Ignaz Emil von (Emilio de) Hofmannsthal
Geb. am: |
30. Dezember 1884 |
Fakultät: |
Juridische Fakultät |
Kategorie: |
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Ignaz Emil von (Emilio de) HOFMANNSTHAL, geb. am 30. Dezember 1884 in Wien, gest. am 12. November 1971 in Wien, hatte am 8. Mai 1907 an der Juridischen Fakultät der Universität Wien den Grad eines Dr. iur. erworben. Am 8. Mai 1941 wurde ihm der Grad aus rassistischen Gründen aberkannt, da er im Nationalsozialismus 'als Jude als eines akademischen Grades einer deutschen Hochschule unwürdig' galt.
Er war Rechtsanwalt und Rechtswissenschaftler, Vorstandsmitglied der International Law Association London und der Völkerbundliga Wien. Er emigrierte im März 1938 nach London, dann nach Argentinien und später in die USA. Nach der Emigration publiziert er zahlreiche juristische Fachwerke in Spanisch und Englisch als "Emilio von Hofmannsthal". Das Department of International Relations an der Hebrew University of Jerusalem vergibt heute eine "Emilio von Hofmannsthal Professur of International Law". Er arbeitete lange als New-York-Korrespondent der "Furche".
Die „Wiederverleihung“ des Doktorgrades 1949
Ignaz Emil Edler von Hofmannsthal ersuchte im Juni 1949 um eine Kopie seines Doktorates, das er am 7. Mai 1907 an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in Wien erworben hatte. Er konnte 1938 vor den Nationalsozialisten flüchten und emigrierte über Großbritannien und Argentinien - Mitarbeit am Instituo Argentino de Derecho Internacional und Hochschullehrer an der Universität von Buenos Aires - schließlich in die USA, wo er als Rechtsanwalt, Jurist und Rechtswissenschafter unter dem Namen Emilio de Hofmannsthal an verschiedenen Universitäten lehrte, mit konservativ-bürgerlichen und legitmistischen österreichischen EmigrantInnen in den USA zusammenarbeitete und sich nach Kriegsende vergeblich um die Stelle des Chefs der Legal Division der US-Besatzungsbehörde in Wien bewarb.
Auf sein Ersuchen wird ihm mitgeteilt, dass ihm keine Kopie seines Diploms ausgestellt werden könne, da ihm dieses laut Eintrag im Promotionsprotokoll im Studienjahre 1939/40 aberkannt worden sei. Es bedürfe daher einer Verfügung der Universität. Daraufhin ersucht er noch am selben Tag schriftlich das Rektorat der Universität Wien, eine solche Verfügung doch zu treffen und betont zudem, dass er sich stets als Doktor der Universität Wien bezeichnet habe und dies auch in Zukunft tun werde, da er die Aberkennung nicht anerkenne:
"Eine Verfügung, mit welcher mir die Doktorwürde aberkannt wurde, hat für mich keinerlei Bedeutung, sie ist für mich einfach nicht vorhanden, weil sie:
1.) eine Naziverfügung ist, also weder im Auslande noch im befreiten Österreich irgend welche Beachtung verdient;
2.) die Konfiskation eines Rechtes darstellt, die im Auslande wirkungslos ist. Ich befand mich seit 11.03.1938 außerhalb Österreichs. Der Sitz des Rechtes ist dort, wo der Träger ist, nicht dort, wo die verleihende Behörde ist.
Ich habe nie rechtsgültig die Doktorwürde dieser Universität verloren, sie kann mir daher nicht wieder verliehen werden. Ich kann weder um eine solche Wiederverleihung ansuchen, noch kann das Rektorat sie vornehmen. Ich würde sonst zweimal dieselbe Doktorwürde bekommen.
