Geb. am: | 11. Dezember 1915 |
Fakultät: | Philosophische Fakultät |
Kategorie: | Vertriebene Studierende |
Franziska KARPELES (verw. WEINFELD [WELDON]; Frances HOFFMAN), geb. am 11. Dezember 1915 in Wien/Österreich-Ungarn (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Tochter von Georg Karpeles (Kaufmann, 1880–1939) und Elsa ("Elly"), geb. Neumann (1894–1942), wohnte in Wien 9., Garnisongasse 1. Sie hatte am 19. Juni 1934 am Vereinsrealgymnasium für Mädchenunterricht VIII (Wien 8., Albertgasse 38) die Reifeprüfung (Matura) erfolgreich abgelegt und begann im Wintersemester 1934/35 an der Universität Wien zu studieren und war zuletzt im Sommersemester 1938 an der Philosophischen Fakultät im 8. und letzten Studiensemester inskribiert und belegte Vorlesungen in Anglistik und Geschichte, hatte aber nicht den Plan, Lehrerin, sondern eher Journalistin zu werden oder eine internationale Karriere aufzubauen.
Sie meldete sich am 18. Februar 1938 zu den Abschlussprüfungen ("Rigorosen") an, durfte aber nach dem "Anschluß" im März nicht mehr antreten und wurde im Nationalsozialismus aus rassistischen Gründen gezwungen, das Studium abzubrechen und die Universität Wien zu verlassen.
Sie musste aus Wien fliehen und konnte vorher am 13. Juli 1938 im Wiener Stadttempel noch ihren Verlobten Gustav Richard Weinfeld (1914–1975, Industriechemiker) heiraten: Das Paar gelangte per Flugzeug nach Zürich zu Verwandten des Ehemanns, um dann nach London/England weiterzureisen mit dem Ziel, nach Australien zu emigrieren. Nach einigen Monaten gelang es ihnen, am 11. November 1938 von Liverpool mit der SS Duchess of Bedford nach Montreal, Quebec/Kanada zu reisen und dann von Vancouver, British Columbia/Kanada über Honolulu, HI/USA, und Neuseeland nach Sydney, NSW/Australien, wo sie am 13. Dezember 1938 ankamen.
Ihre Eltern waren nach dem "Anschluss" nach Prag/Tschechoslowakei gegangen, wo sie eine Filiale ihres Geschäfts hatten, konnten aber nicht mehr rechtzeitig emigrieren. Ihr Vater starb dort. Ihre Mutter wurde am 12. Mai 1942 von Prag nach Theresienstadt [Terezín/Tschechische Republik] deportiert und am 17. Mai 1942 wei-ter nach "unbekannt" – vermutlich Auschwitz [Oświęcim/Polen] – und wurde ermordet. Ihr Bruder Robert Kent (1919–1994) konnte rechtzeitig nach Großbritannien emigrieren und diente in der Britischen Armee und war nach Kriegsende in Essen/Deutschland stationiert, heiratete eine Deutsche und zog mit ihr nach England zurück, als ihr erstes Kind geboren wurde.
Frances Weldon konnte ihr Studium in Australien nie mehr abschließen, konnte aber mit Stundengeben und mit Sticken Geld verdienen und ihr Ehemann konnte Arbeit als Chemiker in der Industrie finden. Beide galten zwar nach Kriegsausbruch als enemy aliens, wurden aber nicht interniert und erhielten auch bald die Australische Staatsbürgerschaft und lebten und arbeiteten lange in Sydney, NSW. Sie änderten den Nachnamen in "Weldon", ihr Sohn Anthony Weldon, später Kinderarzt, wurde 1942 geboren.
Frances Weldon übersiedelte 1957 nach Melbourne, VIC/Australien und war in zweiter Ehe verheiratet mit Erich Hoffmann (1907–1981), einem Arbeitskollegen ihres ersten Mannes, der ebenfalls 1938 aus Wien fliehen musste aber erst 1939 emigrieren konnte. Mit ihm kam sie nach seiner Pensionierung 1972 auch erstmals wieder nach Wien zu Besuch.
Frances Hoffman, geb. Franziska Karpeles, starb am 2. Oktober 1997 in Melbourne, VIC/Australien.
An sie wird an der Universität Wien im "Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938" (2009) erinnert und auch auf dem "Denkmal für die im Nationalsozialismus vertriebenen Geschichte-Studierenden und -Lehrenden der Universität Wien | Wenn Namen leuchten" (2022).
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1937–1938, Rigorosenakt und -protokoll PHIL 14221; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 413; USC|University of Southern California – VHA|Shoah Foundation Institute for Visual History and Education, Interview 36702 (25. September 1997); POSCH/FUCHS 2022, 113–114; www.genteam.at; www.geni.com.
Herbert Posch