Geb. am: | 02. Jänner 1893 |
Fakultät: | Juridische Fakultät |
Kategorie: | Doktorgradaberkennung |
Ernst BOSCHAN, geb. am 2. Januar 1893 in Wien als Sohn von Armin Boschan (1862-1938, Weinhändler) und Alice Boschan, geb. Rosenbaum (1872-1894). Er hatte an der Universität Wien Rechtswissenschaften studiert und am 12. Mai 1919 an der Juridischen Fakultät den Grad eines Dr. iur. erworben.
Er hatte am 25. April 1922 im Wiener Stadttempel Marianne Kohn (1901-1960) geheiratet und 1923 wurde Tochter Alice geboren. Er lebte erst in Wien 2., Kleine Stadtgutgasse 9, dann in Wien 2, Obere Augartenstraße 42, wo er auch eine Fabriksgesellschaft hatte. Er war seit Dezember 1933 als Rechtsanwalt in Wien eingetragen und hatte eine Kanzlei in Wien 3, Untere Viaduktgasse 53.
Er wurde im Nationalsozialismus als Jude verfolgt, wurde während des Novemberpogroms 1938 am 10. November von der GeStaPo in Wien verhaftet und als "Schutzhäftling" in das Konzentrationslager Dachau (Bayern) deportiert. Im Dezember 1938 wurde er entlassen mit der Auflage, umgehend das Deutsche Reich zu verlassen. Er konnte noch rechtzeitig im Mai 1939 mit seiner Frau nach Italien fliehen und über Neapel/Italien in die USA emigrieren, wo sie mit der SS Conte di Savoia am 23. Dezember 1939 in New York City, NY, ankamen. Bald zogen sie weiter und lebten und arbeiteten in Washington D.C.
Seine Tochter Alice Boschan (Miller) konnte mit einem Kindertransport nach Norwich/Großbritannien ausreisen. Sein Vater starb unmittelbar nach der Reichspogromnacht am 12. November 1938 in Wien, seine Schwester Alice Lamplová (1894-1942), konnte nicht mehr rechtzeitig fliehen und wurde mit ihrem Mann am 15. Dezember 1941 aus dem deutsch besetzten Brünn [Tschechische Republik] nach Theresienstadt [Terezin] deportiert und von dort am 15. Jänner 1942 weiter nach Riga [Litauen] wo sie ermordet wurde.
Ernst Boschan wurde 1942 für die U.S.-Army gemustert und arbeitete damals in Washingon an seiner Wohnadresse in der Fabric Rewearing Co.
Das Deutsche Reich hatte am 30. August 1941 beschlossen, und am 4. September 1941 im Deutschen Reichsanzeiger verlautbart, dass ihm die Deutsche Staatsbürgerschaft entzogen wurde, sowie als eine Rechtsfolge alles Vermögen beschlagnahmt wurde. Als weitere Rechtsfolge wurde die Universität Wien vom Reichserziehungsministerium Berlin aufgefordert, ihm auch den Doktorgrad abzuerkennen.
Die Universität Wien beschloss am 23. Mai 1942 - kundgemacht und damit rechtskräftig im Deutschen Reichsanzeiger am 17. Juli 1942 -, ihm den Doktorgrad mit dem rassistischen Argument abzuerkennen, dass er im Nationalsozialismus "als Jude als eines akademischen Grades einer deutschen Hochschule unwürdig" galt.
Erst 13 Jahre nach der Aberkennung und lange nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde ihm der Doktorgrad am 15. Mai 1955 wieder zuerkannt, bzw. die Aberkennung für "von Anfang an nichtig" erklärt.
Er starb im Jänner 1971 in Washington, DC/USA.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Promotionsprotokoll IUR 1915–1919 Nr. 930, Rektorat GZ GZ 118 ex 1941/42 ONr. 64, GZ 561 ex 1944/45 ONr. 15; Österreichisches Staatsarchiv ÖStA/AdR/E-uReAng/VVSt/VA 10567, ÖStA/AdR/E-uReAng/Hilfsfonds/AHF 22503; Deutscher Reichsanzeiger Nr. 206 vom 4. September 1941; POSCH 2009, 396; POSCH/STADLER 2005; SAUER/REITER-ZATLOUKAL 2010, 98 (2022², 205); www.genteam.at; www.ancestry.de; www.myheritage.at; www.geni.com; www.findbuch.at.
Herbert Posch