Geb. am: | 17. März 1915 |
Fakultät: | Philosophische Fakultät |
Kategorie: | Doktorgradaberkennung |
Kurt ENGELBERG (später: Harold Kurt Forster), geb. am 17. März 1915 in Wien, gestorben 11. März 1999 in Los Angeles, hatte am 8. März 1938 an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien den Grad eines Dr. phil. in Physik erworben.
Kurt Engelberg, Sohn von Saul Engelberg und Mila (geb. Schorr, 1887-1926), hatte am 3. Juli 1933 am Bundesrealgymnasium in Wien 14 maturiert und hatte von WS 1933/34 bis SS 1937 an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien Physik studiert. Er hatte sich am 9. Juli 1937 zu den Abschlussprüfungen ('Rigorosen') in Physik angemeldet, seine Dissertation ("Über den Zusammenhang einer Volumgleichrichtung in einem Halbleitkristall, mit selbständigen elektromotorischen Kräften, die nicht durch ein Absorptionsgefälle des Lichtes allein hervorgerufen sind") war am 8. November 1937 approbiert worden, am 21. Jänner 1938 bestand er das zweistündige bei seinem Betreuer Prof. Felix Ehrenhaft und bei Zweitprüfer Prof. Hans Thirring und am 18. Februar 1938 bestand er auch das 'einstündige Rigorosum' bzw. 'Philosophicum' beim Psychologen Prof. Karl Bühler und beim Philosophen Prof. Robert Reininger. Er konnte am 8. März 1938 promovieren – als letzter jüdischer Physikstudent, der nächste Promotionstermin am 12. April wurde bereits unter den Bedingungen des NS-Regimes abgehalten.
Er musste 1938 nach dem "Anschluss" aus rassistischen Gründen aus Österreich fliehen. Kurt Engelberg konnte noch 1938 nach Frankreich emigrieren und 1940 weiter in die USA. Er hatte zu seiner ehemaligen Studienkollegin aus Wien, der Physikstudentin Herta Förster (Harriet H. Forster) stets Briefkontakt gehalten, die in Wien ihr Studium im 5. Semester ohne Studienabschluss abbrechen musste und 1939 nach Schottland und 1940 weiter nach New York in die USA emigrieren konnte. 1941 heirateten sie in den USA.
Am 14. Juli 1942 wurde ihm infolge der erfolgreichen Auswanderung die deutsche Staatszugehörigkeit aberkannt und als Folge davon auch der Doktorgrad von der Universität Wien aus rassistischen Gründen aberkannt, da er im Nationalsozialismus "als Jude als eines akademischen Grades einer deutschen Hochschule unwürdig" galt. Erst 13 Jahre nach der Aberkennung und lange nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde ihm der Doktorgrad am 15. Mai 1955 wieder zuerkannt, bzw. die Aberkennung für 'von Anfang an nichtig' erklärt.
In den USA wurde Kurt Engelberg 1942 regulär zur U.S. Army eingezogen (Dienst-Nr. 32195760) und war in mehreren Bundesstaaten stationiert: Ausbildung in Camp Upton, NY, dann Jefferson Barracks, MO. Schließlich war er als Meteorologe in Williams Field bei Chandler, AZ, stationiert, dann in Chaunte Field bei Rantoul, IL, und zuletzt auf mehreren Stützpunkten in Kalifornien. 1943 waren Harriet H. Forster und Kurt Engelberg – seit seiner Heirat 1941: Kurt Forster bzw. Kurt Engelberg Forster - daher nach Kalifornien gezogen, wo er im U.S. Army Air Corps noch bis 1946 als Meteorologe diente und seine Frau an der University of California, Berkeley, ihr Physikstudium – wieder – aufnahm und 1948 promovierte. Sie begann im Herbst desselben Jahres an der privaten University of Southern California in Dornsife als Atomphysikerin zu arbeiten. Er hatte nach dem Weltkrieg als Wissenschafter am Jet Propulsion Laboratory at Cal Tech zu arbeiten begonnen und zu den großen Fortschritten beigetragen, die dort zum Verständnis von Überschallflügen gemachte wurden. Er startete seine universitäre wissenschaftliche Laufbahn dann 1947 an der University of California Los Angeles (UCLA) als Dozent (lecturer) am Department of Physics und wechselte 1948 als associate professor an das damals neu geschaffene College of Engineering (Leitung: L.M.K. Boelter), an die Division of Applied Mechanics (heute: Department of Mechanical and Aerospace Engineering).
