Geb. am: | 08. Mai 1918 |
Fakultät: | Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien |
Kategorie: | Vertriebene Studierende |
Wilhelm HOLCZABEK, geb. am 8. Mai 1918 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Sohn von Amtsrat Wilhelm Karl Holczabek (Beamter, 1881-1965) und der Rosa Holczabek, geb. Sühs (1894-1973), wohnte in Wien 3, Landstrasser Gürtel 35. Er maturierte 1936 und begann im Wintersemester 1936/37 an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien Medizin zu studieren. Im Sommersemester 1938 war er im 4. Studiensemester inskribiert.
Er galt als "Mischling 1. Grades" und konnte sein Studium – bei jederzeitigem Widerruf – vorläufig fortsetzen. Im September 1939 wurde er in die Deutsche Wehrmacht eingezogen, aus der er aus rassistischen Gründen 1940 entlassen wurde. Nach erfolgreicher Absolvierung aller Lehrveranstaltungen (Abgangszeugnis vom 15. Juli 1941) und trotz aller bestandenen Prüfungen im Juni 1942 durfte er in der NS-Zeit nicht promovieren. Von August bis Oktober 1942 arbeitete er bei der Deutschen Lufthansa AG, Dezember 1942 bis Ende Juli 1943 war er als Operationsgehilfe am Sanatorium Auersperg (Wien 8, Auerspergstraße 9) tätig und dann als Demonstrator und wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Gerichtsmedizin und kurz an der 1. Medizinischen Universitätsklinik unter Ernst Lauda.
Erst unmittelbar nach dem Ende der NS-Herrschaft konnte er am 8. Juni 1945 promovieren, wobei sein Diplom rückdatiert wurde auf den 5. Juni 1942, auf den Zeitpunkt, an dem er alle Promotionsanforderungen außer dem Nachweis rein arischer Rassezugehörigkeit erfüllt hatte.
Er kehrte anschließend wieder an das Institut für Gerichtsmedizin zurück und konnte sich 1952 als Gerichtsmediziner habilitierten und wurde 1965 außerordentlicher Professor. 1973 wurde er Ordinarius und Vorstand des Instituts für Gerichtsmedizin bis zu seiner Emeritierung 1989. Holczabek war 1981-1984 Dekan der Medizinischen Fakultät und 1985-1989 Rektor der Universität Wien. Er machte sich als Vorkämpfer für den Campus Altes AKH verdient und in seine Amtszeit fiel die Schenkung des 100.000m² großen Areals des Alten Allgemeinen Krankenhauses von der Stadt Wien an die Universität zur Errichtung des Campus und zur Unterbringung geistes- und kulturwissenschaftlicher Institute der damaligen Geisteswissenschaftlichen Fakultät.
Holczabek war auch ein Jahrzehnt lang Präsident der Gesellschaft der Ärzte in Wien und außerdem Präsident der Internationalen Akademie für gerichtliche und soziale Medizin. Holczabek erwarb sich um das Wiener Gesundheitswesen und die medizinische Wissenschaft hohe Verdienste und war ein bedeutender Vertreter der österreichischen Schule der Gerichtsmedizin, und beschäftigte sich wissenschaftlich mit Themen wie Fettembolien, Herzerkrankungen sowie rechtlichen Fragen der Medizin und verbesserte die Nachweismöglichkeiten von Kohlenmonoxid (etwa nach Vergiftungen) in Blut- und Gewebsproben von Leichen.
Er war Träger der Billroth-Medaille, des Goldenen Ehrenzeichens der Wiener Ärztekammer, des Großen Silbernen Ehrenzeichen (1989), des Preises der Stadt Wien für Medizin (1996) und Ehrensenator der Universität Wien (1990) und war Vorstandsmitglied (Präsident) des Universitätsbundes Alma Mater Rudolphina.
Er starb am 17. Juli 2001 in Wien.
Lit.: Archiv der Universität Wien, MED Nationale 1936-1942, MED Promotionsprotokoll M 33.14 (1942-1949), Nr. 1238; Georg BAUER, Gerichtsmedizin. Festschrift für Wilhelm Holczabek, Wien 1988; 650plus Geschichte der Universität Wien.
Herbert Posch