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Michael Eisler-Terramare

Geb. am: 20. Jänner 1877
Fakultät: Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien
Kategorie: Vertriebene WissenschafterInnen
Michael EISLER-TERRAMARE, geb. am 20. Jänner 1877 in Wien, gest. am 10. Februar 1970 in Wien, war 1938 ao. Prof. für Pathologie (Allgemeine und experimentelle Pathologie) an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien. Er wurde im Nationalsozialismus aus rassistischen Gründen verfolgt und am 22. April 1938 seines Amtes enthoben und von der Universität Wien vertrieben. Eisler-Terramare besuchte das Schottengymnasium in Wien, legte 1895 die Reifeprüfung ab und inskribierte anschließend Medizin an der Universität Wien.[1] Im Laufe seines Studiums leistete er von April bis 1898 Militärdienst (ebenso wie von Oktober 1901 bis April 1902)[2] und begann nach seiner Promotion im Juli 1901 im September als wissenschaftlicher Mitarbeiter im medizinisch-chemischen wie später im pathologisch-anatomischen Institut der Universität Wien. Ab 1903 war er als Assistent am Staatlichen Serotherapeutischen Institut[3] in Wien unter Richard Paltauf tätig[4] und erhielt 1910 die venia legendi für allgemeine und experimentelle Pathologie.[5] 1917 erhielt er den Titel eines ao. Prof.,[6] 1922 folgte die Ernennung zum Extraordinarius. Zwei Jahre später, 1924, wurde er schließlich zum Abteilungsvorstand und wissenschaftlichen Leiter des Staatlichen Serotherapeutischen Instituts ernannt.[7] Am 22. April 1938 wurde Eisler "mit sofortiger Wirksamkeit bis auf weiters beurlaubt"[8] und verlor – seinem Lebenslauf zufolge – nach dem ersten Halbjahr 1938 auch seine Stelle als technischer und wissenschaftlicher Direktor am Serotherapeutischen Institut.[9] Per Ende des Monats April 1939 erfolgte dann die Versetzung in den Ruhestand, und zwar auf Basis des Paragraphen 3 (Abs. 1) der Berufsbeamtenverordnung.[10] Demnach galt Eisler gemäß der NS-Rassendoktrin als "Jude" und seine Frau als "Arierin". Dementsprechend unterlag er einem Publikationsverbot bzw. einem Verbot der wissenschaftlichen Betätigung in der NS-Zeit. Nach dem Tod seiner "arischen" Ehefrau Margarethe (geb. Stenzel) nur 47järig am 31. Mai 1944 fiel der Schutzgrund weg und er wurde im August 1944 in das Konzentrationslager Theresienstadt [Terezín/Tschechische Republik] deportiert, wobei ihn die Nationalsozialisten auch seines gesamten Vermögens beraubten und seine Wohnung plünderten.[11] Seine Haftzeit ist in einem Schreiben des Ministeriums mit 1. August 1944 bis 1. Juli 1945 angegeben.[12] Eisler überlebte und seine Wiedereinsetzung erfolgte Anfang 1946. Unmittelbar nach der Eingabe des Dekanats[13] erfolgte per 15. Februar seine Wiederaufnahme in den Dienststand.[14] Nach der Versetzung in den dauernden Ruhestand am Ende des Studienjahres 1947/48[15] – Eisler hatte zu diesem Zeitpunkt bereits das 70. Lebensjahr vollendet – war er im Studienjahr 1948/49 noch als Honorarprofessor an der Universität tätig.[16] Bereits zuvor war er noch zum Ersatzprüfer für Hygiene bestellt worden.[17] Trotz seiner Emeritierung wirkte er auch weiter als Leiter des Serotherapeutischen Instituts.[18] Eisler galt als international anerkannter Experte in den Bereichen Serologie und Serotherapeutik, wovon über 100 Veröffentlichungen aus diesen Gebieten zeugen. Als langjähriger Leiter erwarb er sich auch wesentliche Verdienste um die moderne Organisation des Serotherapeutischen Instituts.[19]

Er war Mitglied der (k. k.) Gesellschaft der Ärzte in Wien,[20] Ehrenmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Mikrobiologie und Hygiene wie auch Inhaber des österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst I. Klasse,[21] des Ehrenzeichens I. Klasse des Roten Kreuzes und des Kriegskreuzes II. Klasse für Zivilverdienste.[22]
Lit.:
Österreichisches Staatsarchiv/AdR, BKA, BBV, VA, PA Eisler-Terramare; Österreichisches Staatsarchiv/AVA, PA Eisler-Terramare; Archiv der Universität Wien/MED PA 100, RA GZ 677 ex 1937/38; MÜHLBERGER 1993, 20; CZEIKE Bd. 2 1993; MERINSKY 1980, 42-43; UB MedUni Wien/van Swieten Blog; TEICHL 1951.


[1] ÖStA/AdR, PA, Curriculum vitae, März 1946 (bei Personalstandesblatt).

[2] Ebd., Personalstandesblatt, 16. 3. 1946.

[3] Ebd., Curriculum vitae, März 1946.

[5] ÖStA/AdR, PA, Curriculum vitae, März 1946.

[6] UA, PA, Blatt Nr. 38, Ministerium für Kultus und Unterricht an das MED Dekanat, 9. 1. 1917.

[7] ÖStA/AdR, Curriculum vitae, März 1946.

[8] UA, RA GZ 677-1937/38, O.-Nr. 62, Österreichisches Unterrichtsministerium an Rektorat der Universität Wien, 22. 4. 1938.

[9] ÖStA/AdR, Curriculum vitae, März 1946.

[10] ÖStA/AdR, BKA, BBV, Der Reichsstatthalter an Eisler-Terramare, 27. 3. 1939.

[11] Ebd., PA, Personalstandesblatt, 18. 3. 1946.

[12] Ebd., BMU an Eisler-Terramare, 26. 2. 1948.

[13] UA, PA, Blatt Nr. 50, MED Dekanat an das Staatsamt für Unterricht, 27. 11. 1945.

[14] ÖStA/AdR, Curriculum vitae, März 1946.

[15] UA, PA, Blatt Nr. 59, BMU an Eisler-Terramare, 11. 9. 1948.

[16] Ebd., Blatt Nr. 65, BMU an Eisler-Terramare, 29. 10. 1948.

[17] Ebd., Blatt Nr. 64, Leopold Arzt/Universitätsinstitut für Haut- und Geschlechtskrankheiten an das MED Dekanat, 8. 10. 1948.

[19] Ebd.

[20] UA, PA, Blatt Nr. 3, Fragebogen, o. D.

[21] Ebd., Blatt Nr. 84, Todesanzeige.

[22] ÖStA/AdR, PA, Personalstandesblatt, 18. 3. 1946.


Andreas Huber

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