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Hans Fröhlich (Frohlich)

Geb. am: 07. Februar 1889
Fakultät: Juridische Fakultät
Kategorie: Doktorgradaberkennung

Hans FRÖHLICH (später: FROHLICH), geb. am 7. Februar 1889 in Wien, hatte am 19. Juni 1914 an der Juridischen Fakultät der Universität Wien den Grad eines Dr. iur. erworben.
Am 8. Mai 1941 wurde ihm der Grad aus rassistischen Gründen aberkannt, da er im Nationalsozialismus "als Jude als eines akademischen Grades einer deutschen Hochschule unwürdig" galt.
 

Hans Fröhlich wurde als Sohn von k.k. Baurat Ing. Siegfried Fritz Fröhlich (1848–1923) und seiner Frau Debora Flora, geb. Steiner (1862–1928), 1889 in Wien 4., Heugasse 18 geboren. Er absolviert in Wien das Gymnasium und begann nach der Ablegung der Reifeprüfung an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien Rechtswissenschaften zu studieren. Er schloss der Juridische Studium wenige Tage vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges mit der Promotion zum "Dr. iur." am 19. Juni 1914 ab.

Er heiratete während des Ersten Weltkrieges am 5. Jänner 1917 in Wien (Militärseelsorge) Alice Pick (1892–1969) und am 2. Oktober 1917 wurde ihr Sohn Paul Adolf (1917–1990) in Wien geboren. Sie lebten in Wien 19., Reithlegasse 9 und Dr. iur. Hans Fröhlich trat am 27. November 1918 aus der Israelitischen Kultusgemeinde aus, bevor am 20. August 1919 Sohn Walter Friedrich (1919–2010) geboren wurde.
Nach einer Rechtspraxis in Wien wurde er 1919 leitender Direktor der Stramberg Witkowitzer Zementwerke AG in Witkowitz [Vítkovice-Ostrava/Tschechische Republik]. Er wurde auch Verwaltungsrat der Syenit AG, war im Vorstand des Spolek cemen­taren in Prag, war Funktionär beim Ústí svaz und Mitglied zahlreicher industrieller, sozialpolitischer und anderer Vereinigungen in Österreich und der Tschechoslowakei.

Er und seine Familie wurden nach der Machtergreifung des Nationalsozialismus als Juden verfolgt und mussten fliehen. Es gelang ihnen noch rechtzeitig im April 1939 nach London auszureisen. Von dort fuhren sie am 13. Juli 1939 mit der SS Rumuera nach Wellington, New Zealand und nach wenigen Tagen von Wellington weiter mit der SS Wanganella nach Australien, wo sie am 4. September 1939 in Sydney, NSW, ankamen - tags zuvor hatte Großbritannien auf den Überfall des Deutshen Reichs auf Polen mit der Kriegserklärung und dem Eintritt in den Zweiten Weltkrieg geantwortet. Es gelang ihm auch noch, seinen beiden Schwestern, Helene Harth, geb. Fröhlich (1887–1975) und Rosa Teltscher, geb. Fröhlich (1893–1975), rechtzeitig bei der Flucht nach Australien zu helfen.

Das Berliner Reichsinnenministerium verkündete nach Bekanntwerden der erfolgreichen Emigration der Familie am 15. Mai 1940 den Entzug der Deutschen Staatsbürgerschaft und des gesamten Vermögens im Dritten Reich für alle vier Familienmitglieder, verlautbart im Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger vom 21. Mai 1940. Parallel dazu informierte das Reichsinnenministerium das Reichserziehungsministerium über die Einleitung des Ausbürgerungsverfahrens – als seine letzte Adresse im Dritten Reich wurde angegeben "Witkowitz bei Mähr.-Ostrau, Hermann-Göhring-Str. 47", als vermuteter aktueller Aufenthalt "London NW 3 7 Ete Avenue (sic!)", die bereits erfolgte Emigration von England nach Australien war dort offensichtlich noch nicht bekannt – und forderte auf, alles erforderliche in die Wege zu leiten, um Dr. Hans Fröhlich als Rechtsfolge auch den akademischen Grad zu entziehen. Am 17. Mai 1940 forderte daraufhin das Berliner Reichserziehungsministerium das Rektorat der Universität Wien auf, Hans Fröhlich den 1914 erworbenen juridischen Doktorgrad abzuerkennen. Rektor Knoll leitet dies an den zuständigen Juridischen Dekan bzw. seinen Stellvertreter Prof. Swoboda weiter und am 20. Juni 1940 wird ein Entziehungsbeschluss gem. § 4 des Gesetzes vom 7. Juni 1939, RGBl. I S. 385, von Rektor und allen Dekanen gefasst und am 8. Juli 1940 und am Schwarzen Brett veröffentlicht sowie allen Fakultäten, allen Hochschulen im Dritten Reich, dem Wiener Polizeipräsidium und dem Berliner Reicherziehungsministerium zur Kenntnis gebracht sowie dem Deutschen Reichsanzeiger zur Verlautbarung mitgeteilt, die am 13. Juli 1940 erfolgte womit die Aberkennung rechtskräftig wurde.

