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Otto Knoller

Geb. am: 05. April 1913
Fakultät: Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien
Kategorie: Vertriebene Studierende
Otto KNOLLER, geb. am 5. April 1913 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), war der älteste Sohn von David Knoller (geb. am 3. Jänner 1882 in Dynow/Polen, Buchhalter) und dessen Ehefrau Manja (Marie) geb. Bodek (geb. am 5. August 1885 in Lemberg/Polen). Gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Brüdern Erich (Eric) (geb. 1919) und Alfred (Freddie) (geb. 1921) wohnte er in Wien 2, Untere Augartenstraße 38/19. Er spielte seit dem 5. Lebensjahr Piano, gemeinsam mit seinen Brüdern trat er später auch im Rahmen von Kammermusikkonzerten als "Trio der Brüder Knoller" auf.
Nach der Reifeprüfung 1932 an einem Realgymnasium in Wien, begann er ein Studium der Medizin an der Universität Wien und studierte gleichzeitig am Konservatorium. Ab 1933 geriet die Musik zugunsten seines Medizinstudiums immer mehr in den Hintergrund.Er war zuletzt im Wintersemester 1937/38 an der Medizinischen Fakultät im 10. Studiensemester inskribiert (Absolutorium ausgestellt am 15. Juli 1938).  Nach dem "Anschluss" 1938 konnte Otto Knoller sein Studium an der Universität Wien nicht mehr fortsetzen. In Wien organisierte er eine Kursreihe für Musiker, die von Klassik zu Jazz wechseln wollten, da man sich in diesem Genre bessere Arbeitsmöglichkeiten in der Emigration erwartete (als Musiker in Diners, Bars o.ä.).
Sein Bruder Eric Knoller erhielt ein Affidavit für die USA und konnte im November 1938 nach Florida emigrieren. Sein jüngerer Bruder Freddie Knoller flüchtete im selben Monat illegal (ohne Reisepass) über die Niederlande und Belgien nach Frankreich, wo er im Untergrund lebte und als Chellospieler arbeitete. Nach der Besetzung von Paris durch die Deutsche Wehrmacht wurde er 1940 festgenommen und nach Auschwitz deportiert, wo er Zwangsarbeit für die Firma IG Farben leisten musste. 1944 wurde er in das Konzentrationslager Bergen-Belsen gebracht, wo er 1945 die Befreiung erlebte. Otto Knoller selbst versuchte auch illegal in die Niederlande zu flüchten, wurde jedoch wenige Tage später in Amsterdam festgenommen und bei Venlo über die Grenze in das Deutsche Reich zurückgeschickt. Er kehrte zunächst nach Wien zurück. Sein Vater, der seit 1938 bei der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) arbeitete, organisierte für ihn die Möglichkeit, im April 1939 mit einem Transport von 1.500 jungen Männern nach Großbritannien zu emigrieren. Dort wurde er zunächst gemeinsam mit 3.000 jüdischen Männern im Flüchtlingslager "Kitchener Camp" in Richborough/Südengland untergebracht, wo er das folgende Jahr verbrachte. Im Kitchener Camp gründete Otto Knoller ein großes Orchester, das mehrmals pro Woche mit dem Orchester des Auxiliary Military Pioneer Corps für Spendensammlungen für die Kriegskasse Großbritanniens auftrat.
Mit seinen Eltern hielt er noch über mehrere Jahre engen Briefkontakt und versuchte ihnen die Emigration zu ermöglichen – jedoch vergeblich. Sein Vater arbeitete weiterhin bei der IKG, bis beide Eltern am 1. Oktober 1942 in das Ghetto Theresienstadt [Terezín/Tschechische Republik] deportiert wurden. Am 19. Oktober 1944 wurden sie von dort weiter in das KZ Auschwitz [Oswiecim/Polen] überstellt, wo sie wenig später ermordet wurden. Über einen Verwandten einer ehemaligen Nachbarin in Wien in Florida, der während des Zweiten Weltkriegs zahlreichen Flüchtlingen die Emigration ermöglichte, erhielt Otto Knoller ein Affidavit für die USA. Nach etwa einem Jahr im Flüchtlingslager konnte er damit weiter in die USA emigrieren und reiste am 18. April 1940 mit dem Schiff "Volenda" nach New York. In New York angekommen mietete er kleines Zimmer in Washington Heights im Norden Manhattans, wo zahlreiche jüdische EmigrantInnen lebten. Seinen Lebensunterhalt verdiente er zwischen 1940 und 1943 als Pianist.
