Friedrich Wilhelm König
Geb. am: |
07. Jänner 1897 |
Fakultät: |
Philosophische Fakultät |
Kategorie: |
Vertriebene WissenschafterInnen |
Friedrich Wilhelm KÖNIG, geb. am 7. Jänner 1897 in Adlerkosteletz, gest. am 5. Februar 1972 in Wien, war 1938 Privatdozent für Geschichte (Geschichte des alten Vorderasiens) an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien.
Er wurde im Nationalsozialismus aus "rassischen" Gründen verfolgt und 1938 seines Amtes enthoben und von der Universität Wien vertrieben.
König, Sohn eines Bahnadjunkten, besuchte das k. k. Staatsgymnasium im 19. Wiener Gemeindebezirk und rückte nach der Reifeprüfung im März 1915 – als Teil des k. u. k. Infanterieregiments Erzherzog Rainer Nr. 59 – als Freiwilliger in den Ersten Weltkrieg ein. Nach der Reserveoffiziersprüfung meldete sich König freiwillig an die russische Front und wurde im weiteren Kriegsverlauf – bei einem Patrouilleunternehmen – schwer verwundet: Er verlor sein linkes Bein
[1] wie auch ein Auge
[2] und war damit frontdienstuntauglich. Zwar versuchte er eigenen Angaben zufolge noch als Kampfflieger zum Einsatz zu kommen, letztlich wurde er aber als Leutnant rückwirkend per 1. März 1917 in den Ruhestand versetzt. Bereits im Wintersemester 1916/17 hatte König an der Universität Wien inskribiert, an der er sich nun auf sein Studium konzentrierte. König widmete sich u. a. dem Sanskrit, der Iranistik, der Arabistik, der semitischen Epigraphik, der Anthropologie und der Ethnologie.
[3] Seine Rigorosen legte er im Hauptfach "Geschichte des Orients und seine Hilfswissenschaften" und im Nebenfach "iranische Sprach- und Altertumskunde" ab, um im Februar 1921 zum Dr. phil zu promovieren (Dissertation: "Zwei altelamische Stelen"). Noch vor Studienabschluss, im April 1920, war König in den Staatsdienst (Invalidenentschädigungskommission in Wien) eingetreten, wo er drei Jahre lang tätig war. Im Juni 1923 wechselte er als Unterstaatsbibliothekar in die Nationalbibliothek. Unterdessen trat König auch mit einer Reihe wissenschaftlicher Arbeiten hervor und publizierte v. a. zur Geschichte Elams und Irans, was ihm 1931 die Habilitation für Geschichte des alten Vorderasiens an der Universität Wien einbrachte.
[4] Noch im Dezember 1937 beantragte die philosophische Fakultät die Verleihung des Titels eines ao. Prof. für König, wobei das Verfahren ob der Machtergreifung des Nationalsozialismus zu keinem Abschluss mehr kam.
[5]
Seine Tätigkeiten an der Nationalbibliothek wie auch an der Universität Wien musste König nun aufgeben, da er gemäß NS-Rassendoktrin als "Mischling 1. Grades" galt.
[6] Im April 1938 wurde er seines Amtes an der Universität Wien enthoben, wobei der Dekan der philosophischen Fakultät ob Königs Stellung als Kriegsinvalide zuvor um "weitgehende Nachsicht" gebeten hatte.
[7] König war auch Träger der Silbernen Tapferkeitsmedaille I. Klasse.
[8] Mit Ende des Monats Juni 1939 wurde er schließlich als Staatsbibliothekar I. Klasse in den Ruhestand versetzt,
[9] was auch die Entfernung aus dem Personal der Universität Wien mit sich brachte.
[10] Einer beruflichen Tätigkeit konnte er in der Folge offenbar nicht mehr nachgehen. Der angeführte Dekan, Viktor Christian, versuchte König indes 1939 für eine Forschungsreise nach Behistun – zur Erforschung der dortigen Felsinschriften – heranzuziehen. Der Verfasser des Buchs der Darius-Inschriften, so Christian, sei trotz seiner Kriegsverletzungen auch "ein ausgezeichneter Hochtourist".
[11] Das Ergebnis zur Anfrage findet sich leider nicht in den Akten.
Aufgrund seiner Schädigung durch die Nationalsozialisten konnte König nach Kriegsende äußerst rasch an seine alten Positionen zurückkehren. Bereits am 16. April 1945 trat er seinen Dienst an der Nationalbibliothek an, und fungierte vorerst auch als provisorischer Stellvertreter des Direktors der Nationalbibliothek, und zwar bis 19. Juli 1945, als der ehemalige Generaldirektor Josef Bick zurückkehrte.
[12] Einen Monat später folgte bereits die Ernennung zum Oberstaatsbibliothekar, und zwar mit Wirkung vom 27. April 1945,
[13] während die Wiederaufnahme in den Dienststand durch das Bundesministerium für Unterricht mit Erlass vom 12. Mai 1946 dokumentiert ist.
[14] Indessen konnte König auch an der Universität Wien seine Vorlesungstätigkeit wieder aufnehmen,
[15] und bereits im Juli 1945 beantragte die philosophische Fakultät eine Professur Königs für die Sprachen und Völker des alten Vorderasiens sowie für Geschichte und Altertumskunde des alten Orients.
[16] Die vom entlassenen Viktor Christian vertretene Lehrkanzel für altsemitische Philologie und orientalistische Archäologie sollte demgemäß ausgedehnt werden. König, so heißt es im Antrag, beherrschte "nicht nur die sprachlichen sondern auch die historischen Disziplinen vom alten vorderen Orient vorzüglich". Abgesehen von der wissenschaftlichen Kompetenz fand auch "der freundliche Kontakt [...], den er in einer ganz eigenartigen, überaus anregenden Art und Weise mit seiner Hörerschaft unterhält", Erwähnung.
