Geb. am: | 16. August 1919 |
Fakultät: | Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien |
Kategorie: | Vertriebene Studierende |
Gottfried BURIAN, geb. am 16. August 1919 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Sohn von Prim. Dr. Leopold Burian (1885-1954, Arzt, Primar und Leiter der Internen Abteilung und ärztlicher Direktor des St. Josefs-Krankenhauses der Salvatorianerinnen von 1930-1951), wohnte in Wien 19, Hohe Warte 25, war im Sommersemester 1938 an der Medizinischen Fakultät im 2. Studiensemester inskribiert.
Er galt wegen seines Vaters bzw. seines Großvaters väterlicherseits als "Mischling 1. oder 2. Grades" und konnte sein Studium - bei jederzeitigem Widerruf - vorläufig bis zum Wintersemester 1939/40 fortsetzen und am 13. April 1940 das erste Medizinische Rigorosum ablegen.
Als "Mischlinge" ab dem 1. Trimester 1940 ein Gesuch an das Reichserziehungsministerium Berlin um Studienzulassung stellen mussten, unterbrach er vorerst das Studium und wurde ab April 1940 zum Wehrdienst eingezogen. Burian wurde aber wegen eines Herzleidens am 19. September 1940 aus der Deutschen Wehrmacht wieder entlassen. Er versuchte dann von Medizin auf ein Italienisch- und Englisch-Studium auszuweichen um Dolmetscher zu werden und beantragte Ende 1941 die Zulassung zum Studium an der Philosophischen Fakultät.
Vorschriftsgemäß legte der Dekan der zuständigen Philosophischen Fakultät, Prof. Viktor Christian, dem Antrag ein Gutachten bei, das "insbesondere auf den persönlichen Eindruck über die Persönlichkeit und das Aussehen des Gesuchstellers einzugehen [hatte]. Dabei ist zu erwähnen, ob und inwieweit Merkmale der jüdischen Rasse beim Gesuchsteller äußerlich erkennbar sind." [Erlass des Reichserziehungsministeriums, 5. Jänner 1940]. Er stellte darin am 19. Dezember 1941 fest: "persönlicher Eindruck ist ein günstiger, jüdische Merkmale treten körperlich kaum in Erscheinung, da Antragsteller nur dem Gesetz nach Mischling I. Grades, dem Blute nach jedoch Mischling II. Grades ist, wird sein Antrag befürwortet". Er wird für das Wintersemester 1941/42 bedingt zur Inskription zugelassen und belegt 16 Stunden Lehrveranstaltungen in Englisch, Italienisch und Dolmetschübungen. Sein Zulassungsantrag wird aber vom Reichserziehungsministerium Berlin am 9. Februar 1942 abgelehnt (WF 100/42), da er "nach den gesetzlichen Bestimmungen als Mischling ersten Grades gilt und er als Soldat nicht im Einsatz vor dem Feinde gestanden hat […]" und es könne dem nur zugestimmt werden, wenn nach § 7 der 1. DfVo zum Reichsbürgergesetz entschieden wäre, "daß er als Mischling zweiten Grades zu behandeln ist“. Damit war auch die bedingte Zulassung ungültig wird und er kann an der Philosophischen Fakultät nicht weiter studieren.
Dies dürfte offensichtlich erfolgt sein, denn im Herbst 1942 reichte Gottfried Burian erneut ein Ansuchen ein, nunmehr wieder zur Fortsetzung seines Medizin-Studiums und als "Mischling 2. Grades". Wieder legte der Dekan der zuständigen Fakultät, Prof. Eduard Pernkopf, dem Antrag ein mit 28. Oktober 1942 datiertes Gutachten bei und stellte fest: "Dem Aussehen nach hat Burian nichts Jüdisches an sich", erwähnte, dass er das Studium unterbrochen habe und das erste Rigorosum bereits 1940 abgelegt habe. Dekan und Rektor leiten den Antrag zum Weiterstudium wieder befürwortend an das Reichserziehungsministerium Berlin weiter.
Dieses schickt den Antrag am 10. Dezember 1942 zurück (WF 3676/42) "mit dem Ersuchen, in eigener Zuständigkeit zu entscheiden", da eine entsprechende Möglichkeit in der Zwischenzeit durch den dortigen Erlass vom 2. Dezember 1942 eröffnet worden war (Ausnahmebestimmungen für Wehrmachtssoldaten, Erweiterung von Erl. WJ 1170 (b)).
Über den Ausgang der Entscheidung ist nichts aktenkundig, aber die Zulassung zum Medizinstudium dürfe erteilt worden sein, denn Gottfried Burian kann am 18. November 1943 wieder inskribieren und studiert vom Wintersemester 1943/44 bis zum Sommersemester 1945 wieder Medizin und ist 1945 zuletzt im 9. und vorletzten Studiensemester, danach bricht sein Medizinstudium in Wien ohne weiteren Vermerk wieder ab und bis 1955 ist sein Name weder in den Rigorosen- oder in den Promotionsprotokollen der Medizinischen noch der Philosophischen Fakultät verzeichnet
Er lebte und arbeitete in Wien und starb im Oktober 1989 in Wien. Er ist am Wiener Zentralfriedhof bestattet.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1937-1942, Rektorat GZ 944 ex 1939/40/41, MED GZ 1115 ex 1939/40, PHIL GZ 58 ex 1941/42, Rektorat GZ 97/I+II ex 1942/43, GZ 97/I ex 1944/45; Österreichisches Staatsachiv OeStA/ AdR/ 02-Unterricht/ Kurator d. wiss. Hochsch. Wien (K.13)/ GZ 5201 ex 1940-1943; TRAGL 2007, 249, 724-726; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 371; Verstorbenensuche Friedhöfe Wien.
Herbert Posch