Hans (John) Duschinsky (Denham)
Geb. am: |
10. Jänner 1916 |
Fakultät: |
Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien |
Kategorie: |
Vertriebene Studierende |
Hans DUSCHINSKY (später: John Denham), geb. am 10. Januar 1916 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Sohn von Rudolf Duschinsky (Zahntechniker, 1883-1942) und Helene (1889-1942), wohnte in Wien 14, Mariahilfer Straße 223, war zuletzt im Sommersemester 1938 an der Medizinischen Fakultät im 8. Studiensemester inskribiert (Sommersemester 1938 wurde ihm am 5. Oktober 1938 als gültig angerechnet).
Er wurde im Sommersemester 1938 im Rahmen des Numerus clausus für jüdische Studierende vorerst als einer von wenigen noch zum Weiterstudium bis zum Semesterende zugelassen, durfte aber trotzdem nicht mehr fertigstudieren und wurde aus rassistischen Gründen gezwungen das Studium abzubrechen und die Universität zu verlassen.
Sein Zwillingsbruder
Kurt Duschinsky, der auch an der Medizinischen Fakultät studierte, wurde ebenfalls von der Universität Wien vertrieben.
Ihre Eltern, Zahntechniker Rudolf Duschinsky, geb 25. April 1883 und Helena Duschinsky, geb. 2. April 1889 wurden am 15. Oktober 1941 von Wien nach Litzmannstadt [Łódz] in Polen deportiert, wo Helena am 16. April 1942 starb. Ihr Mann wurde weiter in das Vernichtungslagen Kulmho (Che
łmno) deportiert und starb dort am 10. Mai 1942.
Hans Duschinsky war gezwungen aus Österreich zu fliehen und nachdem erste Versuche Ende Dezember 1938 in die USA zu emigrieren scheiterten, konnten er und sein Bruder im Juni 1939 Reisepässe erhalten und nach England emigrieren. Sie kamen am 11. August 1939 in Dover an. Kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden bei als "enemy alien" in ein Lager nahe Brecon in Walkes interniert. Eine Einheimisch, Dorothy Keane, brachte Ihnen in dieser Zeit die Englische Sprache bei und sie freundeten sich an - später wurde sie die Ehefrau von Hans Duschinsky, der bald darauf in die Britische Armee eintrat und am 6. Februar 1940 mit der British Expeditionary Force in den Kämpfen gegen die Deutsche Wehrmacht in Belgien und Frankreich eingesetzt wurde und entkam in Dünkirchen nur knapp dem Tod. Bald darauf heirateten er und Dorothy am 29, Juni 1940. Er diente weiter in der Britischen Armee im Medical Corps (RAMC) erst in West Afrika und später im Japanischen Krieg in Burma, meist in Pathologielabors.
Er rüstete nach dem Zweiten Weltkrieg am 28. Jänner 1946 als Sergeant ab und konnte ab 1949 sein Medizinstudium an der
Welsh National School of Medicine in Cardiff fortsetzen. Nachdem er 1950 auch Britischer Staatsbürger geworden war und seinen Namen in John DENHAM geändert hatte, promovierte er 1951 zum "DPM (Lond.)" und 1953 zum Allgemeinmediziner "MD (Lond.)". Er spezialisierte sich rasch auf Psychiatrie und arbeitete am
Middlewood Hospital, Sheffield, am
King's College Hospital, am
Maudsley Hospital und an
Whitchurch Hospital in Cardiff, bevor er 1958 zum
Consultant Psychiatrist am
Long Grove Hospital, Epsom, ernannt wurde.
In dieser Funktion war er auch für die Kliniken am
Hackney Hospital und am
St. Clement's Hospital, Bow, wo er 1963 auch Medizinischer Leiter wurde. Später wurden die Psychiatrischen Abteilungen des
St. Clement's mit jenen des
London Hospital (Whitechapel) vereinigt und er wurde
Consultant Psychiatrist von beiden.
1971 wurde er
Foundation Fellow des
Royal College of Psychiatrists.
Trotz seiner früheren Interessen für Psychoanalyse und Psychotherapie, fokussierte im späteren Verlauf seiner Karriere auf die Rehabilitation seiner psychiatrischen PatientInnen und er gründete am
Long Grove Hospital eine
Industrial Rehabilitation Unit, engagierte sich im Bereich der Krisenintervention und der Community work.
In seinen zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen beschäftigte er sich mit Psychopharmaka, Rehabilitation und Community Care. 1960 wurde er Gründungsmitglied der
Psychiatric Rehabilitation Association, in der er in den kommenden Jahrzehnten sehr engagiert war, speziell im East End von London.
John Denham, geb. Hans Duschinsky, starb 68jährig an den Folgen eines Unfalls am 17. Februar 1985.
Lit.: Archiv der Universität Wien/MED Nationale 1937-1938, Rektorat GZ 722-I ex 1937/38; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 376; freundlicher Hinweis seiner Großnichte Sophie Appleby-Taylor, 2018; Nachruf im Bulletin of the Royal College of Psychiatrists 1985, 127; Przełożony Starszeństwa Żydow w Getcie Łódzkim [Deutsch: Der Aelteste der Juden vom Litzmannstadt-Getto; Englisch: The Eldest of the Jews in the Łódź Ghetto, 1939–1944]. Series RG-15.083M, Reel 203. Record Group 15: Poland. USHMM|The United States Holocaust Memorial Museum, Washington D.C.; freundlicher Hinweis seines Sohnes Jim Denham, Australien, 06/2019, 06/2020.
Herbert Posch