Julius Augapfel
Geb. am: |
19. April 1892 |
Fakultät: |
Philosophische Fakultät |
Kategorie: |
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Julius AUGAPFEL, geb. am 19. April 1892 in Jaroslau, Galizien/Österreich-Ungarn [Jaroslaw/Polen], gest. am 1. Oktober 1944 in KZ Auschwitz [Oswiecim/Polen], hatte am 10. Juni 1914 an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien den Grad eines Dr. phil. in Orientalistik erworben (Dissertation: 'Babylonische Rechtsurkunden aus der Regierungszeit Darius II. ') und am 12. Mai 1919 den Grad eines Dr. iur..
Der in Galizien als Sohn des Kaufmanns Mayer (Maier) Augapfel (1865–1932) geborene und in Wien aufgewachsene Julius Augapfel, legte 1910 die Reifeprüfung (Matura) am Gymnasium in Wien 2 ab und studierte an der Universität Wien ab 1910 Geschichte und Orientalistik, sowie an der Wiener Israelitisch-Theologischen Lehranstalt. Er promovierte 1914 zum Dr. phil. und wurde 1914 Rabbiner in Salzburg und wirkte während des 1. Weltkriegs u. a. als Feldrabbiner, studierte aber auch ab 1915 Rechtswissenschaften an der Universität Wien und promovierte 1919 auch noch zum Dr. iur.
1919 heiratete DDr. Julius Augapfel in Wien Rosa Zuckermann (1895-1967), und arbeitete anfangs als unbezahlter Bibliothekar am Orientalischen Institut der Universität Wien, konnte keine geeignete bezahlte Stelle in Wien finden, weshalb er u.a. ab 1926 die Stelle eines Rabbiners und Religionslehrers der jüdischen Gemeinde im ostpreussischen Insterbug [Tschernjachowsk|Черняховск/Russland], annahm, wo er auch eine zionistische Gruppe aufbaute und leitete und auch Mitglied im Allgemeinen Deutschen sowie im Nordostdeutschen Rabbinerverband wurde, erst als stellvertretender Vorsitzender und später als Vorsitzender. Seine mehrfachen Versuche, in den 1930er-Jahren eine Rabbinerstellen in Wien zu erhalten gelang weder 1931/32 bei der Nachfolge von David Feuchtwang oder Israel Taglicht, noch 1933 beim Freiwerden der Rabbinerstelle im Tempel Wien 15., Turnergasse. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Deutschen Reich 1933 wurden die Staatszuschüsse eingestellt und Augapfel in Insterburg wegen fehlender Mittel als Rabbiner entlassen, eine Bewerbung auf eine Rabbinatsstelle in Erfurt scheiterte 1936 ebenfalls.
Trotz intensiver Unterstützung von Freunden in den USA, die mit Ausstellung von Affidavits, der Vermittlung einer Anstellung als Rabbiner der Progressive Congregation Anshe Poilin in Coney Island, gelang es nicht, ihm die Ausreise zu ermöglichen, da das amerikanische Konsulat in Berlin im März 1939 die Ausstellung eines Visums verweigerte und er schließlich mit seiner Frau in die Niederlande flüchtete.
Daraufhin wurde ihnen aber beiden vom Dritten Reich am 3. November 1939 die deutsche Staatszugehörigkeit aberkannt. Neben der Staatenlosigkeit war damit die Enteignung aller Besitztümer zugunsten des Dritten Reichs verbunden und in der Folge auch der Verlust aller akademischen Grade.
Am 8. Juli 1940 wurden ihm beide Doktor-Grad aus rassistischen Gründen von der Universität Wien aberkannt, da er im Nationalsozialismus 'als Jude als eines akademischen Grades einer deutschen Hochschule unwürdig' galt.
Nach der Deutschen Okkupation der Niederlande, Belgiens und Frankreichs 1940 wurde er verhaftet und vier Jahre im KZ-Sammellager Westerbork interniert, wo er als Seelsorger für jene wirkte, die von hier zur Ermordung in die anderen Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert wurden. Am 6. September 1944 wurde er selbst von dort nach Theresienstadt [Terezín/Tschechische Republik] und am 29. September 1944 von dort weiter in das deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz [Oswiecim/Polen] deportiert.
Julius Augapfel wurde am 1. Oktober 1944 wurde im KZ Auschwitz ermordet.
Erst 15 Jahre nach der Aberkennung und 11 Jahre nach seiner Ermordung - und lange nach dem Ende des Nationalsozialismus - wurde ihm der Doktorgrad am 15. Mai 1955 posthum wieder zuerkannt, bzw. die Aberkennung für 'von Anfang an nichtig' erklärt.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Promotionsprotokoll PHIL 1913–1922 Nr. 81, Promotionsprotokoll IUR 1915–1919 Nr. 930, Rigorosenakt und -protokoll PHIL 3880, Rektorat GZ 856 ex 1939/40, GZ 1018 ex 1939/40/41, GZ 561 ex 1944/45 ONr. 15; Deutscher Reichsanzeiger Nr. 258 vom 3. November 1939; Joseph WALK, Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918–1945, 1988, 15; Horst GÖPPINGER, Juristen jüdischer Abstammung im "Dritten Reich", 2. Aufl. 1990, 238; POSCH 2009, 205f., 388; Evelyn ADUNKA, Julius Augapfel, in: Österreichisches Biografisches Lexikon, 2015; Joods Monument, 2017.
Herbert Posch