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Hans Gutwurcel (später Jochanan Gat)

Geb. am: 02. Mai 1915
Fakultät: Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien
Kategorie: Vertriebene Studierende
Hans GUTWURCEL (geb. LEBENSBAUM, später Jochanan GAT), geb. am 2. Mai 1915 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Sohn von David Gutwurcel (Kaufmann, geb. 1883 in Warschau/Polen) und seiner Frau Sarah, geb. Lebensbaum (geb. 1885 in Warschau), wohnte in Wien 2, Obere Donaustraße 4/10, und änderte seinen Namen um 1928 in Gutwurcel. Nach der Reifeprüfung am Bundesrealgymnasium in Wien 20, Unterbergerstraße 1, am 8. Mai 1934 nahm er im Wintersemester 1934/35 ein Studium an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien auf. Im Wintersemester 1936/37 bestand er die Prüfungen für Anatomie, Histologie und Physiologie im Rahmen des 1. 'Rigorosums'. Er war zuletzt im Sommersemester 1938 an der Medizinischen Fakultät im 8. Studiensemester inskribiert. Nach dem "Anschluss" 1938 musste Hans Gutwurcel sein Studium abbrechen. Von 1. März 1938 bis 1. Mai 1938 absolvierte er noch ein Praktikum an der 1. Medizinischen Abteilung am Krankenhaus der Wiener Kaufmannschaft, in Wien 19, Peter Jordanstraße 82. Am 13. Mai 1938 stellte er bei der Auswanderungsabteilung der Israelitischen Kultusgemeinde Wien einen Antrag auf Auswanderung nach Argentinien.

Am 3. August 1938 verließ Hans Gutwurcel Österreich, zunächst nach Luxemburg, wenig später weiter nach Frankreich, von wo er seine Emigration nach Südamerika vorbereitete. In Marseille/Frankreich gelang es ihm Ende Oktober, Visa für die Auswanderung nach Paraguay und Uruguay zu bekommen. Am 20. Dezember 1938 verließ er mit dem Schiff "Campana" den Hafen von Marseille nach Montevideo/Uruguay, wo er sich unter dem Namen "Juan Gutwurcel Lebensbaum" niederließ (Wohnadresse: calle Durazno No. 938, später calle Bartlome Mitre No. 1488).
Von 1940 bis 1943 absolvierte er ein Studium der Veterinärmedizin an der Universidad de Montevideo, erhielt im März 1944 den Titel eines Veterinärmediziners und arbeitete anschließend an der Clínica particular de animales grandes y chicos desde (Klinik für große Tiere).
Am 25. November 1944 heiratete Gutwurcel in Montevideo/Uruguay Edith Rath (geb. 11. März 1922 in Berlin). Ihre Söhne Claudio und Daniel Gutwurcel (später Gat) wurden 1945 und 1949 in Montevideo geboren.
Hans Gutwurcel arbeitete 1945 als Aspirant von Prof. Agregado und 1947 als Honorarassistent im Laboratorio de Biología Animal "Dr. Miguel C. Rubino", Abteilung für Brucellose und Pullerose und wurde anschließend städtischer Veterinär Inspekteur (Inspector Veterinario Municipal) in Carmelo, wo er seit ca. 1947 auch wohnte. 1950 zog er nach Durazno um, wo er als Inspector Veterinario de la Zona de la Dirección de Ganadería arbeitete. Ab 1953 war er schließlich als Técnico de la Dirección de Ganadería, División Industria Animal, tätig, ab März 1956 zusätzlich als ehrenamtlicher wissenschaftlicher Mitarbeiter des Institute de Fisiología an der Faculdad de Veterinaria in Montevideo.
In den 1950er Jahren unterstützte er die Partido Colorado "Batllismo", die sich – basierend auf der politischen Ideologie von José Batlle y Ordóñez, der sich u.a. auch auf Karl Kraus berief – für eine interventionistische Politik der Verstaatlichung und Umverteilung zentraler Wirtschaftsbereiche, eine fortschrittliche Sozialgesetzgebung, die Trennung zwischen Kirche und Staat, aber auch für das Verbot des Stiefkampfes und anderer Formen der Tierquälerei einsetzte. 1962 wurde er auch Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft (Zweig Novartis, Montevideo), die der Ideologie von Rudolf Steiner folgte.
Seit etwa 1960 wohnte Hans Gutwurcel mit seiner Familie in einer Finca in der calle Marcelino Izcua Barbat No. 1181.
Neben seinem uruguayischen Pass unter dem Namen „Juan Gutwurcel Lebensbaum“ erhielt er – nach Bestätigung der immer noch gültigen österreichischen Staatsbürgerschaft 1962 – 1964 zusätzlich einen Pass von der Republik Österreich und wurde als Opfer im Sinne des Opferfürsorgegesetzes 1947 anerkannt.