Um seine medizinischen Studien abzuschließen, bewarb er sich bei zahlreichen Universitäten. Amerikanische Universitäten waren bereit, ihm einen großen Teil seiner Studien in Wien anzurechnen, sodass er nur noch ein Jahr zum Abschluss benötigt hätte, keine medizinische Fakultät nahm ihn jedoch für nur ein Jahr auf. Auf Ratschlag eines Freundes bewarb er sich schließlich an der Middlesex University in Boston, Massachusetts, absolvierte dort den gesamten Lehrplan der Medizin innerhalb eines Jahres und graduierte im November 1944 zum M.D. Da es sich bei dieser Universität allerdings um eine "B-Grade-School" handelte, erhielt er keine Zulassung als Arzt im Bundesstaat New York. Da er in New York bleiben wollte, absolvierte er in den folgenden Monaten zunächst zahlreiche Praktika und Facharztausbildungen an diversen Krankenhäusern in New York. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erhielt er eine Nachricht von der Universität Wien, dass er sein 1938 abgebrochenes Studium jederzeit fortsetzen und abschließen könne. Er entschied sich jedoch in die Schweiz zu gehen und wurde auf Basis der Wiener Studien an der Universität Bern für ein Jahr zugelassen. 1947 konnte er sein Medizinstudium abschließen und zum zweiten Mal zum Doktor der Medizin promovieren. Über Vermittlung des Roten Kreuzes sah er in der Schweiz zum ersten Mal seinen Bruder Freddie Knoller wieder, der seit 1940 in Konzentrationslagern überlebt hatte. 1947 besuchte er zum ersten und letzten Mal seine Geburtsstadt Wien. Zurück in New York City wohnte Otto Knoller zunächst in der Bronx, erhielt wenig später seine Zulassung als Arzt und eröffnete 1948/49 eine Arztpraxis in Brooklyn, wo er seither lebte.
Am 12. Juni 1949 heiratete er in New York seine Frau Lotte, die er über einen ehemaligen Studienkollegen in Wien kennengelernt hatte.  Das Paar bekam drei Kinder: Judith Knoller, Mark Knoller (Korrespondent für CBS im Weißen Haus) und Cindy verh. Balboa (Laborantin). Otto Knoller ging 1995 nach 48 Jahren Praxis als Arzt in Pension, besuchte jedoch auch nach seiner Pensionierung noch regelmäßig medizinische Fortbildungskurse, um sich auf dem Laufenden zu halten. Daneben spielte er noch bis ins hohe Alter für wohltätige Zwecke Piano und andere Musikinstrumente. Er starb am 14. Dezember 2011 im Alter von 98 Jahren in New York.
Lit.: Interview mit Otto Knoller, 14.02.1995, New York (Interviewer: Noga Garrisson), USC Shoah Foundation Institute for Visual History and Education, University of Southern California, Interview 966Nachruf, in: New York Times 17.12.2011Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW): Datenbank Shoah-Opfer (David und Marie Knoller)
KNIEFACZ/POSCH 2017a.

Katharina Kniefacz


Nationale von Otto Knoller, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Otto Knoller, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Otto Knoller, New York 1995 (c) Interview 966 USC Shoah Foundation Institute for Visual History and Education, University of Southern California

Otto Knoller mit seinen Eltern und seinen Brüdern Alfred Knoller (Mitte) und Erich Knoller (rechts), Wien 1937 (c) Interview 966 USC Shoah Foundation Institute for Visual History and Education, University of Southern California
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