Geb. am: | 22. Februar 1875 |
Fakultät: | Juridische Fakultät |
Kategorie: | Vertriebene WissenschafterInnen |
Josef HUPKA, geb. am 22. Februar 1875 in Wien, gest. am 23. April 1944 in Theresienstadt [Terezín/Tschechische Republik], war 1938 o. Prof. für Handels- und Wechselrecht an der Juridischen Fakultät der Universität Wien.
Josef Franz Hupka, Sohn des Rechtsanwalts Ludwig Hupka, wuchs in Znaim (Znojmo) auf, wo er seine Schulbildung absolvierte, und studierte ab 1892 Rechtswissenschaften an der Universität Wien. 1897 promovierte er zum Dr. jur. und konvertierte im selben Jahr vom Judentum zum Protestantismus.
Nach der Promotion war Hupka zunächst als Konzipient der niederösterreichischen Finanzprokuratur tätig, setzte aber parallel seine juristischen Studien fort. Während eines Studienaufenthalts bei Ludwig Mitteis an der Universität Leipzig 1898 widmete er sich vor allem dem römischen Recht. 1901 – im Alter von nur 26 Jahren – wurde er an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien für römisches Recht habilitiert (Habilitationsschrift: Die Vollmacht. Eine civilistische Untersuchung, mit besonderer Berücksichtigung des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs). Bereits ein Jahr später wurde Hupkas Lehrbefugnis aufgrund derselben Schrift auf Handels- und Wechselrecht ausgedehnt. 1906 erfolgte seine Ernennung zum außerordentlichen Professor und 1915 wurde er als Nachfolger von Carl Samuel Grünhut als ordentlicher Professor für Handels- und Wechselrecht an der Universität Wien berufen.
In seinen wissenschaftlichen Arbeiten widmete sich Josef Hupka bis 1918 vor allem dem Privatrecht (Vollmachtrecht, Stellvertretungsrecht), und dem Privatversicherungsrecht, wobei er wichtige Grundlagen für die österreichische Gesetzgebung in diesen Bereichen lieferte. Ab dem Ende des Ersten Weltkriegs wandte sich Hupka zunehmend dem Wechselrecht zu. In diesem Bereich kamen ihm besonders seine breiten Sprachkenntnisse zugute, etwa bei seiner letzten Monografie Das einheitliche Wechselrecht der Genfer Verträge, für die er umfangreiches Material in zahlreichen europäischen Sprachen vergleichend gegenüberstellen konnte.
Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät wählte Josef Hupka für das Studienjahr 1926/27 zu ihrem Dekan. Im antisemitischen Klima an der Universität Wien der Zwischenkriegszeit protestierten die deutschnationale bzw. nationalsozialistische Presse ebenso wie Studenten massiv gegen die angeblich „widerrechtliche“ Wahl des „jüdischen Dekans Hupka“.
Doch auch in den Folgejahren engagierte sich Hupka als Jurist unermüdlich gegen den wachsenden Antisemitismus in Österreich sowie im Besonderen an der Universität Wien. So setzte er sich 1928 für den jungen Physiker Otto Halpern ein, dessen Habilitation von der antisemitischen Geheimclique „Bärenhöhle“ verhindert wurde. 1930 trat er als einziger Professor öffentlich gegen die rassistische Studentenordnung des damaligen Rektors der Universität Wien Wenzel Gleispach auf (s. Hupkas Artikel in der Neuen Freien Presse), die letztendlich 1931 vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde. Nach massiven Angriffen nationalsozialistischer Studenten auf jüdische und linke Kolleg*innen im Oktober 1932 protokollierte Hupka in Eigenregie und abseits der Öffentlichkeit gemeinsam mit betroffenen Studierenden die erschütternden Ereignisse.
Das größte öffentliche Aufsehen erlangte Josef Hupkas Engagement in dem Justizskandal um den – offensichtlich aus antisemitischen Motiven – in Innsbruck wegen Mordes verurteilten Philipp Halsmann, für dessen Rehabilitierung er sich um 1930 intensiv einsetzte (s. Artikel in der Neuen Freien Presse, Teil 1 und Teil 2). Im selben Jahr – 1930 – gehörte Hupka zu den Unterzeichnern eines öffentlichen Appells an den Strafrechtsausschuss des Nationalrats, der zum Ziel hatte, homosexuelle Beziehungen zwischen erwachsenen Männern zu entkriminalisieren. Seine liberale Einstellung fand auch in der Befürwortung des Frauenstudiums bzw. der gesellschaftlichen Gleichstellung von Frauen und Männern ihren Ausdruck.
