Geb. am: | 14. August 1908 |
Fakultät: | Juridische Fakultät |
Kategorie: | Vertriebene Studierende |
Artur Leo FEUER, geb. am 14. August 1908 in Kolonie Knihinin, Galizien/Österreich-Ungarn [ab 1918 Ukraine, ab 1921 Polen, wurde 1925 Stadtteil von Stanislau [Stanisławów], ab 1939 Russland, ab 1945 Ukraine, ab 1962: Iwano-Frankiwsk|Івано-Франківськ/Ukraine], (heimatzuständig nach Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Sohn von Moses Srul/Moritz Feuer (1877-1940, Kaufmann) und Rifke/Regine Feuer, geb. Eigenfeld (1884-?), und wohnte seit 1914 in Wien 2, Ausstellungsstraße 37/14 und hatte 1929 am Bundesgymnasium Wien 2 die Reifeprüfung (Matura) abgelegt und begann mit Unterbrechungen an der Universität Wien Rechtswissenschaften zu studieren. Er hatte im Wintersemester 1935/36 sein 8. und letztes Semester absolviert und war 1938 nicht mehr an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät inskribiert, sondern befand sich im Stadium der Abschlussprüfungen.
Nach dem "Anschluss" 1938 war er aus rassistischen Gründen gezwungen sein Studium abzubrechen und die Universität Wien zu verlassen, konnte aber nach längerer Unsicherheit, doch noch am 21. Juli 1938 unter zahlreichen symbolischen Diskriminierungen im Rahmen einer "Nichtarierpromotion" promovieren, bei gleichzeitig ausgesprochenem Berufsverbot im gesamten Deutschen Reich.
Er musste aus Wien fliehen, wie auch sein Bruder Julius Feuer (geb. 29. Juni 1910 in Kolonie Knihinin), der nach 8 Jahren als Privatbeamter bei der Shell Floridsdorfer Mineralölfabrik abgebaut worden war und seine in Wien geborene Schwester Elfriede Feuer (1916-2012), die als Textiltechnikerin gearbeitet hatte und ebenfalls von der Universität Wien vertrieben wurde und ihr Jusstudium beenden musste.
Er stellte am 14. Mai 1938 an die Auswanderungsstelle der Israelitischen Kultusgemeinde einen Auswanderungs-Unterstützungsantrag und gab dabei an, dass er als leitender Beamter und Organisator bei der früheren Lobeg und Köb, dem Auto-Güter-Transportunternehmen der österreichischen Bundesbahnen gearbeitet habe bis 1.1. 1934 und seither als selbstständiger Unternehmer einen kleinen Schmiermittel- und Mineralölhandel betrieben habe, den er nun liquidieren musste. Seit dem Anschluss habe er auch einige berufliche Weiterbildungen unternommen, um seine Auswanderungschancen zu verbessern, u.a. in Herrenwäsche und Arbeitskleiderzuschneiderei (in einem befreundeten Betrieb), in Zuckerbäckerei (ein mehrwöchiger Kurs), in Anstreicherei (durch praktische Übung unter professionelle Anleitung) und im Autofahren. Er wollte nach USA, Australien, Neuseeland oder Kolumbien emigrieren, verfügte aber über keinerlei Mittel dafür. Im September 1938 wird die Emigrationsmöglichkeit nach Kolumbien konkret, Schiffspassage, Landungsgeld und Visum sind in Aussicht, und er konnte am 6. Oktober mit dem Dampfer Viktoria, Cone Rossa vom Hafen in Triest/Italien mit seinem Bruder nach Shanghai/China ausreisen. Seine Schwester konnte über Verwandte im August 1938 nach Italien ausreisen und 1939 weiter in die USA, seine Eltern konnten im Frühjahr 1939 nach Palästina [Israel] auswandern, wo sein Vater aber bald starb.
Artur Leo Feuer konnte später über die Philippinen in die USA emigrieren. Am 16. Oktober 1940 wurde er in San Francisco für die U.S.-Army gemustert - damals lebte er in San Francisco und arbeitete bei San Francisco News und gab als Kontaktadresse seine Schwester, Elly Sobiloff, in Fall River, Mass. an.
Er bewahrte sein Doktordiplom gut auf, konnte aber unter den Bedingungen der Emigration in den USA nicht mehr als Jurist arbeiten, sondern verlagerte seine Arbeitsschwerpunkte auf den Import-Export-Bereich. Seine Tochter erinnert sich:
"While he did not practice law in his new life, he always said law was the best background for any number of careers. It was an essential part of who he was. My aunt and cousin became lawyers; I almost followed that path, as well. He became a successful businessman. Toward the end of his life he was selected to go on the second U.S trade delegation to Shanghai when China was opening up to the United States --- so a full circle back to Shanghai."
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale JUR 1929-1938, Promotionsprotokoll JUR 1924-1939, Nr. 6513; Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien/Auswanderungskartei; POSCH 2009, 373; https://www.myheritage.at; https://www.familysearch.org; freundliche Hinweise seiner Tochter Michele Foyer, San Francisco/USA, 10/2024.
Herbert Posch