Lillian (Lilly) Margarete Bader (geb. Stern)
Geb. am: |
22. August 1893 |
Fakultät: |
Philosophische Fakultät |
Kategorie: |
Doktorgradaberkennung |
Lillian (Lilly) Margarete BADER (geb. STERN), geb. am 22. August 1893 in Wien, gest. im Dezember 1958 in New York/USA, wuchs in Wien und Teplitz [Teplice/Tschechische Republik], wo ihr Vater (1909 verstorben) in einer Versicherungsagentur arbeitete. Ihre Mutter arbeitete als Klavierlehrerin und übernahm 1903 von anderen Verwandten die Leitung der
Stern’schen Mädchen-Lehr- und Erziehungsanstalt in Wien 1, Werdertorgasse 12-14, die 1863 als erste höhere Lehranstalt für Mädchen gegründet wurde. Lilly Stern besuchte selbst diese Schule und später das Lyceeum, um an der Universität Wien Chemie studieren zu können:
"Nur wenige Mädchen waren an der Wiener Universität eingeschrieben, als diese Zukunft für mich erwogen wurde. Noch waren nicht einmal alle Studienfächer für Mädchen zugelassen. Eine Frau konnte Ärztin werden, Naturwissenschaften oder Sprachen studieren, aber aus irgendeinem seltsamen Grund nicht Rechtsanwältin werden. Die 'Studentin' bot den Karikaturisten jener Zeit eine Fülle von Anregungen. Sie wurde in Herrenanzügen dargestellt, mit Weste, aufgestelltem Krangen und zigarettenrauchend. Man hielt sie für 'emanzipiert', das hob sie aus dem Durchschnitt heraus und war ein absoluter Nachteil, wenn es daran ging, geheiratet zu werden." (BADER 1956, zit. n.
LICHTBLAU 1999, 553.)
1918 heiratete sie den Arzt
Dr. med. Edwin Bader, einen Offizier der Österreichisch-Ungarischen Armee, übernahm nach dem Ersten Weltkrieg die Leitung der Schule von ihrer Mutter und schloss ihr Studium ab: am 11. Juli 1919 erwarb sie an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien den Grad eines Dr. phil. in Chemie (Dissertation: 'Über den Abbau von Starinsäure und zur Kenntnis der Chlorsäure'). Ihre zwei Töchter wurden 1921 und 1924 geboren.
Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich 1938 wurde die Schule geschlossen und Lillian Bader emigrierte mit ihrer Familie nach Großbritannien, wo sie als Hausmädchen arbeitete. 1940 emigrierte sie weiter in die USA und arbeitete als Klavierlehrerin. Am 14. Juli 1942 wurde ihr der Grad aus rassistischen Gründen aberkannt, da sie im Nationalsozialismus 'als Jüdin als eines akademischen Grades einer deutschen Hochschule unwürdig' galt.
Erst 13 Jahre nach der Aberkennung und lange nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde ihr der Doktorgrad am 15. Mai 1955 wieder zuerkannt, bzw. die Aberkennung für 'von Anfang an nichtig' erklärt.
Ihre autobiografischen Aufzeichnungen über die Jahre 1890 bis 1920, die im Leo Baeck-Institut in New York aufbewahrt werden, tragen den Titel 'One Life is not Enough' (1956).
Lit.: Archiv der Universität Wien/Promotionsprotokoll PHIL 1913-1922 Nr. 850, Rektorat GZ 118 ex 1941/42, ONr. 45, GZ 561 ex 1944/45 ONr. 15; Deutscher Reichsanzeiger Nr. 165 vom 18. Juli 1941; POSCH 2009, 388f.; Lilian M. BADER, Ein Leben ist nicht genug. Memoiren einer Wiener Juedin, Wien 2011; Lillian M BADER, One Life is not Enough (1956), Leo Baeck Institute, LBI Archives, LBI Memoir Collection; FREIDENREICH 2002, 10, 15, 72; LICHTBLAU 1999, 545-564.
Katharina Kniefacz, Herbert Posch