[17] Von einer letztendlichen Verleihung des Ordinariats, für welches König primo et unico loco vorgeschlagen worden war, findet sich in den Akten bzw. in den biographischen Lexika kein Hinweis. Jedenfalls fungierte er ab 1948 als Honorarprofessor.
[18]
Von langer Dauer sollte Königs Lehrtätigkeit nach Kriegsende aber nicht mehr sein: Den Gelehrten plagten zunehmend gesundheitliche Beschwerden, die insbesondere mit seiner Beinamputation aus dem Ersten Weltkrieg zu tun hatten. V. a. in den Jahren 1949 und 1950 war König nur in sehr eingeschränktem Ausmaß arbeitsfähig,
[19] weshalb er um seine Pensionierung ansuchte.
[20] Er trat mit 30. September 1951 in den dauernden Ruhestand.
[21]
Zu Königs wichtigsten Werken zählen u. a. "Der Burgbau zu Susa" (1930), "Älteste Geschichte der Meder und Perser" (1934) sowie "Der falsche Bardija" (1938).
[22] Er galt als versierter Historiker des alten Orients, der sich in seinen Forschungen stets die philologischen Kenntnisse aneignete, bevor er sich mit einem Thema wissenschaftlich auseinandersetze. U. a. gelang ihm eine grundlegende Deutung des Reliefs und der Inschrift des Königs Dareios I., mit der König auch Wesentliches zur Kenntnis des Achämeniden-Reiches leistete.
[23]
Lit.: Bundesarchiv Berlin/NS 21/1791; Österreichisches Staatsarchiv/AdR, BKA, BBV; Österreichisches Staatsarchiv/AdR, PA; ÖStA/AVA, PA; Archiv der Universität Wien/PH PA 2245; ; MÜHLBERGER 1993, 43; Kürschners deutscher Gelehrtenkalender. Bio-bibliographisches Verzeichnis deutschsprachiger Wissenschaftler der Gegenwart, Bd. 7, München 1950; TEICHL 1951.
[1] UA, PA, fol. 104, Curriculum vitae, o. D.
[2] BArch, NS 21/1791, "Aktenvermerk für den Kurator", 12. 4. 1939 (Unterschrift des Verfassers, eines SS-Sturmbannführers, unleserlich, Anm.).
[3] UA, PA, fol. 104, Curriculum vitae, o. D.
[4] ÖStA/AVA, PA, BMU GZ 25470-I/2-1931, Habilitationsansuchen 1931, o. D.
[5] ÖStA/AdR, PA, Curriculum vitae, 5. 8. 1945.
[6] Vgl. UA, PHIL GZ 659-1937/38, O.-Nr. 140, PHIL Dekanat an das Österreichische Unterrichtsministerium, 2. 5. 1938. Allerdings berichtete König selbst in seinem Lebenslauf nach Kriegsende von der "jüdische[n] Abstammung [s]einer Mutter". Vgl. ÖStA/AdR, PA, Curriculum vitae, 5. 8. 1945
[7] UA, PHIL GZ 659-1937/38, O.-Nr. 140, PHIL Dekanat an das Österreichische Unterrichtsministerium, 2. 5. 1938.
[8] Ebd., Personenstandesblatt, 5. 8. 1945.
[9] ÖStA/AdR, BKA, BBV, Der Staatskommissar beim Reichsstatthalter/Otto Wächter an König, 5. 6. 1939.
[10] ÖStA/AdR, PA, Curriculum vitae, 5. 8. 1945.
[11] BArch, NS 21/1791, "Aktenvermerk für den Kurator", 12. 4. 1939 (Unterschrift des Verfassers, eines SS-Sturmbannführers, unleserlich, Anm.).
[12] ÖStA/AdR, PA, Curriculum vitae, 5. 8. 1945 (bei Personenstandesblatt).
[13] Ebd., Dekret des Bundespräsidenten.
[14] Ebd., BMU an König, 12. 5. 1946 (Abschrift).
[15] Ebd., 2. Mappe, BMU GZ 15066-III/7-46, Antragsformular zur Ernennung zum Oberstaatsbibliothekar, 14. 3. 1946.
[16] Ebd., Staatsamt für Volksaufklärung GZ 4019 III/4/45, PHIL Dekanat an Staatsamt für Volksaufklärung, 13. 8. 1945. König war im Übrigen primo et unico loco vorgeschlagen worden. Vgl. ebd., Antragsformular.
[17] Ebd., Staatsamt für Volksaufklärung GZ 4019 III/4/45, Antragsformular.
[18] Kürschners deutscher Gelehrtenkalender. Bio-bibliographisches Verzeichnis deutschsprachiger Wissenschaftler der Gegenwart. Band 7, München 1950.
[19] ÖStA/AdR, PA, 2. Mappe, BMU GZ 31.208-I-1/51, Fachärztliches Zeugnis von Primarius Josef Riese, 23. 4. 1951. Vgl. ebd., 15.531-IX/B/1959, Vermerk; ebd., BMU GZ 31.208-I-1/51, Ärztliche Bestätigung der internen Abteilung (städtische Poliklinik), 26. 4. 1951.
[20] ÖStA/AdR, PA, BMU GZ 31.208-I-1/51, Vermerk, o. D.
[21] Ebd., BMU GZ 58.936/Präs. III-B/1951, Vermerk, o. D.
[23] ÖStA/AdR, PA, 2. Mappe, Staatsamt f. VA GZ 4019 III/4/45, PHIL Dekanat an Staatsamt f. VA (Bericht von Herbert Duda), 19. 7. 1945.