Judith Kohn (verh. Braude)
Geb. am: |
12. Jänner 1917 |
Fakultät: |
Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien |
Kategorie: |
Vertriebene Studierende |
Judith KOHN (verh. BRAUDE), geb. am 12. Jänner 1917 in Szentgotthárd, Ungarn/Österreich-Ungarn (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Tochter von Dr. Kolomann Kohn (Rechtsanwalt) und Paula Kohn (geb. Pinter). Sie absolvierte ihre Schulzeit noch in Ungarn und maturierte in Szentgothart und kam dann ab 1936 zu ihren Eltern nach Wien 5, Schönbrunner Straße 84 um an der Universität Wien Medizin zu studieren. Sie war zuletzt im Wintersemester 1937/38 an der Medizinischen Fakultät im 3. Studiensemester inskribiert (Wintersemester 1937/38 wurde ihr am 8. Februar 1938 als gültig angerechnet, Abgangszeugnis vom 5. Oktober 1938).
Judith Kohn mußte aus Wien flüchten und konnte die verbleibende Zeit in Wien noch als Krankenschwester im Rothschildspital arbeiten und versuchte mit Kursen für Säuglingspflege oder auf für Nähen sich noch möglichst viele Kenntnisse anzulernen um mehr Möglichkeiten für die Emigration zu haben. Ende August 1938 gelang es ihr, nach mehreren erfolglosen Versuchen, illegal in die Schweiz einzureisen, wo sie mit ihrem Wiener Verlobten,
Jefim Braude (1914-1990), dem Bruder ihrer Freundin und Studienkollegin
Dina Braude Rappaport (1915-1990) wieder zusammentraf und sofort weiter nach Frankreich emigrieren konnte wo sie nach einem Umweg über Paris vorerst gemeinsam in Montpellier lebten, eine Aufenthaltsbewilligung und eine Papiere erhalten konnten und am 25. Mai 1939 auch heirateten. Ihr Mann, der seinr Wiener Chemiestudium abbrechen musste, konnte den "kleinen Ingenieur" in Montpellier machen und Judith Braude konnte zwei Semester Medizin weiter studieren.
Im September 1939 konnten sie in Marseilles/Frankreich endlich beide ein Einreisevisum in die USA erhalten, da ihr Mann in Minsk geboren war und nun beide in die russische USA-Einreisequote fielen, die weit bessere Chancen hatte als die völlig überlastete österreichische Einreisequote. Nachdem ihr Mann kurzfristig interniert wurde konnten sie von Marseille aus am 6. Oktober 1939 mit der SS Exeter legal nach New York, NY/USA emigrieren, wo sie am 18. Oktober 1939 ankamen. Ihr Onkel, Leopold Pinter, lebte dort bereits in Brooklyn. Sie lebten anfangs mit ihrem
Schwager und
Schwägerin und sechs anderen in Untermiete in Central Park West zur Untermiete, sie konnte als Nacht-Krankenschwester rasch Arbeit in der privaten Krankenbetreuung finden, später auch in der Tagespflege und daneben in einem Labor eines kleinen Spitals und als Ordinationshilfe eines aus Österreich emigrierten Internisten und schließlich als Laborantin an der New York University Medical School als Laborantin, während ich Mann als Industriechemiker lange zeit arbeitslos war. Es ist ihr aber trotz vieler Bemühungen nicht gelungen, in den USA ihr Medizinstudium fortsetzen und abschließen zu können. Sie lebten dann in Manhattan, New York, NY, 122 W. 90th str. und erhielten im März 1945 die US-Staatsbürgerschaft. Es war ihr aber nicht mehr gelungen, ihre Eltern aus Wien herauszuholen und sie wurden deportiert und ermordet. Obwohl sie sich in den USA gut eingelebt hatte, folgte sie dem dringenden Rückkehrwunsch ihres Mannes und beide kamen nach Kriegsende wieder nach Wien zurück.
Judith Braude ging erst noch für ein Jahr nach Paris/Frankreich und studierte dort auch noch zwei Semester Medizin, während ihr Mann noch als Angehöriger der US-Army in Deutschland stationiert war. 1947 kamen dann beide gemeinsam nach Wien zurück und sie inskribierte wieder an der Universität Wien und konnte 1949 zur "Dr.med."promovieren.
Das Paar adoptierte eine Tochter und Judith Braude arbeitete im Spital und baute sich später eine eigene Allgemeinärztliche Praxis auf. Zahlreiche antisemitischen Erfahrungen in der Arbeit wie im Privatleben im NAchkriegs-Wien haben ihren die Rückkehr nach Wien nicht leichter gemacht.
Dr. Judith Braude, geb. Kohn, starb am 13. Dezember 2011 in Wien.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1937-1938; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 368, 419.
Herbert Posch