Am 25. August 1964 nahmen Juan Gutwurcel, Edith Rath und ihr Sohn Claudio am 26. Zionistischen Kongress der Organización Sionista Mundial teil.
1966 emigrierte die Familie nach Israel, wo Hans Gutwurcel den Namen Jochanan Gat annahm und wieder als Veterinär arbeitete. Er ließ sich in Beer Sheva nieder und erhielt am 23. November 1980 die Israelische Staatsbürgerschaft, führte jedoch weiterhin auch die österreichische.

Hans Gutwurcel starb am 2. August 1993 in Beer Sheva/Israel.

Lit.: freundlicher Hinweis seines Sohnes Claudio Gat, Israel, 2014; Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien/Auswanderungskartei; genealogy.com; KNIEFACZ/POSCH 2017b.


Katharina Kniefacz und Herbert Posch


Nationale von Hans Gutwurcel, Sommersemester 1938 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Hans Gutwurcel, Sommersemester 1938 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Hans Gutwurcel, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Hans Gutwurcel, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Juan Gutwurcel Lebensbaum um 1941 © Claudio Gat, Israel

Juan Gutwurcel um 1944 © Claudio Gat, Israel

Jochanan Gat um 1968 © Claudio Gat, Israel

Jochanan Gat um 1991 © Claudio Gat, Israel

Provisorischer Aufnahmeschein für Hans Gutwurcel zur Medizinischen Fakultät der Universität Wien, 29. September 1934 © Claudio Gat, Israel

Prüfungszeugnis, 1. Rigorosum in Anatomie, von Hans Gutwurcel, Medizinische Fakultät der Universität Wien, 9. Oktober 1936 © Claudio Gat, Israel

Prüfungszeugnis, 1. Rigorosum in Histologie, von Hans Gutwurcel, Medizinische Fakultät der Universität Wien, 13. Februar 1937 © Claudio Gat, Israel

Prüfungszeugnis, 1. Rigorosum in Physiologie, von Hans Gutwurcel, Medizinische Fakultät der Universität Wien, 23. Februar 1937 © Claudio Gat, Israel

Arbeitszeugnis für Hans Gutwurcel von Krankenhaus der Wiener Kaufmannschaft, 2. Mai 1938 © Claudio Gat, Israel

Bestätigung für Hans Gutwurcel von der Reederei S.G.M.T. für die Überfahrt von Marseille/Frankreich nach Montevideo/Uruguay, 16. Dezember 1938 © Claudio Gat, Israel

Bestätigung für Hans Gutwurcel von Docteur R. B. Rekassa, Marseille, 30. Oktober 1938 © Claudio Gat, Israel

'Memorandum de funcciones y estudios realizados' von Hans Gutwurcel Uruguay, 1956 © Claudio Gat, Israel

Opferausweis von Hans Gutwurcel, 3. November 1964 (Seite 1) © Claudio Gat, Israel

Opferausweis von Hans Gutwurcel, 3. November 1964 (Seite 2) © Claudio Gat, Israel
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