Kurt Engelberg Forster (1952 trennte sich das Ehepaar Engelberg Forster) spezialisierte sich im Bereich der Nukleartechnikforschung und seine Arbeiten wurden sowohl in der Technik als auch in der Physik aufmerksam verfolgt und publiziert. Teile seiner Arbeit unterlagen allerdings der Geheimhaltung. 1957/58 erhielt er auch ein Guggenheim Fellowship mit dem er als Visiting Professor 1958 an die University of Tokyo gehen konnte. Am Ende seiner Zeit in Tokyo heiratete er dort seine zweite Frau, Frauke (Karen) Domnick Forster (es war für beide ihre zweite Ehe) und ging mit ihr auf eine Weltreise. Sie hatten zwei Töchter, Susanne Del Rio (geb. Nov. 1960, Berkeley) und Nina Engelberg Forster (geb. Sept. 1963, Madrid, Spanien).
Seine Tochter, Nina Engelberg Forster, erinnert sich 2023:
"He led a rich and full life. My father used to say that if you want to enjoy life, you have to make an effort. He enjoyed season tickets for the LA Philharmonic. He travelled all over the world after his Guggenheim fellowship in Tokyo. He continued to travel to Europe every year, but never to Austria or Germany. (...)
He showed a great generosity to those in need. (...)
He was an avid and talented photographer. He was also an excellent pianist and, after putting my sister and I to bed, would play Brahms. (...)
My father also tried for years to convince the UCLA professors to unionize, but to no avail. They felt they were above that. Perhaps my father had a different perspective because when he told his father he wanted to study physics at the University of Vienna, my grandfather told him that he could, but only after learning a trade. He became a locksmith. That saved his life. He was caught in France two years into the war and sent to a camp there. He wrote many letters to “Forster” locksmiths in New York asking for sponsorship, and one did."
In den 1960er Jahre arbeitete er auch als Berater (consultant) für die Lockheed Corporation und TRW Systems im Bereich der Astrodynamik. Er publizierte zahlreiche Artikel im Bereich Satellitendynamik und das Mondlaufbahnproblem. In dieser Zeit war er auch Vorsitzender des Education committee of the American Astronautical Society und Berater des U.S. Air Force Office of Scientific Research (1964-66).
Er heiratete in dritter Ehe Vera Elizabeth Masters.
1985 emeritierte er an der UCLA.
Er starb fast 84jährig am 11. März 1999 in Los Angeles, CA/USA.
Lit.: Archiv der Universität Wien, Nationale PHIL 1933-1938, Rigorosenprotokoll PHIL Nr. 13705, Promotionsprotokoll PHIL 1931-1941, Nr. 2539; POSCH 2009, 407; VHA-Interview Nr. 12082 mit Kurt Forster Engelberg, 16. Februar 1996 in Los Angeles, CA/USA Ort (Interviewer: Mary Rothschild), USC Shoah Foundation Institute for Visual History and Education [http://vha.usc.edu/viewingPage.aspx?testimonyID=12082]; freundlicher Hinweis seines Neffen Dr. Frank A. Forster, 08/2018 und seiner Tochter Nina Engelberg Forster, 04/2019 & 11/2023 und von Rita Gerstein, USA, 04/2021; Nachruf an der UCLA; Nachrufe UCLA 1999; http://www.genteam.at; https://www.myheritage.at.
Herbert Posch