Margareta Grünberger (verh. Markel)
Geb. am: |
17. Februar 1919 |
Fakultät: |
Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien |
Kategorie: |
Vertriebene Studierende |
Margareta GRÜNBERGER (verh. MARKEL), geb. am 17. Februar 1919 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Tochter von Dr. Viktor Grünberger (Arzt, geb. 8. März 1878) und Gisela, geb. Panek (geb. 22. Juni 1898), wohnte in Wien 8, Zeltgasse 6/10. Sie hatte im Juni 1937 am Mädchenrealgymnasium in Wien 8., Langegasse maturiert und im Wintersemester 1937/38 an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien ihr Medizinstudium begonnen.
Nach dem "Anschluss" 1938 - sie war im Sommersemester 1938 im 2. Studiensemester inskribiert -, wurde sie aus rassistischen Gründen als sogenannter "Mischling 1. Grades" diskriminiert, konnte aber vorläufig – bei jederzeitigem Widerruf – ihr Studium noch fortsetzen. Sie absolvierte freiwillig in den Sommern 1938 und 1939 je ein Monat "Landdienst"
Als "Mischlinge" ab dem 1. Trimester 1940 Gesuche an das Reichserziehungsministerium Berlin um Studienzulassung stellen mussten, reichte Margareta Grünberger ein Ansuchen zur Fortsetzung ihres Studiums ein und argumentierte damit, nicht die leibliche Tochter ihres "jüdischen" Ziehvaters zu sein, sondern das außereheliche Kinder ihrer "arischen" und katholischen Mutter mit dem "arischen" Postrat Theodor Tomala. Ein entsprechendes Anerkennungsverfahren mit allen Unterlagen läge bereits dem Reichssippenamt Berlin zur Entscheidung vor.
Gemäß Vorschrift legte der Dekan der zuständigen Medizinischen Fakultät, Eduard Pernkopf, dem Antrag ein mit 26. April 1940 datiertes Gutachten bei, das "
insbesondere auf den persönlichen Eindruck über die Persönlichkeit und das Aussehen des Gesuchstellers einzugehen [hatte]. Dabei ist zu erwähnen, ob und inwieweit Merkmale der jüdischen Rasse beim Gesuchsteller äußerlich erkennbar sind." [Erlass des Reicherziehungsministeriums, 5. Jänner 1940]. Er stellte fest: "
Margareta Grünberger wurde heute vorgeladen, macht einen arischen Eindruck; sie ist in der Lage ihren vollkommenen Ariernachweis beizubringen, die Angelegenheit liegt im Sippenamt in Berlin zur Entscheidung."
Nachdem das Gesuch mehrere Monate unentschieden geblieben war und auch ihr "Sippengutachten" negativ beschieden wurde, teilte das Reicherziehungsministerium nach Absprache mit dem Reichsinnenministerium mit, sie noch zur ärztlichen Prüfung nach alter österreichischer Studienordnung zuzulassen, da sie die Vorprüfung (1. Rigorosum in Chemie, Physik und Histologie) am 11. März 1940 bereits mit Auszeichnung bestanden hatte. Dabei wurde jedoch ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass sie als "Mischling 1. Grades" keine Chance habe, die Bestallung (Berufszulassung) als Arzt im Deutschen Reich zu erhalten.
Ihr um 4 Jahre älterer Bruder, Dr. med. Viktor Grünberger (1915-2003) konnte noch am 12. Dezember 1938 promovieren, war aber bereits seit 1. Dezember 1938 zur Deutschen Wehrmacht eingezogen und war Schützenarzt bei der 2. Panzerdivision und später Truppenarzt beim Landesschützenbataillon II./XIII. bevor er im Dezember 1940 als "Mischling" aus der Wehrmacht ausgeschlossen wurde. Er durfte als Arzt nicht in freier Ordination praktizieren sondern wurde als Hilfs- und Gastarzt bis Kriegsende dienstverpflichtet.
Obwohl Margareta Grünberger nach erfolgreicher Ablegung aller drei strengen Prüfungen ("Rigorosen") im April 1943 alle studienrechtlichen Anforderungen zur Promotion erfüllt hatte, konnte sie im Nationalsozialismus als "Nichtarierin" nicht promovieren, und musste die Universität Wien ohne Abschluss verlassen.
Erst nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde sie in der ersten Nachkriegspromotion am 8. Juni 1945 - rückwirkend per 9. April 1943 - nach der alten und nun wieder eingeführten österreichischen Studienordnung zum "Dr.med. univ." der Universität Wien promoviert.
Am 20. Juni 1949 konnte sie auch ihre Facharztprüfung in Gynäkologie und Geburtshilfe ablegen und eine eigene Praxis in Wien 8., Zeltgasse 6/10 eröffnen. Am 9. Dezember 1987 wurde sie zum "Medizinalrat" ernannt. Sie hatte zwei Söhne, der ältere, Walter, wurde ebenfalls Arzt und Gynäkologe, ihr jüngerer Sohn Gerhard wurde Psychologe.
Lit.: POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 397; Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1937-1943; MED Promotionsprotokoll M 33.14, 1233; MED S 51/2, MED GZ 1115 ex 1939/40, Rektorat GZ 944 ex 1939/40/41 ONr. 3, 101, 102, 103; freundlicher Hinweis Dr.in Barbara Sauer, Wien 09/2017, REITER-ZATLOUKAL/SAUER 2022.
Herbert Posch