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Viktor Egon Fleischmann

Geb. am: 22. August 1887
Fakultät: Juridische Fakultät
Kategorie: Doktorgradaberkennung
Viktor Egon FLEISCHMANN, geb. am 22. August 1887 in Tulln, Niederösterreich als Sohn von Leopold Fleischmann (1859-1923, Kaufmann, Seifenfabrikant) und Anna Nina Fleischmann, geb. Freund (geb. 1861), gest. am 27. Dezember 1940 im Konzentrationslager Dachau, Deutschland, hatte am 7. Juni 1915 an der Juridischen Fakultät der Universität Wien den Grad eines Dr. iur. erworben.

Der unternehmerisch in den Bereichen Chemische Werke, Seifenproduktion und Bürstengroßhandel aktive Fleischmann lebte in Wien 8, Breitenfeldergasse 17/20 und hatte im Juli 1924 Marie Kalich geheiratet. Er musste im Jänner 1931 Konkurs anmelden und die Ehe wurde Ende Oktober 1932 gerichtlich geschieden. 1938 gab er an, Margarine-Großhändler zu sein. Viktor Egon Fleischmann war nach dem "Anschluss" am 12. April 1938 aus der Israelitischen Kultusgemeinde Wien ausgetreten und zur römisch-katholischen Glauben konvertiert. Im August 1939 informierte das Landgericht für Strafsachen die Universität Wien, dass gegen Viktor Ludwig Fleischmann als Juden Voruntersuchung wegen "Rassenschändung" aufgenommen werden und ob seine Angaben stimmt, an der Universität Wien Medizin (Chirurgie), Philosophie und Rechtswissenschaft studiert zu haben (im Falle einer Verurteilung wäre eine der Rechtsfolgen die Aberkennung des akademischen Grades). Die Universität Wien bestätigte umgehend dass er nur zum Dr. iur. promoviert wurde, über den weiteren Verhandlungsverlauf und die Verurteilung wird sie aber nicht mehr informiert. Viktor Egon Fleischmann wurde am 23. Jänner 1940 nach dem "Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der Deutschen Ehre" zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Nach dem Ende der Haft wurde er aber nicht freigelassen sondern am 31. August 1940 in "Schutzhaft" genommen und in das Konzentrationslager Dachau, Bayern, deportiert, wo er die Haftbedingungen kaum vier Monate überlebte und am 27. Dezember 1940 starb. Ende Dezember 1941 fragte die Universität Wien beim Gericht nach, ob es seinerzeit zu einer Verurteilung gekommen sei. Nach Bekanntgabe der Verurteilung und in Unkenntnis seines Ablebens wurde ihm von der Universität Wien am 27. Januar 1942 als Rechtsfolge der Verurteilung nach den NS-Blutschutzgesetzen auch der Doktorgrad aberkannt. Erst bei der Ausforschung seiner aktuellen Adresse, an die ihm die Aberkennung zugestellt werden könne, erfuhr die Universität Wien vom Polizeipräsidium Wien, dass er bereits vor über einem Jahr in Dachau verstorben war. Vermutlich deshalb wurde die bereits am schwarzen Brett kundgemachte Aberkennung dann nicht mehr eigens im Promotionsprotokoll vermerkt. Obwohl es sich bei der Verurteilung klar um NS-Unrecht gehandelt hat, kam es auch nach 1945 zu keiner Wiederverleihung oder Nichtgerklärung der Aberkennung.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Promotionsprotokoll IUR 1911-1915 Nr. 1411, Rektorat GZ 1252 ex 1938/39; Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Geburts- und Heiratsmatriken; POSCH 2009, 222, 275, 410f.; Amtsblatt der Wiener Zeitung vom 31. Jänner 1931.


Herbert Posch

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