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Rudolf Kernau

Geb. am: 02. September 1919
Fakultät: Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien
Kategorie: Vertriebene Studierende

Rudolf KERNAU, geb. am 2. September 1919 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Sohn von Dr. Rudolf Kernau sen. (1888-1975, Zahnarzt) und der Theresia (geb. Rögler, 1890-1968), wohnte in Wien 1, Dr. Karl Lueger-Ring 10 und hatte im Sommer 1937 am Realgymnasium in Wien 8 (Albertgasse 18-22) maturiert und im Wintersemester 1937/38 sein Medizinstudium begonnen. Er war im Wintersemester 1938/39 an der Medizinischen Fakultät im 3. Studiensemester inskribiert (Wintersemester 1938/39 wurde ihm am 19. April 1939 als gültig angerechnet).

Nach dem "Anschluss" 1938 wurde er aus rassistischen Gründen als sogenannter "Mischling 2. Grades" verfolgt, konnte aber vorläufig – bei jederzeitigem Widerruf – sein Studium noch fortsetzen. Am 5. April 1940 konnte er auch das Erste Rigorosum erfolgreich ablegen.

Ab dem 1. Trimester 1940 musste er, wie alle "Mischlinge", ein Gesuch an das Reichserziehungsministerium Berlin um weitere Studienzulassung stellen  Der zuständige Dekan, hier der Medizinischen Fakultät, Prof. Eduard Pernkopf, mußte ein Gutachten erstellen, das "insbesondere auf den persönlichen Eindruck über die Persönlichkeit und das Aussehen des Gesuchstellers einzugehen [hatte]. Dabei ist zu erwähnen, ob und inwieweit Merkmale der jüdischen Rasse beim Gesuchsteller äußerlich erkennbar sind." [Erlass des Reicherziehungsministeriums, 5. Jänner 1940]. Dementsprechend stellte Prof. Pernkopf am 27. April 1940 fest: "Rudolf Kernau ist Mischling II. Grades; wenig Jüdisches Aussehen."

Das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung entschied am 19. Juni 1940 (Erlass W F 2541), dass er vom Reichsinnenministerium nur unter dem Vorbehalt zu den ärztlichen Prüfungen zugelassen wurde, dass er dadurch KEINEN Anspruch auf die Berufsausübung ("Bestallung") als Arzt erwirbt.
Diese würde erst dann erfolgen, wenn mit Dokumenten nachgewiesen worden ist, dass nur eine/r der vier Großeltern jüdischer Abstammung sei (Ahnenpass, Ahnennachweis) und eine weitere Überprüfung der politischen und sittliche Zuverlässigkeit von ihm selbst sowie seiner gesamten Familie im nationalsozialistischen Sinne positiv ausfalle.

Mit dieser Auflage wurde er auch zum zweiten und dritten Rigorosum zugelassen und konnte schließlich sein Studium am 20. Juli 1943 noch mit der Promotion zum "Dr. med. univ." abschließen. Der Passus über die bedingte Zulassung zum Arztberuf findet sich bei ihm - anders als sonst üblich - im Promotionsprotokoll allerdings nicht vermerkt. Ob er in der Zeit des Nationalsozialismus auch als Arzt praktizieren durfte, ist nicht mit Sicherheit festzustellen.

Nach dem Ende des Nationalsozialismus konnte er am 13. Juli 1946 auch seine zahnärztliche Facharztausbildung abschließen und eine Ordination in Wien 9., Währinger Straße 2 eröffnen (er wohnte in Währinger Straße 5).

Er starb am 23. Jänner 2002 in Wien und ist am Friedhof Hernals bestattet.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1937-1939; Promotionsprotokoll MED 1943, Nr 814, MED S 51.1, MED S 51.2, MED GZ 1115 ex 1939/40, Rektorat GZ 944 ex 1939/40/41, Rektorat GZ 97/II ex 1943/44; freundlicher Hinweis von Dr.in Barbara Sauer, Wien 07/2019; REITER-ZATLOUKAL/SAUER 2023; Verstorbenensuche Friedhöfe Wien.


Herbert Posch


Rudolf Kernau, Nationale Medizinische Fakultät, Wintersemester 1937/38, 1. Formular, Vorderseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Rudolf Kernau, Nationale Medizinische Fakultät, Wintersemester 1937/38, 1. Formular, Rückseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Rudolf Kernau, Nationale Medizinische Fakultät, Wintersemester 1937/38, 2. Formular, Vorderseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Rudolf Kernau, Nationale Medizinische Fakultät, Wintersemester 1937/38, 2. Formular, Rückseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Rudolf Kernau, Nationale Medizinische Fakultät, Sommersemester 1938, 1. Formular, Vorderseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Rudolf Kernau, Nationale Medizinische Fakultät, Sommersemester 1938, 2. Formular, Rückseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Rudolf Kernau, Nationale Medizinische Fakultät, Sommersemester 1938, 2. Formular, Vorderseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Rudolf Kernau, Nationale Medizinische Fakultät, Sommersemester 1938, 2. Formular, Rückseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Rudolf Kernau, Nationale Medizinische Fakultät, Wintersemester 1938/39, 1. Formular, Vorderseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Rudolf Kernau, Nationale Medizinische Fakultät, Wintersemester 1938/39, 1. Formular, Rückseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Rudolf Kernau, MED Promotionsprotokoll 1943, Nr. 814 © Archiv der Universität Wien M 33.14

Rudolf Kernau, 1940, © Archiv der Universität Wien
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