Josef Hupka wurde im Nationalsozialismus aus rassistischen Gründen verfolgt1938 wurde er zwangspensioniert und von der Universität Wien vertrieben. Am 31. März 1939 wurde ihm – nach 35 Dienstjahren an der Universität Wien – zudem das Ruhegehalt (Pension) aberkannt. Seine wertvolle Kunstsammlung wurde ihm von den Nationalsozialisten größtenteils abgepresst.
Gemeinsam mit seiner Frau konnte er über Zürich/Schweiz in die Niederlande emigrieren. Mehrere Versuche, von dort nach England, Frankreich oder in die USA scheiterten.
1943 wurde das Ehepaar in Amsterdam verhaftet und in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo Josef Hupka am 23. April 1944 starb. Seine Witwe Hermine Hupka wurde 1944 weiter nach Auschwitz deportiert, wo sie ermordet wurde.
Gemeinsam mit seiner Ehefrau Hermine konnte Josef Hupka über die Schweiz in die Niederlande flüchten. Nach dem deutschen Überfall auf die Niederlande 1940 bemühte sich das Ehepaar, nach England, Frankreich oder in die USA auszureisen – die Versuche scheiterten jedoch. Dem im Widerstand organisierten niederländischen Militärpolizisten Gerrit van Kasbergen gelang es im November 1942 vorübergehend, das Ehepaar Hupka in einem Versteck in Amsterdam unterzubringen. Im März 1943 wurden Josef und Hermine Hupka jedoch in ihrem Versteck festgenommen und in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo Josef Hupka am 23. April 1944 starb. Seine Witwe Hermine Hupka wurde später weiter nach Auschwitz [Oswiecim/Polen] deportiert, wo sie am 11. Oktober ermordet wurde.
Josef Hupka war unter den 1938 vertriebenen Angehörigen der Universität Wien einer der wenigen, die in einem Konzentrationslager starben. Sein Nachfolger als Professor an der Universität Wien, Heinrich Demelius – selbst seit 1941 NSDAP-Mitglied – veröffentlichte 1946 einen kurzen Nachruf für Hupka.
Erst im 21. Jahrhundert rückte der lange „vergessene“ Jurist vor allem dank der Forschungen von Franz Stefan Meissel, Klaus Taschwer und Thomas Olechowski wieder in die öffentliche Erinnerung. 2014/15 beschloss die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien unter der Leitung von Dekan Paul Oberhammer, ein Sitzungszimmer in Josef-Hupka-Zimmer umzubenennen. Der Festakt fand am 21. April 2015 im Rahmen einer Veranstaltung der Wiener Rechtsgeschichtlichen Gesellschaft statt. Aus diesem Anlass überreichte Stephen Parkinson, ein Enkel Hupkas, der Fakultät als Geschenk den Originaldruck einer Radierung von Ferdinand Schmutzer von Josef Hupka (vom 24. Dezember 1915).
Werke (Auswahl)
Lit.: Ausstellung "Bedrohte Intelligenz – Von der Polarisierung und Einschüchterung zur Vertreibung und Vernichtung im NS-Regime", Wien 2015; DEGENER 1935; GÖPPINGER 1990; ÖBL Bd. 3 1965; Klaus TASCHWER, Hochburg des Antisemitismus. Der Niedergang der Universität Wien im 20. Jahrhundert, Wien 2015; WININGER Bd. 3 1928.; ÖBL; Caterina Maria GRASL, Josef Hupka (1875–1944): Leben und werk eines zu Unrecht vergessenen Rechtswissenschaftlers, (Wiener Studien zu Geschichte, Recht und Gesellschaft), Frankfurt am Main 2022; Linda ERKER, „Jetzt weiss ich ganz, was das ‚Dritte Reich‘ bedeutet – die Herrschaft schrankenloser, feiger Brutalität.“ Eine Momentaufnahme der Universität Wien im Oktober 1932, in: Lucile Dreidemy u.a. Hg., Bananen, Cola, Zeitgeschichte: Oliver Rathkolb und das lange 20. Jahrhundert, Wien/Köln/Weimar 2015, 177-190; Heinrich DEMELIUS, Josef Hupks [Nachruf], in: Juristische Blätter, Jg. 63, Nr. 6, 1946, 118f.
Katharina Kniefacz