Die Verordnung vom Juli 1945 lässt sich daher meines bescheidenen Erachtens auf meinen Fall nicht anwenden. Wie das verehrliche Rektorat ein etwaiges Hindernis, mir ein Duplikat meines Doktordiploms auszustellen, beseitigen kann, entzieht sich meiner Beurteilung, da ich eben ein solches Hindernis nicht sehe.
Ich halte mein Ersuchen um Ausstellung eines solchen Duplikats, für welches ich die Gebühr von 44 S plus 8 S Stempel bereits entrichtet habe, aufrecht."
Dieser Brief vom 14. Juni 1949 mit eigenhändiger Unterschrift von Emilio de Hofmannsthal kommt laut Eingangsstempel bereits am nächsten Tag im Rektorat an, dürfte also in Wien aufgegeben worden sein (das gedruckte Briefpapier weist sowohl seine New Yorker Adresse als auch eine Wiener Adresse auf). Tags darauf wird aber ein Aktenvermerk angelegt, der behauptet: »
Es erscheint Herr Emilio v. Hofmannsthal und bittet um Wiederverleihung seines ihm am 8. Mai 1941 aus politischen Gründen aberkannten Grades eines Doktors der Rechte«. Dies steht in krassen Widerspruch zum Schreiben Hofmannsthals vom Vortag, in dem er insgesamt die Aberkennung als nicht rechtens, daher nicht existent betrachtet, und einen Antrag auf Wiederverleihung als rechtlich unmöglich verweigert. Möglicherweise sollte dieser Aktenvermerk universitätsintern das Dilemma lösen, dass ohne Antrag zwar keine Wiederverleihung erfolgte, diese aber dem weltweit angesehene Juristen Hofmannsthal ermöglicht werden sollte. Der Gedanke, dass dieser Aktenvermerk mehr ein Hilfskonstrukt der Universität war, als dem Festhalten einer realen Begebenheit entsprach, liegt nahe, wenn man den weiteren - kurzen - Prozess verfolgt.
Der Rektor, Prof. Dr. Johann Sölch, bittet am 17. Juni 1949 den Juristen und Ordinarius für Kriminalistik Prof. Dr. Roland Grassberger, der lange Jahre fast alle juristischen Gutachten für Wiederverleihungen (oder deren Ablehnungen) erstellt, »zu vorliegendem Ansuchen ein schriftliches Gutachten« zu erstellen, und schickt ihm den Aberkennungsakt und den Brief Hofmannsthals. Ein solches Gutachten findet sich nicht in den Akten, dürfte auch nicht erstellt worden sein, stattdessen findet sich folgender Vorschlag des Dekans der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät vom 23. Juni 1949 an den Rektor:
Bitte mit Rücksicht auf die Persönlichkeit des Gesuchstellers durch den Senat im Umlaufwege beschließen zu lassen, dass ihm das Doktorat wieder verliehen wird. Sonach wäre, ohne davon den Genannten zu verständigen, ihm gleich das Doktordiplom auszustellen.
In der 10. Sitzung des Senats am 29. Juni 1949 beschließt der Senat einstimmig, ihm das Doktorat gemäß der entsprechenden Verordnung wiederzuverleihen und es wird »
beschlossen, dem Genannten das ihm seinerzeit abgenommene Originaldiplom zuzustellen, ohne einen diesbezüglichen Vermerk darauf anzubringen.« Am 17. August 1949 wurde ihm, nach einer handschriftlichen Randbemerkung, das neue - alte - Doktordiplom persönlich zugestellt. Eine Reaktion Hofmannsthals findet sich nicht in den Unterlagen.
Emilio de Hofmannsthal stirbt 1971 und wird in Wien begraben.
An anderen Universitäten wird er bis heute aufmerksamer rezipiert und wahrgenommen. So gibt es seit 1996 an der Hebrew University of Jerusalem im Department of International Relations den nach ihm benannten Emilio de Hofmannsthal Professor of International Law.
Lit: POSCH 2006, POSCH/STADLER 2006.
Herbert Posch