Erst 14 Jahre nach der Aberkennung und lange nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde ihm der Doktorgrad am 15. Mai 1955 wieder zuerkannt, bzw. die Aberkennung für "von Anfang an nichtig" erklärt, wobei Hans Fröhlich davon aber nicht in Kenntnis gesetzt.

Der lebte seit seiner Ankunft in verschiedenen Stadtteilen von Sidney, so werden Hans und Alice Frohlich auf der Wählerliste von 1949 als Fabriksdirektor bzw. als im Haushalt tätig in 18 Carabella Street, Kirribilli, Sydney, NSW aufgeführt, in der Wählerliste von 1958 in Fullers road, Orana, Sydney, NSW, er als Obstgärtner (er hatte kurz nach der Immigration einen Orangenhain - Orana - in  Glenhaven am Stadtrand von Sydney erworben), sie als im Haushalt tätig.

Dr. Hans Frohlich, geb. Fröhlich, starb 76jährig am 30. Dezember 1965 in Sydney, NSW/Australien und ist dort gemeinsam mit seiner Frau und seinen Kindern beigesetzt am Macquarie Parc Cemetery, Sydney, Vaughan Catholic Lawn.

Am 4. Juli 2023 wurden am Pichlmayrgut (Pichl 54, 8973 Schladming/OÖ), das Hans Fröhlich 1932 erworben hatte und das in der Zeit des Nationalsozialismus 1939 enteignet worden war, vier "Stolpersteine" zum Gedenken an ihn, seine Frau und seine beiden Söhne gesetzt.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Promotionsprotokoll IUR 1911–1915 Nr. 1111, GZ 1128 ex 1939/40, Rektorat GZ 1018 ex 1939/40/41, GZ 561 ex 1944/45 ONr. 15; Deutscher Reichsanzeiger Nr. 176 vom 21. Mai 1940, Deutscher Reichsanzeiger vom 13. Juli 1940; Köpfe der Politik, Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft in Europa - Tschechoslowakische Republik (Wien, Neue Freie Presse, 1936), 70; POSCH 2009, 274, 413–414; GAUGUSCH 2011, 808–809; www.genteam.at; www.ancestry.de; www.myheritage.com; https://peterkrackowizer.zenfolio.com/p733347071; freundliche Hinweise seines Enkels, Dr. Robert Frohlich, Australien 09/2023.


Herbert Posch


Hans Fröhlich, um 1936, aus: Köpfe der Politik, Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft in Europa – Tschechoslowakische Republik, Wien 1936, 70

Hans und Ehefrau Luz (Alice) im Orangenhain "Orana" in Glen Haven, Australien, frühe 1960er Jahre, © Dr. Robert Frohlich

Aufforderung zu Doktorgradaberkennung von Hans Fröhlich, Reichserziehungsministerium Berlin an Rektorat Universität Wien vom 17. April 1940, © Archiv der Universität Wien

Aufforderung zu Doktorgradaberkennung von Hans Fröhlich nach verlautbarter Ausbürgerung, Reichserziehungsministerium Berlin an Rektorat Universität Wien vom 25. Mai 1940, © Archiv der Universität Wien

Rektor Knoll übermittelt am 21. Mai 1940 das Aberkennungsansuchen an den zuständigen stellvertretenden Juridischen Dekan Prof. Swoboda, © Archiv der Universität Wien

Beschluss der Doktorgradaberkennung von Hans Fröhlich, Universität Wien, 20. Juni 1940, © Archiv der Universität Wien

Entziehungsbeschluss, u.a. von Hans Fröhlich, Universität Wien, 8. Juli 1940, © Archiv der Universität Wien

Verlautbarung der Doktorgradaberkennung u.a. von Hans Fröhlich im Deutschen Reichsanzeiger vom 13. Juli 1940, © Archiv der Universität Wien

Hans Fröhlich, Promotionseintrag mit Aberkennung und Wiederverleihung, Promotionsprotokoll Juridische Fakultät 1911-1915, Foto: Herbert Posch, © Archiv Universität Wien
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