Universität Wien - Startseite

Kurt Horeischy

Geb. am: 25. März 1913
Fakultät: Philosophische Fakultät
Kategorie: Vertriebene WissenschafterInnen
Kurt Horeischy, geb am 2. März 1913 als Sohn des Hauptschullehrers Jakob Horeischy, maturierte 1931 am Bundesrealgymnasium Wien 13 und studierte 1932-1937 Physik und Chemie an der Universität Wien, war Mitglied der "Roten Studenten" und überzeugter Antifaschist.
Nach Approbation seiner Dissertation "Über die Messung von extrem niedrigen Gasdrucken" in Physik im Oktober 1937, der erfolgreichen Absolvierung seiner Physik-Rigorosen bei den Professoren Egon Schweidler, Hans Thirring und Hermann Mark im Dezember 1937 und nach bestandenem Philosophicum bei Philosophie-Prof. Robert Reininger und Psychologie-Prof. Karl Bühler im Februar 1938 promovierte er nach dem sogenannten "Anschluss" am 12. April 1938 zum Dr. phil. in Physik. Er wurde bald zur Deutschen Wehrmacht eingezogen und nahm am Polenfeldzug teil. Aufgrund eines schweren Lungenleidens wurde er bald aus der Wehrmacht entlassen und wurde Assistent am Ersten Chemischen Institut in der Währinger Straße 42, wo er ab 1941 das Mikrochemische Laboratorium leitete. Der dortige Tiefkeller war während Zweiten Weltkrieges ein ziviler Schutzkeller vor Fliegerangriffen, wurde zunehmend aber auch als Versteck für Jüdinnen und Juden sowie für politisch Verfolgte. Auch die im Oktober 1944 gegründete Widerstandsgruppe "Tomsk" traf sich hier regelmäßig, der neben Kurt Horeischy auch Otto Hoffmann-Ostenhof angehörte. Wenige Tage vor Kriegsende war allen Institutsmitgliedern klar, dass der Befehl zur Zerstörung wichtiger Einrichtungen und Geräte unmittelbar bevorstand und als sein Assistenten-Kollege Hans Vollmar Horeischy am 5. April 1945 informierte, dass der stv. Institutsdirektor ao. Prof. Jörn Lange sich anschickte das Elektronenmikroskop, das einzigen Gerät dieser Art in Österreich, zu zerstören, entschloss sich Horeischy spontan dies zu verhindern, was aber mit der Ermordung Horeischys und Vollmars endete. Sein Mörder Jörn Lange wurde kurz nach der Befreiung Wiens verhaftet und am 15. September 1945 vom Volksgericht Wien zum Tod durch Erhängen verurteilt, entzog sich kurz vor der Vollstreckung des Todesurteils diesem aber am 21. Jänner 1946 durch Suizid. 1951 wurde nach ihm die Horeischygasse in Wien Hietzing benannt. An der Fakultät für Chemie in Wien 9., Währingerstr. 42, erinnert seit 1947 eine Gedenktafel an ihn und Hans Vollmar, gestiftet vom Verband Akademischer Freiheitskämpfer. 1995 und 2005 fanden am Chemischen Institut Gedenkveranstaltungen statt (2005: "Widerstand gegen die Naziherrschaft am Chemischen Institut der Universität Wien", veranstaltet von der ÖH und dem DÖW). 2018 wurde die Gedenktafel für Vollmar und Horeischy (gemeinsam mit jener für Jacques Pollak) etwas versetzt und in der Gedenkwand der Fakultät für Chemie von Bele Marx und Gilles Mussard künstlerisch neu kontextualisiert.


Lit.: Universität Wien, Nationale PHIL 1932-1938, Rigorosenakt und -protokoll PHIL 13698, Promotionsprotokoll PHIL (1931-1941) 2580; Ein Naziprofessor vernichtete Elektronenübermikroskop – Und mordete zwei Menschen, in: Neues Österreich vom 27. April 1945, 2; Naziprofessor als Saboteur und Doppelmörder – Der Mikroskopzertrümmerer Lange vor dem Volksgericht, in: Neues Österreich vom 9. September 1945, 3; Der Tod der Opfer fordert Sühne! – Schlußreden im Mordprozeß Lange, in: Neues Österreich vom 15. September 1945, 3; "Dr. Lange hat den ersten Schuß abgegeben" – Die Braut Dr. Horeischys als Tatzeugin vor dem Volksgericht, in: Arbeiterzeitung vom 14. September 1945, 3; Universität-Akademisches Institut. Gedenktafel für die Opfer eines Nazimordes (Dr. Kurt Horeischy und Dr. Hans Vollmar), in: Österreichische Zeitung vom 24. Oktober 1947, 2; TIDL 1976; Johannes Mario Simmel, Wir heißen Euch hoffen, Zürich 1980; Karl Kratzl, Karl, der Eierkopf, Selbstportrait eines Karikaturisten, Wien 1992, 50-55; Gerhard Oberkofler u. Peter Goller, Fritz Feigl (1891–1971), Notizen und Dokumente zu einer wissenschaftlichen Biographie im Gedenken an Kurt Horeischy und Hans Vollmer (hgg. v. d. Zentralbibliothek für Physik in Wien), Wien 1994; Tödliche Schüsse im I. Chemischen Institut, in: Chemie - Das Österreichische Magazin für Wirtschaft und Wissenschaft, 1994; Ernst Lammer, Chemie – Widerstand gegen die Nazi-Herrschaft. Zum Gedenken an die 1944 gegründete Widerstandsgruppe am I. Chemischen Universitätslaboratorium, in: UNIQUE – Magazin der ÖH Uni Wien, 2005; Roman Pfefferle u. Hans Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert. Die Professorenschaft der Universität Wien von 1944 in den Nachkriegsjahren, Göttingen 2014, 101f., Herbert Posch, Kurt Horeischy, in: 650plus | Geschichte der Universität Wien (2015); Stephanie de la Barra, Das Verbrechen ohne Rechtfertigung. Mord an Uni-Assistenten: Der Strafprozess gegen Jörn Lange im September 1945 und die Erinnerungspolitik der Universität Wien, Wien 2018.


Herbert Posch


Kurt Horeischy, Nationale Philosophische Fakultät, Wintersemester 1936/37, 1. Formular, Vorderseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Kurt Horeischy, Nationale Philosophische Fakultät, Wintersemester 1936/37, 1. Formular, Rückseite, (Foto: Herbert Posch), © Archiv der Universität Wien

Gedenkveranstaltung Kurt Horeischy, 2005, Plakat, © Archiv der Universität Wien

Kurt Horeischy, Promotionsprotokoll vom 14. April 1938, Nr. 2580, © Archiv der Universität Wien

Kurt Horeischy, Gedenkwand Chemie, 2018, (Foto: Herbert Posch), © Herbert Posch

Kurt Horeischy, Gedenktafel 1947, Situation 2007, Foto: Herbert Posch), © Herbert Posch
Für Fragen oder Kommentare zu dieser Person benützen Sie bitte unser: » Feedback-Formular.