl Lindner (Zahnarzt, 1888-1943) und Martha, geb. Lipiner (1890-?, nach Scheidung in 2. Ehe mit dem "Arier" Viktor Maschin, verheiratet), wohnte nach der Scheidung der Eltern 1929 weiter bei seinem Vater in Wien 13 (heute: 14), Diesterweggasse 32/I/5, war zuletzt im Sommersemester 1938 an der Medizinischen Fakultät im 6. Studiensemester inskribiert. Das Semester wurde ihm aber zynischerweise wegen "mangelnder Frequenz" (also unregelmäßiger Vorlesungsbesuch – allerdings war jüdischen Studierenden das Betreten der Universitätsgebäude gleichzeitig verboten) nicht als gültiges Semester anerkannt.
Er wurde im Nationalsozialismus nach dem "Anschluss" aus rassistischen Gründen gezwungen, das Studium abzubrechen und die Universität Wien zu verlassen (Abgangszeugnis vom 19. Mai 1938).
Hans Erich Lindner musste aus Österreich fliehen und versuchte im Mai 1938 mit seiner Mutter Martha Maschin, gekündigter Schneiderin und seinem Stiefvater Viktor Maschin, gekündigtem Handelsvertreter, in die Niederlande auszuwandern, oder nach Belgien, England, Argentinien, Uruguay, USA oder Palästina – letztendlich gelang es ihm, nach England zu emigrieren.
Seinem leiblichen Vater Karl Lindner, der 1914 an der Universität Wien zum "Dr.med." promoviert und dann bis zum "Anschluss" 1938 in Wien Hietzing als Zahnarzt gearbeitete hatte, wurde die Arztpraxis entzogen. Er konnte aber noch in die Niederlande (Utrecht) emigrieren, wurde aber nach dem Deutschen Überfall auf die Niederlande dort im August 1942 verhaftet, im Durchgangs- bzw. KZ-Sammellager Westerbork interniert und am 19. Oktober 1943 von Westerbork in das Konzentrationslager Auschwitz [Oświęcim] im deutsch besetzten Polen deportiert und dort gleich nach der Ankunft am 22. Oktober 1943 ermordet.
Hans Erich Lindner tauchte bei der Volkszählung im September 1939 mit der Berufsbezeichnung "arbeitslos, ehem. Medizinstudent" in 22, Callow street, in Chelsea, London, England, auf und wurde im Oktober 1939 von der sonst üblichen Registrierung als "enemy alien" ausgenommen und nicht in einem Lagre interniert.
Sein Studium konnte er unter den Bedingungen der Emigration aber nicht mehr wieder aufnehmen und abschließen. Er lebte und arbeitete als John E. Lindner dann lange als Labortechniker in Fulham, Middlesex (Greater London), England, wo er bereits im September 1941 auch Doris Margaret Tyler (1906-1984) geheiratet hatte, mit der er einen Sohn, John Eric, hatte. Nach dem Tod seiner Frau lebte er bis zuletzt in Epsom, Surrey (Greater London), England.
John Eric Lindner, geb. Hans Erich Lindner, starb im Alter am 25. August 1996 in Surrey, England und er ist beigesetzt am anglikanischen Epsom Cemetery.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1937–1938; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 430; www.genteam.at; www.ancestry.de; www.myheritage.at; collections.arolsen-archive.org; freundlicher Hinweis von Edith Heller, Wien 09/2022.
Herbert Posch